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Mischsilage: Eine Alternative zum Mais

Lesezeit: 8 Minuten

Die Kombination aus Maisstroh und feuchten Reststoffen ist nicht nur optimal für die Silierung, sondern auch für den Gasertrag, zeigt Roderich Garmeister von der FH Südwestfalen.


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Mais ist bislang die ergiebigste Energiepflanze für Biogasanlagen. Doch die Pflanze verliert ihren Rückhalt in der Politik und der Bevölkerung. Auch ist sie ein vergleichsweise teures Substrat. Gerade Betreiber von Biogasanlagen, deren garantierte Einspeisevergütung nach Ende der ersten 20 Jahre ausläuft, müssen sich daher nach wirtschaftlichen Alternativen umschauen.


Der Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen in Soest forscht seit 2013 am Einsatz von Alternativen zum Silomais.


Alternativen gesucht: Dabei geht es vor allem um diese Ziele:


  • Die Alternativen müssen auch für Betreiber kleiner, dezentraler Anlagen praktikabel und wirtschaftlich sein.
  • Um die Alternativen nutzen zu können, sollen keine Investitionen und kein neues Know-how nötig sein.
  • Bei der Energieproduktion aus den Reststoffen sollen negative Effekte auf den Humushaushalt sowie weitere Bodenfunktionen ausgeschlossen werden.
  • Die Substratgemische sollen betriebswirtschaftlich mit dem Silomais als Biogassubstrat mithalten können.


Neben Gülle und Mist gibt es weitere Koppelprodukte:


  • Stroh von Getreide, Körnermais, Raps und Körnerleguminosen,
  • nicht als Futter verwendetes Gras,
  • sonstige Erntereste (z.B. Rübenblatt),
  • Zwischenfrüchte,
  • verdorbene oder krankheitsgeschädigte Pflanzen (z.B. Obst und Gemüse),
  • Reste aus Speisepilzproduktion (stark abgebautes Getreidestroh),
  • Algen, die bei der Gewässerpflege anfallen.


Nachteile der Substrate:

Doch Stroh enthält schwer verwertbare Lignocellulose und lässt sich wegen seiner geringen Dichte weniger effizient transportieren. Stroh muss zudem teilweise aufgearbeitet werden, zum Beispiel zu Strohpellets oder durch andere Verfahren wie den Aufschluss mithilfe von Dampf (Steam-Explosion). Das bedeutet Aufwand für neue Technik und Energie, bevor daraus überhaupt Energie gewonnen werden kann.


Dagegen haben die anderen Koppelprodukte einen geringen Trockensub-stanzgehalt, was den Transport ebenfalls erschwert. Außerdem lassen sie sich nicht lange lagern. Es drohen massive Energieeinbußen aufgrund von Sickersaftverlust sowie von Rotteprozessen wie bakterieller Fäulnis oder Schimmelbefall.


Die Lösung kann das gemeinsame Einsilieren von Stroh mit den anderen Rohstoffen sein. Dabei sind verschiedene Mischungsverhältnisse möglich, damit am Ende ein TS-Gehalt von 30 bis 40% entsteht.


Gras und Stroh können zudem in gleicher Weise mit energiereichen Substraten niedriger TS gemischt werden, zum Beispiel Zuckerrübenschnitzel oder Zwischenfrüchte.


Wie andere Untersuchungen zeigen, hat Stroh aus der Eigenerzeugung im Vergleich zu Silomais vergleichbare oder sogar leicht geringere Kosten bezogen auf die Stromerzeugung. Allerdings kann es dabei große Unterschiede geben, denn die Kosten frei Anlage hängen unter anderem von der Hof-Feldentfernung ab.


Gasertrag im Fokus:

Jeder Betrieb sollte genau kalkulieren, ob es wirtschaftlicher ist, anstelle von Mais andere Feldfrüchte anzubauen und zu verkaufen und die anfallenden Koppelprodukte in der Biogasanlage zu verwerten. Dass aus Stroh-Mischsilagen Biogas erzeugt werden kann, ist schon länger bekannt – vor allem in Österreich, wo es bereits über zehnjährige Erfahrungen damit gibt. Verschiedene Forschungsinstitute in Deutschland prüfen gerade, welchen Gasertrag einzelne Stroharten und daraus hergestellte Mischsilagen haben. Auch untersuchen sie verfahrenstechnische Besonderheiten und das Verhalten in der Biogasanlage. Jedes Glied der Prozesskette hat besondere Herausforderungen, angefangen von der Ernte über die Silierung und die Biogasanlage bis hin zur Ausbringung des Gärrestes.


Schmutz macht Probleme:

An der Fachhochschule Südwestfalen werden insbesondere die Silierung und die Vergärung untersucht. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf den Faserfraktionen in den Zellwänden, weil sich hier die Prozesse abspielen, die die Eignung von Stroh als Hauptsubstrat in Mischsilagen ausmachen. Auch die mögliche Düngewirkung der Gärreste wird hier mitbeeinflusst.


Den Großteil des Untersuchungsmaterials liefern Laborsilagen. Zum Vergleich mit der Praxis wurde in Zusammenarbeit mit einem Anlagenbetreiber eine Silage aus Maisstroh und Zuckerrübenschnitzeln untersucht. Damit lassen sich gleichzeitig auch bodennahe Ernteverfahren mit beleuchten. Weitere Ergebnisse aus aktuellen und abgeschlossenen Versuchen fließen ebenfalls in die laufenden Betrachtungen ein.


Schon bei der Ernte des Maisstrohs stellt sich die Frage, ob eine niedrige Arbeitstiefe des Feldhäckslers sinnvoll sein könnte. Damit lässt sich zwar die Erntemenge erhöhen. Aber dafür gelangt auch mehr Schmutz in die Anlage, was zu chemischen und mikrobiellen Störungen führen kann. Zudem erhöht Sand den Materialverschleiß.


In dem betrachteten Versuch hat der Landwirt das Maisstroh bodennah mit Schwadablage geerntet. Die Ernteverluste betrugen 40%. Die Rüben wurden mit der Rübenmaus gereinigt und verladen. Bei der Rohfaseranalyse der fertigen Silage zeigten sich Rohaschegehalte von teilweise über zehn Prozent, was zum Teil auf die Erde an den Zuckerrüben zurückzuführen ist.


Die Silierung stellt den Anlagenbetreiber je nach Mischung vor weitere technische Herausforderungen. Maisstroh zum Beispiel lässt sich abhängig vom Zerkleinerungsgrad aufgrund seines hohen TS-Gehaltes nur schwer verdichten. Gerade hier ist die Kosilierung mit feuchteren Koppelprodukten wie z.B. Grünschnitt, Zuckerrübenblatt oder Ernteresten von Zuckerrüben oder Obst vorteilhaft.


Silierhilfen sinnvoll:

Zusätzlich können hier Silierhilfen wie Milchsäurebakterien den Silierverlauf von Anfang an in die gewünschte Richtung, nämlich die Milchsäuregärung lenken. Es hat sich herausgestellt, dass Silierhilfen besonders bei schwer silierbaren Substraten sinnvoll sind, wohingegen zum Beispiel bei dem ohnehin gut silierbaren Silomais die entsprechenden Kosten eingespart werden können.


Besonders die sorgfältige, luftdichte Abdichtung und ein schneller Vorschub nach dem Anschnitt sind weitere Faktoren, die Abbauprozesse und damit Energieverluste verhindern oder begrenzen können.


In der Praxis zeigt sich dies in der ungleichmäßigen Verteilung wichtiger Silierparameter. Trockensubstanzgehalt und pH-Werte waren in den oberflächenfernen Regionen gut (TS-Gehalt von ungefähr 35%, pH unter 4). Dort, wo mangelnde Verdichtung zu Lufteintritt und damit partiell zu Schimmelbildung geführt hatten, waren die Werte suboptimal. Ein praxisüblicher Geruchstest lieferte hier bereits einen ersten Eindruck, der durch Laboruntersuchungen präzisiert wurde.


Gaserträge untersucht:

Der Labormaßstab erlaubt bei der Silierung und der Vergärung in kleinen Fermentern erste Erkenntnisse über das Verhalten der Substratgemische. Gleichzeitig kann das Biogasertragspotenzial abgeschätzt werden. Inwieweit dieses Potential dann in der Praxis erreicht werden kann, kann man durch stufenweises Ausweiten der Versuche abschätzen.


Bei den Gasertragstests an der FH Südwestfalen lieferten die Proben, die aus den Bereichen mit guten Silageeigenschaften entnommen wurden, sowohl mehr Biogas als auch einen höheren Methanertrag. So wurden aus den oberflächenfernen Proben Gaserträge von 600 bis 700 ml pro Gramm organischer Trockensubstanz gemessen, mit Methangehalten von circa 48%. Ein solcher Ertrag ist auch bei Maissilage zu erwarten:


Lufteintritt durch mangelnde Verdichtung und daraus resultierende aerobe Abbauprozesse führten in den entsprechenden Proben zu deutlich geringeren Erträgen.


Eine weitere Testreihe mit Körnermaisstroh und Zuckerrüben in verschiedenen Zerkleinerungsstufen und mit unterschiedlichen TS-Gehalten ergaben im Labormaßstab Gasausbeuten, die 100 bis 120% derjenigen von Maissilage betrugen. Die in dieser Reihe ebenfalls getesteten reinen Körnermaisstroh-Silagen lagen bei 74 bis 79% im Vergleich zur Maissilage (Übersicht). Das ist ein Ansatz, um Silomais durch Mischsilagen zu substituieren.


Diese Ergebnisse werden von zeitgleich an der LfL Bayern durchgeführte Untersuchungen bestätigt. Auch die LfL weist auf die Bedeutung einer ausreichenden Verdichtung hin. Allerdings wurden die Untersuchungen dort an reiner Maisstrohsilage durchgeführt. Die Silierung zusammen mit feuchteren Kosubstraten kann dieses Problem beseitigen. Denn einerseits lässt sich die Mischung besser verdichten, andererseits lässt sich der für die Silierung günstige Trockensubstanzgehalt von etwa 35% durch entsprechende Mischung einstellen.


Weiterhin zeigen beide Forschungsprojekte, dass die zeitnahe Abfuhr des Maisstrohs vom Feld eine wichtige Komponente in der Ausnutzung des Ertragspotenzials ist. Die Feldliegezeit mit ihren Umwelteinflüssen und pflanzlichen Umsetzungsprozessen führt unmittelbar zum Energieverlust.


Aufgewertete Gärreste:

Schließlich spielt auch die Ausbringung der Gärreste eine wichtige Rolle. Außer der EEG-Novellierung ist 2017 auch eine neue Düngeverordnung in Kraft getreten. Nach dieser darf der Landwirt ab Oktober keinen organischen Dünger wie Gülle und Gärreste mehr auf Ackerflächen ausbringen.


Die Vergärung von einem größeren Anteil des Strohs und die Ausbringung als Gärrest im folgenden Frühjahr liefert Dünger, zum Beispiel für das Wintergetreide. Die Gärrestrückführung auf die vorher abgeernteten Flächen lässt neuen Forschungsergebnissen zufolge eine ausgeglichene Humusbilanz erwarten. Im Idealfall kann auch auf die erste Mineraldüngergabe verzichtet werden, was weitere Kosten einspart.


Ein wichtiger Aspekt ist hier, dass die vorgeschaltete Silierung die schwer vergärbaren Lignocellulosekomplexe teilweise aufschließt, sodass die biogaswirksamen Bestandteile Hemicellulosen und Cellulose frei werden. Das Lignin bleibt dagegen zurück und wird als Kohlenstofflieferant in den Boden zurückgeführt.


Aufschluss per Silierung?

Eine weitere Untersuchungsreihe an der FH Südwestfalen soll Hinweise auf die Art und Vollständigkeit des Aufschlusses der schwer vergärbaren Rohfaseranteile geben: Die gesamte Prozesskette wird mittels Elektronenmikroskop auf Veränderungen durch die Silierung und weiter während der Vergärung in der Biogasanlage untersucht. Dadurch sollen bereits gewonnene Erkenntnisse über die Veränderung der Rohfaseranteile vertieft werden.


Übergeordnete Zielgröße aller genannten Teile der Prozesskette bleibt jedoch das Betriebsergebnis. Hier sind die betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten der Anlagenbetreiber gefragt. Zum Beispiel muss er abwägen, ob die gegenüber Silomais günstigeren Kosten für Maisstroh eventuelle Mehrkosten für Zerkleinerungs-, Pump- und Rührtechnik aufwiegen.Kontakt: hinrich.neumann@topagrar.com

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