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Moorgras im Kessel

Lesezeit: 4 Minuten

Ludwig Bork verheizt Landschaftspflegegras von 300 ha Niedermoor in einem Bio­masseheizwerk – eine Lösung für viele Betriebe mit Moor- oder Naturschutz-flächen.


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Auf der Fläche mit dem ca. 30 cm hohen, braunen Gras weideten früher Mutterkühe. Doch Moorrenaturierungen und Überschwemmungen haben über mehrere Jahre hinweg die Futterpflanzen zurückgedrängt, aus den Feuchtwiesen wurde Sumpf. „Wir haben eine Alternative für die rund 300 ha Flächen gesucht“, berichtet Landwirt Ludwig Bork aus Schwinkendorf bei Malchin in Mecklenburg-Vorpommern.


Diese hat er vor einem Jahr gefunden: Er erntet auf den 300 ha etwa 5 000 bis 6 000 Rundballen Heu und verheizt sie in einem Heizwerk in der Stadt Malchin. Der Biomassekessel mit 800 Kilowatt (kW) thermischer Leistung versorgt über ein Nahwärmenetz rund 540 Wohneinheiten, zwei Schulen und einen Kindergarten sowie mehrere Bürogebäude. Das Fernwärmenetz, das früher über einen Kohlekessel versorgt wurde, war schon vorhanden. Bork hat die Größe seines Kessels so gewählt, dass er diesen nur mit der Biomasse seines Betriebes versorgen kann.


Die 6 000 Rundballen mit je 1,20 m Durchmesser und einem Gesamtgewicht von ca. 1 200 t pressen Bork und seine Mitarbeiter ab Juni innerhalb von zehn Wochen. Einige Flächen darf er aufgrund von Naturschutzauflagen erst ab Mitte Juli nutzen.


Maschinen mit Ballonreifen:

Hierfür nutzt er herkömmliche Erntetechnik, die auf den feuchten Untergrund angepasst ist. So besitzt der 160 PS starke Traktor Breitreifen. „Aus dem gleichen Grund haben wir uns für Rundballen entschieden, weil die Presse mit 1,8 t deutlich weniger wiegt als eine Großpackenpresse“, erläutert er.


Das Heu trocknet er wie Futterheu auf einen Wassergehalt von 8 bis maximal 12 %. Die Ballen lagert er auf dem landwirtschaftlichen Betrieb unter Dach. Am Heizwerk befindet sich ein Zwischenlager für mehrere hundert Ballen, das er je nach Bedarf auffüllt.


Für die Verbrennung nutzt Bork einen Strohheizkessel des dänischen Herstellers Lin-Ka. Die Ballen werden über zwei parallele Zuführbahnen langsam bis zu den zwei Aufreißtrommeln transportiert, die die Ballen auflösen. Die Trommel mit 23 Scheiben und über 120 Schneidmessern zerkleinert die Heuhalme auf eine Länge von etwa 15 cm. Ein Korb um das Schneidwerk lässt die Halme erst passieren, wenn sie kurz genug für die Anlage sind.


Spezieller Kessel:

In üblichen Strohkesseln befördert ein Luftstrom den Brennstoff in Richtung Brennraum. „Wir haben uns aber für eine Doppelschnecke entschieden, weil sie weniger zu Verstopfungen neigt“, erläutert Bork. Denn Landschaftspflegematerial ist deutlich schwieriger zu fördern als das homogene Getreidestroh. Verholzte Stängel z. B. können sich in der Zuführstrecke verklemmen.


Das aufgelöste Material gelangt anschließend in den Kessel, der mit einem deutlich längeren Rost als bei üblichen Strohheizungen arbeitet. Mit der längeren Verweilzeit im Kessel soll die Biomasse besser ausbrennen.


Der Kessel verbraucht in Volllast rund 30 Ballen am Tag. Damit der Kessel immer auf Volllast läuft, wird die Wärme in einem Pufferspeicher mit 25 m3 Volumen zwischengespeichert.


Wärme-Contracting:

Die Wärme verkauft Borks Firma Agrotherm an die Firma Energicos aus Berlin, die die Heizzentrale in Malchin betreibt. „Wir haben damit nur einen Ansprechpartner und müssen uns nicht um einzelne Wärmeabnehmer kümmern“, berichtet der Geschäftsführer.


Der Heukessel liefert die Grund- und Mittellast für das Wärmenetz. An besonders kalten Tagen springt zusätzlich ein Gaskessel an, der auch Energicos gehört.


Agrotherm muss vertraglich 3,5 Mio. kWh Wärme pro Jahr abliefern, die Energicos an die Kunden verkauft. Der Wärmepreis liegt auf Höhe des Erdgaspreises.


Holz als Reserve:

Weil die Heuernte nicht in jedem Jahr gleich verläuft und es besonders in sehr nassen Jahren auch mal zu weniger Ertrag kommen kann, hat Bork zusätzlich einen Hackschnitzelbunker integriert. Über eine zweite Zellradschleuse kann er jetzt statt Heu auch Hackschnitzel in den Biomassekessel fördern.Im Jahr verheizt Bork rund 1 000 Schüttraummeter. Ein Schüttraummeter entspricht dabei dem Heizwert von einem Ballen Heu.


Die Anlage hat 670 000 € gekostet. Darin enthalten sind auch die Verlängerung des Gebäudes für die Zuführbahnen sowie die Genehmigung. Vom Land Mecklenburg-Vorpommern und der EU hat er insgesamt 182 000 € Förderung erhalten. Bork rechnet mit einer Amortisation in 15 Jahren.


Gute Erfahrungen:

Nach rund einem Jahr Betrieb hat Bork sehr gute Erfahrungen mit dem Verheizen von Heu gemacht. Ein nachgeschalteter Zyklonfilter und ein Gewebefilter sorgen dafür, dass die Grenzwerte für Staub und Stickoxide nach der vierten Bundes-Immissionsschutzverordnung (TA Luft) deutlich unterschritten werden. Aus seiner Sicht sollte man aber immer mal wieder die Verbrennung im Kessel beobachten und ggf. Brennstoffzufuhr oder Luftzufuhr anpassen.


Die Akzeptanz der Anwohner rund um die Anlage ist sehr groß. Sein Fazit: Mit der Energieerzeugung können sie die Moorflächen sinnvoll nutzen.

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