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02/11: Solar: Wie Landwirte jetzt noch von Freiflächen-anlagen profitieren können

Durch die letzte EEG Novelle vom 11.08.2010 ist rückwirkend zum 01.07.2010 die Vergütungsfähigkeit von Photovoltaik-Anlagen (im folgenden PV) auf landwirtschaftlich genutzten Freiflächen ersatzlos gestrichen worden. Es berichten Rechtsanwälte Hartmut Gaßner und Annette Sander, Berlin. Bis zur Gesetzesänderung regelte § 32 Abs. 3 Nr.

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Durch die letzte EEG Novelle vom 11.08.2010 ist rückwirkend zum 01.07.2010 die Vergütungsfähigkeit von Photovoltaik-Anlagen (im folgenden PV) auf landwirtschaftlich genutzten Freiflächen ersatzlos gestrichen worden. Es berichten Rechtsanwälte Hartmut Gaßner und Annette Sander, Berlin.

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Bis zur Gesetzesänderung regelte § 32 Abs. 3 Nr. 3, dass solche PV-Anlagen vergütungsfähig sind, die sich im Geltungsbereich eines neueren Bebauungsplans (nach dem 1. September 2003) befinden, wenn es sich um eine ausgewiesene Grünfläche handelt, die eine längere Zeit als Ackerland genutzt wurde.


Diese gesetzliche Regelung eröffnete den Landwirten eine ganz neue und vor allem ausgesprochen lukrative Einnahmequelle: Die Nutzung ihrer Äcker für Solarstromerzeugung. Gleichzeitig konnten sie ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das führte dazu \- wie vom Gesetzgeber auch zunächst beabsichtigt \- dass viele Landwirte von den neuen Möglichkeiten des grünen Geldverdienens Gebrauch machten und ihre Traktoren im Schuppen ließen. Womit der Gesetzgeber aber nicht gerechnet hatte: Die Solar-Landwirtschaft wurde so populär, dass eigentlich nur unzureichend andere im EEG vorgesehene Flächen für die Gewinnung von Solarstrom genutzt wurden. Die Folge: Der Gesetzgeber ruderte zurück und strich die EEG-Vergütung für Ackerflächen in der neusten EEG Novelle 2010 ersatzlos.


Lediglich eine Übergangsregelung wurde aus Gründen des Vertrauensschutzes in den novellierten § 32 EEG eingebaut. Die Neufassung des § 32 EEG sieht eine Vergütungspflicht für Strom aus solarer Strahlungsenergie auf früheren Ackerflächen nur noch vor, wenn diese Flächen zur Errichtung einer solchen Anlage in einem vor dem 25. März 2010 beschlossenen Bebauungsplan ausgewiesen sind und die Anlage vor dem 1. Januar 2011 in Betrieb genommen wurde.


Das Aus für die Solar-Landwirtschaft? Die Antwort ist eindeutig und lautet: Nein! Entgegen der Unkenrufe verschiedener Experten ist mit der gesetzlichen Neuerung die solare EEG-Vergütung für Landwirte keinesfalls gestorben. Es gibt nach wie vor verschiedene Möglichkeiten, um eine Vergütung zu erhalten. Landwirte müssen lediglich, wenn sie ihren Grund und Boden für die Gewinnung von Solarenergie nutzbar machen wollen, neue Wege gehen, um andere Vergütungstatbestände für sich fruchtbar zu machen. Je nach Beschaffenheit der für die Solarnutzung in Blick genommenen Fläche sind unterschiedliche Vergütungstatbestände denkbar.


1. Gebäudeanlage und bauliche Anlage


Gemäß § 33 Abs. 1 EEG gilt, dass Solarstrom, der ausschließlich mit Anlagen an oder auf einem Gebäude erzeugt wird, stets vergütungsfähig ist. Ein Gebäude ist gemäß der Legaldefinition in § 33 Abs. 3 EEG eine selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und vorrangig dazu bestimmt ist, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Unter den Gebäudebegriff fallen also auch z.B. Stallungen und Speicher. Für diese Vergütung ist unerheblich, ob ein Bebauungsplan existiert oder welcher Art die Fläche ist, auf der sich das Gebäude befindet. Deshalb ist dieser Vergütungstatbestand gut überschaubar und leicht handhabbar.


Aber auch PV-Anlagen an anderen baulichen Anlagen, die die Gebäudedefinition nicht erfüllen, sind \- wenn auch geringer \- vergütungsfähig. Solche anderen baulichen Anlagen sind beispielsweise größere Aufschüttungen, Abgrabungen oder auch Mauern. Die Vergütung richtet sich nach § 32 Abs. 2 Halbsatz 1 EEG. Hierin ist geregelt, dass PV-Anlagen, die an oder auf einer baulichen Anlage, die ursprünglich keinen primären PV-Zweck hatte, angebracht sind, eine EEG-Vergütung erhalten.


Diese beiden Vorschriften sind vorrangig vor anderen Vergütungsmöglichkeiten nach dem EEG. Das bedeutet, nur sofern die PV-Anlage nicht zumindest an einer sonstigen baulichen Anlage angebracht wird, ist weiter nach einer passenden Vergütungsmöglichkeit Ausschau zu halten.


2. Planfestgestellte Flächen


Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 EEG sind PV-Anlagen auf allen Flächen vergütungsfähig, für die ein Verfahren nach § 38 BauGB durchgeführt wurde. Das sind im Wesentlichen planfestgestellte oder plangenehmigte Flächen, wie etwa Deponien, Flughäfen oder Bahnstrecken. Diese werden allerdings für Landwirte weniger in Betracht kommen, da Eigentümer solcher Flächen meist der Bund oder das Land ist.


3. Alter Bebauungsplan


Nach wie vor gilt die Reglegung, dass gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 EEG Solarstrom immer dann vergütet wird, sofern die PV-Anlage im Geltungsbereich eines "alten Bebauungsplans" errichtet wird. Der Bebauungsplan muss also vor dem 01. September 2003 bereits verbindlich gewesen sein und darf nicht noch einmal geändert worden sein. Zwar wurde die EEG-Vergütung erst später eingeführt, noch heute gibt es aber natürlich alte Bebauungspläne, die aus dem Jahr 2003 und früher stammen und noch "Platz" für PV \-Anlagen bieten. Handelt es sich um einen solchen "alten" Plan, ist eine EEG-Vergütung vollkommen unproblematisch .


4. Neuer Bebauungsplan


Bei "neuen" Bebauungsplänen gilt, dass PV-Anlagen im ihrem Geltungsbereich nur unter bestimmten Voraussetzungen und nicht allgemein vergütungsfähig sind. Wenn jedoch zusätz-lich eines der nachgenannten Flächenkriterien erfüllt ist, wird eine EEG-Vergütung gezahlt. Außerdem muss der Bebauungsplan die Baugenehmigung für eine PV-Anlage erlauben.


a) Versiegelte Flächen, § 32 Abs. 3 Nr. 1 EEG


Gleich die erste Nummer des § 32 Abs. 3 EEG hält für Landwirte einen attraktiven Vergütungstatbestand bereit. Wenn die avisierte Fläche sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befindet und versiegelt ist, hat der Landwirt Anspruch auf eine EEG-Vergütung. Diese ist sogar im Vergleich zu den anderen Tatbeständen des § 32 EEG höher, da der Gesetzgeber in § 20 Abs. 4 Nr. 2 EEG eine geringere Degression vorgesehen hat. Der Gesetzgeber beabsichtigt damit, die versiegelten Flächen besser zu stellen und möchte eine PV-Nutzung auf solchen Flächen besonders fördern.


Versiegelte Flächen werden in der Rechtsprechung weiter interpretiert, als der Wortlaut vermuten lässt. Unter Versiegelung wird allgemein hin die Bedeckung des Bodens mit festen Materialien verstanden. Jedoch zählen nicht nur mit Asphalt oder Beton vollständig bedeckte Oberflächen zu versiegelten Flächen, sondern auch durchlässigere Beläge. So ist stets im Einzelfall zu untersuchen, ob es sich um eine versiegelte Fläche handelt. Ein besonders intensiv eingedrückter Feldboden, auf dem sich das Wasser sammelt und nicht mehr auf natürliche Weise in das Bodenreich eindringen kann, ist unter Umständen auch als versiegelte Fläche zu verstehen.


b) Konversionsflächen, § 32 Abs. 3 Nr. 2 EEG


Aber auch die Nummer 2 ist durchaus für Landwirte eine interessante Flächenvariante. Hier werden sogenannte Konversionsflächen vergütet, die sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befinden. Genau wie die versiegelten Flächen wollte der Gesetzgeber die Konversionsflächen als vorbelastete Flächen besonders für Solarnutzung attraktiv machen und hält deshalb eine höhere Vergütung für solche Flächen bereit.


Der Begriff der Konversionsfläche ist nicht im EEG definiert. Das ursprüngliche Wort "Konversion" hat verschiedene Bedeutungsvarianten, welche allesamt eine Umwandlung, einen Übertritt, eine Veränderung oder einen Übergang bezeichnen. Früher wurde hierunter insbesondere der Übergang einer militärischen Nutzung in eine zivile und umgekehrt verstanden. So eng ist jedoch der Begriff des EEG keinesfalls auszulegen. Die vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Konversionsflächen haben in der Regel eine komplexe Nutzungshistorie. Jedenfalls muss die Auswirkung der früheren Nutzung noch fortwirken, obwohl die Nutzung für sich bereits aufgegeben worden sein muss. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff aber um auszudrücken, dass auf der Fläche früher eine wirtschaftliche, militärische, wohnungsbauliche oder verkehrliche Nutzung stattgefunden hat. Diese Nutzung muss auch aktuell zu einer erheblichen ökologischen Beeinträchtigung führen. Beispielhaft hierfür können Flächen mit vorhandenen Altlasten, Kampfmittel oder Versiegelungen genannt werden. Eine verträgliche oder ökologisch neutrale Zwischennutzung ist für die Bejahung einer Konversionsfläche egal. Auf ein Zeitmoment kommt es bei noch andauernder Fortwirkung nicht an. Der Gesetzgeber zählt in seiner Begründung zu den Konversionsflächen z.B. Abraumhalden, Tagebaugebiete, Truppenübungsplätze und Munitionsdepots. Nach der Gesetzesnovelle zusätzlich denkbar sind stillgelegte Infrastruktureinrichtungen (wie Landebahnen von Flugplätzen, Straßen, Stellplätze oder Bahnbrachen) oder rückgebaute Wohnanlagen.


Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Konversionsflächen (z.B. Ackerflächen oder Monokulturen) nicht ausreichen können. So war es der ausdrückliche Wunsch des Gesetzgebers, die Förderung für Ackerflächen enden zu lassen. Diese kann nicht "durch die Hintertür" wieder in das EEG hineingelesen werden.


Anders verhält es sich hingegen bei Konversionsflächen aus anderen vormaligen Nutzungen. Sollte dieser Tatbestand zu bejahen sein, können auch solche Konver-sionsflächen, die zufällig auf einer Ackerfläche liegen, nach wie vor vergütet werden.


c) Autobahn und Schienenwege


Ebenfalls neu hinzugekommen ist die Möglichkeit, PV Anlagen entlang von Autobahnen und Schienenwegen vergütet zu erhalten. Eine EEG-Vergütung wird geleistet, sofern sich die PV-Anlagen bis zu 110 Meter gemessen am äußeren Rand der befestigten Fahrbahn bzw. Schiene befinden. Auf einem 110 Meter Streifen neben dem Fahrbahnrand sind mithin PV-Anlagen vergütungsfähig. Zusätzlich muss die Fläche sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befinden. Die hierbei entstehenden, grundsätzlich überwindbaren zulassungsrechtlichen Fragen werden dadurch aufgewogen, dass für diese Flächen, anders als bei Konversionsflächen, für eine etwaige Beräumung keine Kosten entstehen. Regelmäßig muss bei Konversionsflächen, ehe PV-Anlagen errichtet werden können, Altlasten aufwendig und vor allem kostspielig entfernt werden.


In zulassungsrechtlicher Hinsicht ist zu bedenken, dass eine PV-Anlage grundsätzlich eine bauliche Anlage i. S. d. LBauO ist, die deshalb einer Baugenehmigung bedarf. Sofern es sich um eine Fläche entlang einer Autobahn handelt, sind allerdings die Besonderheiten des Fernstraßenrechts einzubeziehen.


So stellt der § 9 Fernstraßengesetz (FStrG) ein gestaffeltes Schutzsystem auf. Innerhalb eines 40-Meter-Streifens bestimmt § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG ein sogenanntes Anbauverbot. Innerhalb eines 100-Meter-Streifens ist gem.§ 9 Abs. 2 Nr. 1 FStrG grundsätzlich die Zustimmung zu einer Baugenehmigungen durch die oberste Landesstraßenbaubehörde erforderlich. Da jedoch \- wie bereits gezeigt \- für eine Vergütung nach § 32 Abs. 3 Nr. 4 EEG in jedem Fall ein Bebauungsplan vorliegen muss, gelten diese speziellen Einschränkungen des Fernstraßengesetzes gem. § 9 Abs. 7 FStrG grundsätzlich nicht. § 9 Abs. 7 FStrG sieht nämlich vor, dass, soweit das Bauvorhaben den Festsetzungen eines in bestimmter Hinsicht qualifizierten Bebauungsplans entspricht und dieser Bebauungsplan unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast zustande gekommen ist, u. a. die Einschränkungen des § 9 Abs. 1 und 2 FStrG nicht gelten. Auch besteht die Möglichkeit, gem. § 9 Abs. 8 FStrG im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des § 9 Abs. 1 und 2 FStrG zuzulassen. Zwar wird wegen einer etwaigen Verkehrsgefährdung in den seltensten Fällen eine PV-Anlage unmittelbar angrenzend an den Fahrbahnrand gebaut werden können. Es lässt sich nicht pauschal im Voraus sagen, wie viel Abstand eingehalten werden muss, um die Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs in jedem Falle sicher zu stellen. Jedenfalls ist es möglich, näher als 40 Meter an die Fahrbahn her-anzubauen.


d) Gewerbe- und Industriegebiet


Neu hinzugekommen ist durch die letzte Änderung des EEG auch die Möglichkeit, PV Anlagen in bereits vor dem 01.01.2010 festgesetzten Gewerbe- und Industriegebieten zu errichten. Hier bieten sich auf Vorrat geplante, aber letztlich nicht genutzte Gewerbegebiete an. Nach dem Wortlaut der Novelle erfolgt bei einer Inbetriebnahme bis Jahresende keine Degression zum 01.07. und 01.10.2010. Auch eine Realisierung nach dem 31.12.2010 bleibt möglich, in diesem Fall aber zu einer Vergütung, die die Degressionen zum 01.07., 01.10.2010 und 01.01.2011 berücksichtigen muss.


Genehmigungsrechtlich ist für diese Anlagen eine Baugenehmigung erforderlich. Hierbei ist streitig, ob eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden muss, weil von den eigentlich Vorgaben des Bebauungsplans abgewichen wird oder ob PV-Anlagen als Gewerbebetriebe allgemein zulässig sind. Ferner ist zu bedenken, dass mit Blick auf § 15 BauNVO wohl die PV-Nutzung innerhalb des beplanten Gebietes nicht zu dominant werden darf. Sonst könnte es sich um eine im Einzelfall "störende Häufung" handeln, die wiederum unzulässig sein könnte. Auch dies ist jedoch umstritten.


Ob PV-Anlagen also in einem Gewerbe- oder Industriegebiet bauplanungsrechtlich zulässig sind, verlangt einer detaillierten Einzelfallprüfung. Andererseits zeigen die oben genannten Regelungen im EEG aber, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Genehmigungsfähigkeit von PV-Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten ausgeht, weshalb das Ergebnis wegen dieser ausdrücklichen gesetzgeberischen Wertung eher positiv ausfallen sollte.


Fazit:


Als Fazit lässt sich festhalten, dass auch nach der Streichung der Ackerflächen-Förderung für Landwirte die Erzeugung von Solarenergie interessant bleibt. Allerdings reicht es nicht mehr aus (sofern nicht die Vertrauensschutzregelung des § 32 Abs. 3 Nr. 3 EEG eingreift), dass es sich bei er für PV anvisierten Fläche um eine Ackerfläche handelt. Vielmehr müssen darüber hinausgehende Flächenkriterien erfüllt sein.

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