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Neue Güllekleinanlage mit Festbettreaktor

Lesezeit: 5 Minuten

In Hamminkeln (Nordrhein-Westfalen) bauen zwei Milchviehbetriebe eine innovative Gülleanlage. Sie besteht aus lediglich einem Behälter, in dem ein Festbettreaktor integriert ist.


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Hydrolysestufe, Fermenter und Güllelager in einem: Das ist das Konzept der neuartigen Biogasanlage, die die Milchviehhalter Marc Siemen und Hermann Krusen aus Hamminkeln in Nordrhein-Westfalen im April 2021 in Betrieb genommen haben. Die benachbarten Landwirte hatten sich im Jahr 2020 zum Bau der Anlage entschlossen. „Wir beide mussten neuen Lagerraum für die Güllelagerung schaffen und sind dann darauf gekommen, gleich eine Biogasanlage zu bauen“, erklärt Hermann Krusen. Für zwei einzelne Anlagen hätte die Kuhzahl nicht ausgereicht bzw. sie wären mangels Größe unwirtschaftlich gewesen. Zusammen haben die beiden Betriebe jedoch 300 Kühe. „Darum haben wir uns für eine Anlage der 75 kW-Klasse entschieden“, sagt Marc Siemen, dessen Betrieb direkt an den von Krusen angrenzt. Beide Betriebe besitzen im Boxenlaufstall planbefestigte Böden mit Faltschieberentmistung, sodass der Mist frisch in die Biogasanlage gelangen kann.


Für 99 kW entschieden


Bei der Planung wurden beide positiv vom EEG 2021 überrascht. Das Gesetz schreibt eine maximale Bemessungsleistung von 75 kW vor, erlaubt aber eine installierte Leistung bis 150 kW. Allerdings erhalten Betreiber von Anlagen ab 100 kW nur die Hälfte der Strommenge vergütet. Damit will die Bundesregierung die Flexibilisierung auch von Kleinanlagen anreizen. Jedoch ist die Überbauung von Kleinanlagen – trotz des gewährten Flexzuschlags – kaum rentabel. „Darum haben wir uns für 99 kW installierter Leistung entschlossen“, erklärt Krusen.


Bei der Anlagentechnik haben sich die Landwirte für das neuartige Konzept „UDR Gülle-Hybrid“ des niederländischen Herstellers Wopereis entschieden, das von dem Biogasexperten Wilhelm Gantefort aus Heiden (Nordrhein-Westfalen) entwickelt wurde. Siemen und Krusen wollen nur Gülle und Futterreste vergären, sodass kein Feststoffeintrag nötig ist.


Festbett als Mittelstütze


Die Anlage besteht aus einem einzigen Behälter mit 5000 m3 Volumen. Innen ist zentral ein Zylinder aus beschichtetem Stahl (9 m hoch, 3 m Durchmesser) installiert.


Der Behälter dient als Mittelstütze für das Tragsystem des Doppelmembran-Foliendaches, das eine Gasspeicherkapazität von etwa 70 Stunden hat. Der Zylinder ist zudem mit Kunststofffüllkörpern ausgestattet. Darauf siedeln Bakterienstämme, die für einen intensiven Aufschluss des eingetragenen Substrats sorgen sollen. ▶


Auskleidung mit Lagunenfolie


Eine weitere Besonderheit ist die zweischalige Bauweise: Der Betonfermenter ist innen komplett mit einer PE-Folie ausgelegt, die ansonsten zum Bau von Lagunen verwendet wird. Dazwischen liegt Vlies, das die Folie in erster Linie vor Beschädigungen schützen soll. „Es dient aber gleichzeitig auch als Wärmedämmung“, sagt Gantefort.


Wegen der Zweischaligkeit und innenliegenden Dämmung sparen die Landwirte die sonst übliche äußere Verblendung mit Blech ein. Zudem hat die Genehmigungsbehörde die Leckerkennung anerkannt, die bei einer möglichen Beschädigung der Lagunenfolie einen Flüssigkeitsaustritt anzeigt. Zudem kommt der Beton nicht mit dem aggressiven Gärrsubstrat bzw. Schwefelwasserstoff in Berührung. „Diese Bauweise wäre auch eine Lösung für bestehende Behälter, um diese von innen nachträglich mit einer Leckageerkennung auszustatten“, erklärt Gantefort.


In der Fundamentplatte des Behälters ist ein Absetzbecken integriert, in dem sich Sand und andere schwere Stoffe ablagern können. Dieses lässt sich per Pumpe bei Bedarf leeren.


Die Gülle aus den Ställen wird jetzt einmal pro Tag in den Fermenter gepumpt, wobei sie vorher über einen außen liegenden Durchflusswärmetauscher auf 42°C angewärmt wird. „Im Fermenter haben wir wegen der Folie auf eine Wand- oder Bodenheizung verzichtet“, erklärt Gantefort.


Einmal pro Stunde wird eine bestimmte Güllemenge aus dem Fermenter von unten in den Festbettreaktor gepumpt. Sie durchströmt diesen von unten nach oben („Upflow“) und läuft oben zurück in den Fermenter. „Dabei werden innerhalb der 18 Stunden Verweilzeit alle freien Fettsäuren im Festbettfermenter abgebaut“, erklärt Gantefort das Prinzip. Das soll zu einer höheren Gasausbeute von ca. 30% gegenüber konventiellen Anlagen führen.


Rührwerk mit Düse


Gerührt wird die Gülle im Fermenter mithilfe des Rührwerkes „CircumMaxx“ des Herstellers Buschmann. Es ist ein Langachsrührwerk, das horizontal eingebaut und auf dem Boden verankert ist. Der Propeller mit drei Rührflügeln ist in einer Rührdüse untergebracht, die sich um 360° schwenken lässt. Damit können die Betreiber auf wechselnde Füllstände reagieren. Außerdem gibt es keine elektrischen Antriebe im Behälter. Das Rührwerk lässt sich bei Bedarf (z.B. bei Stromausfall) auch mit dem Schlepper via Zapfwelle von außen antreiben. Um Stromkosten zu sparen, wollen die Landwirte nur einmal am Tag rühren.


Damit die vergorene Gülle nicht warm ausgebracht wird (was zu Ammoniakverlusten führen würde), soll sie nach der Vergärung in den vorhandenen Lagerbehältern abkühlen.


Anlage ist erweiterbar


Die Gesamtinvestitionskosten für die komplette Biogasanlage liegen bei etwa 1000000 € und sind damit im Vergleich zu anderen Güllekleinanlagen hoch. „Die Kosten relativieren sich aber, wenn man die Gegenleistungen und Vorteile der Anlage berücksichtigt“, sagt Landwirt Marc Siemen:


  • Die Technik soll es den Landwirten möglich machen, mit 300 Kühen rund 100 kW Leistung bzw. 850000 kWh im Jahr mit ausschließlich Gülle zu erzeugen. Laut Faustzahlen der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe lassen sich mit 300 Kühen und üblicher Anlagentechnik etwa 327000 kWh Strom im Jahr produzieren.
  • In den Kosten ist ein abgedecktes Endlager mit 5000 m³ Volumen inbegriffen, das speparat rund 350000 € gekostet hätte.
  • Statt mit einer Fackel zum Abbrennen von überschüssigem Biogas ist die Anlage mit einem Gaskessel ausgestattet. So können die Betreiber bei extrem kalter Witterung zusätzliche Wärme produzieren, um den Wärmebedarf abzusichern.
  • Die Anlagentechnik lässt laut Hersteller eine Erweiterung der Leistung auf rund 800 kW zu, ohne dass am Fermenter selbst etwas geändert werden müsste.


hinrich.neumann@topagrar.com

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