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Neue Entwicklungen machen Aktivkohle teurer

Lesezeit: 7 Minuten

Im top agrar-Gespräch erklärt Wolfgang Doczyck vom Aktivkohleanbieter Siloxa unter anderem, warum die Kohle derzeit teurer wird und wie man Selbstentzündung vermeidet.


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BHKW-Hersteller stellen heute hohe Anforderungen an die Rohgasqualität. Welche Bedeutung hat dabei Aktivkohle für die Entschwefelung?


Doczyck: Früher galten Aktivkohlefilter nur als Polizeifilter, um das vorhandene Entschwefelungsverfahren zu unterstützen. Doch die Aufgabe hat sich extrem gewandelt. Denn zum Einhalten der immer strenger gewordenen Formaldehydgrenzwerte setzen BHKW-Hersteller heute Abgaskatalysatoren ein. Bei diesen gilt Schwefelwasserstoff als Katalysatorgift. Darum muss gewährleistet sein, dass das Gas beim Eintritt in den Motor so gut wie keinen Schwefel mehr enthält.


Hierfür soll die Aktivkohle sorgen, die heute in fast allen Biogasanlagen zum Standardverfahren gehört. Gleichzeitig haben die BHKW-Hersteller erkannt, dass sie bei schwefelarmem Gas andere Verdichtungsdrücke oder Zündzeitpunkte einstellen können, um den Wirkungsgrad der Motoren zu erhöhen.


Aktuell stehen deutliche Preiserhöhungen bei der Aktivkohle an. Liegt das an der gestiegenen Nachfrage?


Doczyck: Nein, denn die Nachfrage nach Aktivkohlefiltern ist seit Jahren konstant hoch. Neu ist die Nordkorea-Krise. Denn Aktivkohle auf Steinkohlebasis kommt fast ausschließlich aus China, das den Rohstoff wiederum aus Nordkorea bezieht. Die Wirtschaftssanktionen dort haben den Rohstoff knapper werden lassen. Ein zweiter Grund ist, dass die Behörden in China den Unternehmen höhere Umweltstandards aufgelegt haben, wovon auch die Aktivkohlefabriken betroffen sind. Auch wegen dieser höheren Kosten sind die Preise gestiegen.


Mit welchen Preissteigerungen müssen Anlagenbetreiber rechnen?


Doczyck: Unterm Strich müssen Biogasanlagenbetreiber etwa 20% Aufschlag kalkulieren. Allerdings sind noch nicht alle Anbieter davon betroffen. Wir selbst haben wie andere auch noch große Lagermengen, die wir zu alten Konditionen sichern konnten. Man wird sehen, inwiefern sich der Markt wieder beruhigt oder ob langfristig mit Preissteigerungen zu rechnen ist. Dann müssten auch wir diese an die Anlagenbetreiber weitergeben.


Gäbe es eine Alternative zur Aktivkohle, sollten die Preise weiter steigen?


Doczyck: Man könnte natürlich den Eisenanteil im Fermenter erhöhen, um auf diese Weise zu entschwefeln. Aber die biologische Entschwefelung mit Sauerstoffeintrag oder die Zugabe von Eisenpräparaten sind immer nur ein grobes Verfahren, mit dem man Schwefelfreiheit jedoch nicht gewährleisten kann. Auch Zellulosepellets funktionieren unserer Meinung nach auch nicht immer zufriedenstellend.


Jeder Filterwechsel kostet Geld. Mit welchen Maßnahmen lässt sich die Standzeit der Aktivkohle verlängern?


Doczyck: Die Standzeit hängt von der Art der Aktivkohle ab. Je höher die Beladungsleistung, desto seltener muss man sie wechseln und umso geringer sind die Kosten. Die längste Standzeit haben speziell behandelte Hochleistungskohlen. Sie sind zu erkennen an der geringeren Dichte. Denn ein geringeres Gewicht der Aktivkohle je Liter zeigt an, dass sie mehr Poren hat und entsprechend mehr Schwefel absorbieren kann.


Aber auch wenn sie unterm Strich die geringsten Kosten verursachen, sind sie nicht für jede Anlage zu empfehlen. Denn es gibt Anlagen, die können die Temperatur und damit die relative Feuchtigkeit des Biogases nicht verändern. Bei Werten unter 50 bis 60% relative Feuchte können die Hochleistungskohlen aber nicht mehr ihre maximale Beladung erreichen, sie wären also zu teuer bei diesen Anlagen. In diesem Fall raten wir zu günstigen, einfacheren Kohlen, die unter den ungünstigeren Bedingungen geringere Standzeiten haben.


Was passiert bei zu feuchtem Gas?


Doczyck: Dann wird die Aktivkohle versotten. In den Kapillaren kondensiert Wasser aus. Das Gleiche passiert, wenn das Gas zu kühl ist. Nach einer Kühlung muss man es leicht anwärmen, um etwa 10°C.


Wie lässt sich der Wechsel der Kohle beschleunigen, um Standzeiten des BHKW zu reduzieren?


Doczyck: Das hängt vom Design des Filters ab. Es gibt z.B. Pfandfilter, bei denen wir den Behälter einschließlich Füllung tauschen. Oder wir arbeiten mit Zweikammerfiltern, bei denen wir ein Big Bag unter den Auslass hängen und nur die untere Kammer entleeren. Diese Kammer wird vom Biogas zuerst durchströmt, sodass sich hier die Kohle belädt. Erst wenn die Entschwefelungsleistung nachlässt, strömt das Gas durch die obere Kammer.


Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nur vollständig beladene Kohle entnommen wird. Nach dem Wechsel lassen wir die Kohle aus dem ersten Filter in den unteren und füllen oben frische Kohle nach. Am einfachsten ist es, wenn der Filter gewechselt werden kann, ohne sich groß mit dem Betreiber absprechen zu müssen. Lange dauert es dagegen, wenn viel Abstimmung nötig ist oder der Filter so installiert ist, dass man nur schwer mit dem Lkw heranfahren kann.


Kann der Landwirt den Filterwechsel auch selbst vornehmen?


Doczyck: Theoretisch ist das möglich. Aber er muss schon Erfahrung mitbringen bzw. seine Mitarbeiter genau auf die Sicherheitsrisiken hinweisen. Denn in der Kohle ist Methan enthalten, es kann also beim Öffnen zum zündfähigen Gemisch kommen. Daher muss beispielsweise die Kohle vor dem Filteröffnen mit einem neutralen Gas durchströmt werden, um das Methan zu entfernen.


Immer mal wieder hört man von der Gefahr der Selbstentzündung von Aktivkohle. Wie kann es dazu kommen und was sind die Risikofaktoren?


Doczyck: Das Thema ist weit verbreitet, immer wieder hört man von Fällen, wo Filter auf dem Lkw anfangen zu qualmen oder Big Bags plötzlich wegschmelzen. Auch wir hatten damit massiv zu tun. Die Ursache sehen wir in der Holzkohle als Grundmaterial für die Aktivkohle: Diese hatte früher eine bessere Beladungsleistung als Steinkohle. Wir haben sie mehrere Jahre als Hochleistungskohle eingesetzt.


Allerdings muss man wissen, dass bei der Aufnahme von Gasinhaltsstoffen in die Poren der Aktivkohle Wärme frei wird. Das ist in der Regel so wenig, dass man es kaum feststellen kann. Es gibt aber auch Situationen, wo vorangegangene Störungen besondere Betriebsbedingungen erzeugen. Ist z.B. der gesamte Sauerstoff im Filter durch die Umwandlung von Schwefelwasserstoff zu elementarem Schwefel verbraucht, lässt die Leistung nach und der Betreiber wird die Aktivkohle wechseln. Wenn der Filter dann geöffnet wird, gelangt schlagartig viel Sauerstoff hinein. Dadurch entsteht massiv Wärme.


Wenn die Aktivkohle dann in einem Big Bag oder Metallbehälter lagert, können sich in der Mitte Glutnester bilden und das Ganze zu brennen anfangen. Das verstärkt sich, weil die Aktivkohlen aus Holzkohle zudem mit Kalium beschichtet sind, um die Entschwefelungsleistung zu erhöhen. Denn Kalium ist auch als Branntbeschleuniger bekannt.


Wie lässt sich die Selbstentzündung verhindern?


Doczyck: Jeder, der schon einmal einen Grill angezündet hat, weiß, dass Holzkohle besser anfängt zu brennen als Steinkohle. Denn Holzkohle hat eine Selbstentzündungstemperatur von 160°C, die von Steinkohle ist 100°C höher. Das liegt vor allem an der Form der Poren. Man kann das Brandrisiko zwar reduzieren, indem man nach dem Filterwechsel kontinuierlich die Temperatur im Big Bag misst und gewarnt ist, wenn diese über 60°C steigt. Aber Brände lassen sich nicht vollständig verhindern.


Daher hatten wir uns im Jahr 2015 entschlossen, keine Holzkohle mehr einzusetzen und verwenden seitdem ausschließlich Steinkohle. Diese ist inzwischen auch so verarbeitet, dass sie mit der Entschwefelungsleistung von Holzkohle gleichgezogen hat.


Seit wir Aktivkohle auf Basis von Steinkohle und ohne Kalium als Brandbeschleuniger einsetzen, haben wir seit drei Jahren kein einziges Problem mehr mit Selbstentzündung gehabt. Kontakt: hinrich.neumann@t-online.de


Seit wir Aktivkohle auf Basis von Steinkohle und ohne Kalium als Brandbeschleuniger einsetzen, haben wir seit drei Jahren kein einziges Problem mehr mit Selbstentzündung gehabt. Kontakt: hinrich.neumann@t-online.de


Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen weitere Entwicklungen der Hersteller zum Thema Aktivkohle vor.

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