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Nawaro-Anlage wird zum Auslaufmodell

Lesezeit: 5 Minuten

Angesichts des näherrückenden Endes der EEG-Vergütung haben wir zwölf Pioniere aus der Biogasbranche nach ihren Zukunftsaussichten gefragt.


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Weder Krise noch Aufbruchstimmung: So sehen die Firmen den aktuellen Markt, wie unsere Umfrage unter zwölf Experten der Biogasbranche zeigt. „Auch mit der neuen Großen Koalition wird es keine Impulse für das Geschäft in Deutschland geben“, sagt Jörg Fischer, Finanzvorstand beim Anlagenhersteller Envitec Biogas. „Es gibt nur einen verhaltenen Neubau von Anlagen bis 75 kW, obwohl das Potenzial sehr groß ist“, ergänzt Robert Bugar, Geschäftsführer des Anlagenherstellers Agrikomp. Dabei könnte eine Kleinanlage seiner Meinung nach nicht nur ein paar Tausend Euro Verdienst im Monat bedeuten, sondern auch den landwirtschaftlichen Betrieb abrunden sowie zum Klimaschutz beitragen.


Gedrückte Stimmung:

Wegen der abwartenden Haltung vieler Anlagenbetreiber baut sich immer mehr ein Investitionsstau auf. „Verschleißbedingter Ersatz, aber auch neue gesetzliche Auflagen sind im Moment der Hauptauslöser für Investitionen“, sagt Jörg Meyer zu Strohe, Geschäftsführer von PlanET Biogastechnik.


Hierzu gehören Vorschriften wie die AwSV oder die Düngeverordnung. „Finanzmittel, die für die Weiterentwicklung und Optimierung von Biogasanlagen vorgesehen waren, müssen nun für andere Maßnahmen verwendet werden“, bemerkt Markus Liebich, Vertriebsleiter Biogas bei Vogelsang. Dazu gehören u.a. Nachrüstungen, um die verschärften Emissionsgrenzwerte für Formaldehyd einzuhalten, der Neubau von Gärrestlagern oder einem Wall um die Anlage sowie die notwendige Sanierung von Fahrsiloanlagen. Sollte es mehr Verschärfungen geben, geht Liebich von einem weiteren Rückgang der Anlagenzahl aus.


Von den aktuellen Rahmenbedingungen wie der Düngeverordnung oder der Flexprämie im EEG profitieren dagegen Anbieter von Behältern, BHKW, Gasdächern und Steuerungstechnik für die Flexibilisierung, aber auch Anbieter von Gärrestausbringung bzw. Gärrestaufbereitung.


Service ist mehr gefragt:

Ansonsten wächst die Nachfrage nach Servicedienstleistungen und nach Komponenten für die Erweiterung von Anlagen, vor allem für den Einstieg in die flexible Stromproduktion. „Die Flexibilisierung sorgt derzeit für einen kleinen Boom“, stellt Julian Efker vom BHKW-Hersteller 2G fest. „Auflagen wie die Düngeverordnung fördern den Absatz von Maschinen zur Gärrestaufbereitung wie Trockner“, ergänzt Anton Hinterholzner, Vertriebsleiter für Dosier- und Trocknungstechnik bei Fliegl Agrartechnik.


Reparaturen und Neuinstallationen sind auch aufgrund von Baumängeln aus den Boomjahren nötig. „Einige Anlagenbauer haben zu schlechte Produktqualitäten eingesetzt“, beobachtet Sachverständiger Torsten Fischer vom Planungsbüro Krieg & Fischer.


Die Zukunftsaussichten:

Sowohl die Firmen im vor- und nachgelagerten Bereich als auch die Anlagenbetreiber beschäftigt die Frage, welche Rahmenbedingungen in Zukunft gelten werden. Nach Ansicht von Rüdiger Kuhn, Vertriebsleiter des BHKW-Herstellers Schnell Motoren, bietet der Bestand mit über 8000 Anlagen für die nächsten Jahre eine solide Basis: „Der Bedarf an Austauschaggregaten, Ersatzteilen und die Nachfrage beim Service werden steigen.“ Allerdings erwartet Bugar: „Wenn sich die Biogasproduktion für den Betreiber nicht rechnet, wird es zu einem Abwracken der Anlagen kommen.“


Biomethan als Chance:

Die meisten der angesprochenen Firmen sehen die Biomethanproduktion als wichtige Zukunftsoption – vor allem für die Anlagen, die in der Nähe eines Gasnetzes liegen. „Großes Potenzial gibt es hierfür im Verkehrs- und Wärmemarkt“, sagt Fischer (Envitec).


Aber auch in der Verwertung von Wirtschaftsdünger gibt es mit Blick auf den Klimaschutz noch Potenzial. Das Gleiche betrifft die Gärrestaufbereitung mit anschließender Düngerproduktion. „Starkes Wachstumspotenzial sehen wir im Bereich der Separations- und Aufbereitungstechnik für Gärreste und Gülle“, bestätigt Benjamin Budde, Vetriebsleiter der Erich Stallkamp ESTA GmbH.


Außerhalb der Landwirtschaft könnte die Bioabfallvergärung wieder an Bedeutung gewinnen. „Der Markt entwickelt sich gut“, stellt Fischer von Krieg & Fischer fest. Er sieht in der „Nawaro-Anlage“ ein Auslaufmodell.


Da immer mehr Anlagenbetreiber von Mais auf andere Stoffe umstellen, sind mittelfristig weitere Investitionen in neue Eintragssysteme gefragt, erwartet Alois Börger, Geschäftsführer der Börger GmbH. Aber auch Pumpen und Zerkleinerungstechnik werden weiterhin gefragt sein.


Ausland als Chance:

Viele Biogasfirmen sind heute schon im Ausland aktiv und verstärken die Anstrengungen mit sinkenden Aussichten in Deutschland. Allerdings betonen unsere Ansprechpartner, dass dafür ein stabiler Heimatmarkt nötig ist. „Ohne diesen werden Firmen und Technologie in andere Länder ziehen, der Kompetenzverlust ist bereits im Gange“, stellt Bugar fest. „Wir haben Anfragen bezüglich biologischer Prozessoptimierung aus vielen Ländern“, bestätigt Dr. Jörg Winkelmann von Schaumann Bioenergy.


Auch das Planungsbüro Krieg & Fischer hat einen Auslandsanteil von inzwischen 75%. „Wir haben konkrete Aufträge für Großprojekte in Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien“, zählt Fischer auf. Dabei gehe es meist um Abfallvergärungsanlagen, z.B. mit einer Thermo-Druck-Hydrolyse oder der Vergärung von zehntausenden Tonnen Stroh. Wegen der positiven Auftragslage hat Krieg & Fischer in den letzten 24 Monaten bereits einige Ingenieure eingestellt und sucht weitere Verstärkung.


PlanET Biogastechnik macht ebenfalls inzwischen rund 75 % seines Umsatzes im Ausland und will hier weiterwachsen. „In vielen Ländern müssen die Biogasanlagen ohne staatliche Subvention wirtschaftlich sein, daher spielt die Verwertung von Rest- und Abfallstoffen eine große Rolle“, betont Meyer zu Strohe. Aber auch die Gasaufbereitung zu Biomethan wird aus seiner Sicht im internationalen Geschäft wichtiger.


Auch Schaumann wird im internationalen Bereich mehr Mitarbeiter einstellen. Bei der Reststoffvergärung kommen laut Winkelmann neben Gülle und Mist auch Maisstroh sowie Speisereste, Supermarktabfälle und Reste aus der Lebensmittelproduktion wie Oliven- oder Kaffeepulpe, Schlempe usw. zum Einsatz.


Börger sieht im Ausland den Servicebereich rund um das Produkt wachsen. „Zusätzlich zu den Komponenten sind Steuerung, Inbetriebnahme und sonstige Leistungen gefragt“, erklärt der Geschäftsführer.


Das Fazit unserer Umfrage: Die Biogasbranche steht an einem Scheidepunkt. Derzeit warten viele Betreiber und Firmen ab, welchen Rahmen die Politik der Branche vorgibt. Ohne klares Bekenntnis und stabile Aussichten für die nächsten zehn Jahre und mehr könnte es in absehbarer Zukunft zu einem verstärkten Rückbau von Anlagen kommen. Kontakt:


hinrich.neumann@t-online.de

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