Die neue „Technische Regel Anlagensicherheit“ definiert den Stand der Technik für Biogasanlagen. Auch bestehende Anlagen sind massiv davon betroffen.
Wieder einmal sorgt eine Vorschrift für Biogasanlagen für Diskussionen: Die Technische Regel Anlagensicherheit (TRAS 120) ist im Januar 2019 in Kraft getreten. Sie ist zwar keine unmittelbare Rechtsvorschrift wie die Technische Anleitung (TA) Luft. Allerdings definiert sie den „Stand der Technik“ für neue und bestehende Anlagen. Betroffen sind immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlagen oder Anlagen, für die die Störfallverordnung gilt.
UBA kritisiert Mängel
Schon länger führen einzelne Unfälle und Havarien bei Biogasanlagen zu Diskussionen über schärfere Sicherheitsanforderungen. Das dem Bundesumweltministerium unterstellte Umweltbundesamt (UBA) hatte bereits 2009 eine Biogasanlagen-Verordnung entworfen, die aber nie umgesetzt wurde. Dennoch blieb das UBA bei seiner Kritik und hatte erst im Mai 2019 mit einem 20-seitigen Positionspapier über das „Gefährdungspotenzial“ von Biogasanlagen für Aufsehen gesorgt.
Denn 70bis 85% der Biogasanlagen weisen seit Jahren erhebliche sicherheitstechnische Mängel auf. Das sei ein Zeichen dafür, dass bestehende Regelungen nicht ausreichten.
Das UBA bezieht sich dabei auf Zahlen der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), die eine Statistik anhand der Prüfberichte von Sachverständigen erstellt.
Allerdings gibt es erhebliche Zweifel daran, ob diese Zahlen ein Maß für die „Gefährlichkeit“ von Biogasanlagen sein können. Viele Mängel werden häufig vor der Inbetriebnahme bei der ersten Begutachtung der Anlagen festgestellt, erklärt der Fachverband Biogas. Diese Mängel würden zeitnah zur Inbetriebnahme behoben, die Statistik aber nicht angepasst. Auch gab es in der Vergangenheit viele neue rechtliche Anforderungen. Dadurch kann es sein, dass eine Anlage innerhalb weniger Monate, obwohl sich technisch nichts geändert hat, plötzlich mehrere Mängel aufweist. Das könnte sich mit der TRAS 120, die selbst eigentlich zur Reduktion der Mängel erarbeitet wurde, sogar weiter verschärfen.
Dazu kommt die Kritik, dass in dem Arbeitskreis Biogas, der die TRAS 120 erarbeitet hat, nur zwei Biogasexperten eingeladen waren. Der Rest waren v.a. Vertreter von Umweltverbänden oder Behörden.
Neue Regeln überflüssig
Der Fachverband Biogas arbeitet mit einem eigenen „Arbeitskreis Sicherheit“ seit Jahren an der Verbesserung der Anlagen. „Deutsche Biogasanlagen unterliegen 256 technischen Regeln, 75 Verordnungen, 28 EU-Regelungen und 9 ISO-Normen, also insgesamt 368 Vorschriften“, erklärt der Hauptgeschäftsführer des Fachverband Biogas, Dr. Claudius da Costa Gomez. Es herrsche also kein Mangel an rechtlichen Vorgaben, sondern in Einzelfällen nur an deren Umsetzung.
„Offen ist, wie die zuständigen Vollzugsbehörden der Länder sowie die Sachverständigen jetzt die TRAS umsetzen“, sagt Manuel Maciejczyk, Geschäftsführer im Fachverband Biogas. Erste Umweltministerien haben bereits reagiert: In Baden-Württemberg, Bayern und Brandenburg gibt es Erlasse zu Biogasanlagen, die schon Bezug auf die TRAS 120 nehmen. Weitere Länder bereiten ähnliches vor. Genauso haben erste Behörden die Regeln als Grundlage in Genehmigungsbescheiden aufgenommen, wie Maciejczyk berichtet.
Die neue TRAS 120 enthält erheblichen Sprengstoff für bestehende Anlagen. Ein Beispiel ist die Vorgabe einer zweischaligen Gasmembran und einer kontinuierlichen Zwischenraum-überwachung (siehe Zusatzinfo). Das bedeutet für viele Biogasanlagen mit einschaligem Gasspeicher, dass diese unter Umständen umgerüstet werden müssen. Ein weiterer Punkt sind die neu definierten Schutzabstände zwischen Behältern. Die TRAS könnte also wie andere, nachträglich erlassene Vorschriften wie z.B. die Störfallverordnung, die Mittelspannungsrichtlinie oder die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) erneut erhebliche Nachrüstungen für die Betreiber verursachen.
hinrich.neumann@topagrar.com
Im folgenden Beitrag stellen wir beispielhaft Lösungen von Anlagen- und Komponentenherstellern vor, mit denen die Firmen die TRAS 120 umsetzen wollen.
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Die neue „Technische Regel Anlagensicherheit“ definiert den Stand der Technik für Biogasanlagen. Auch bestehende Anlagen sind massiv davon betroffen.
Wieder einmal sorgt eine Vorschrift für Biogasanlagen für Diskussionen: Die Technische Regel Anlagensicherheit (TRAS 120) ist im Januar 2019 in Kraft getreten. Sie ist zwar keine unmittelbare Rechtsvorschrift wie die Technische Anleitung (TA) Luft. Allerdings definiert sie den „Stand der Technik“ für neue und bestehende Anlagen. Betroffen sind immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlagen oder Anlagen, für die die Störfallverordnung gilt.
UBA kritisiert Mängel
Schon länger führen einzelne Unfälle und Havarien bei Biogasanlagen zu Diskussionen über schärfere Sicherheitsanforderungen. Das dem Bundesumweltministerium unterstellte Umweltbundesamt (UBA) hatte bereits 2009 eine Biogasanlagen-Verordnung entworfen, die aber nie umgesetzt wurde. Dennoch blieb das UBA bei seiner Kritik und hatte erst im Mai 2019 mit einem 20-seitigen Positionspapier über das „Gefährdungspotenzial“ von Biogasanlagen für Aufsehen gesorgt.
Denn 70bis 85% der Biogasanlagen weisen seit Jahren erhebliche sicherheitstechnische Mängel auf. Das sei ein Zeichen dafür, dass bestehende Regelungen nicht ausreichten.
Das UBA bezieht sich dabei auf Zahlen der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), die eine Statistik anhand der Prüfberichte von Sachverständigen erstellt.
Allerdings gibt es erhebliche Zweifel daran, ob diese Zahlen ein Maß für die „Gefährlichkeit“ von Biogasanlagen sein können. Viele Mängel werden häufig vor der Inbetriebnahme bei der ersten Begutachtung der Anlagen festgestellt, erklärt der Fachverband Biogas. Diese Mängel würden zeitnah zur Inbetriebnahme behoben, die Statistik aber nicht angepasst. Auch gab es in der Vergangenheit viele neue rechtliche Anforderungen. Dadurch kann es sein, dass eine Anlage innerhalb weniger Monate, obwohl sich technisch nichts geändert hat, plötzlich mehrere Mängel aufweist. Das könnte sich mit der TRAS 120, die selbst eigentlich zur Reduktion der Mängel erarbeitet wurde, sogar weiter verschärfen.
Dazu kommt die Kritik, dass in dem Arbeitskreis Biogas, der die TRAS 120 erarbeitet hat, nur zwei Biogasexperten eingeladen waren. Der Rest waren v.a. Vertreter von Umweltverbänden oder Behörden.
Neue Regeln überflüssig
Der Fachverband Biogas arbeitet mit einem eigenen „Arbeitskreis Sicherheit“ seit Jahren an der Verbesserung der Anlagen. „Deutsche Biogasanlagen unterliegen 256 technischen Regeln, 75 Verordnungen, 28 EU-Regelungen und 9 ISO-Normen, also insgesamt 368 Vorschriften“, erklärt der Hauptgeschäftsführer des Fachverband Biogas, Dr. Claudius da Costa Gomez. Es herrsche also kein Mangel an rechtlichen Vorgaben, sondern in Einzelfällen nur an deren Umsetzung.
„Offen ist, wie die zuständigen Vollzugsbehörden der Länder sowie die Sachverständigen jetzt die TRAS umsetzen“, sagt Manuel Maciejczyk, Geschäftsführer im Fachverband Biogas. Erste Umweltministerien haben bereits reagiert: In Baden-Württemberg, Bayern und Brandenburg gibt es Erlasse zu Biogasanlagen, die schon Bezug auf die TRAS 120 nehmen. Weitere Länder bereiten ähnliches vor. Genauso haben erste Behörden die Regeln als Grundlage in Genehmigungsbescheiden aufgenommen, wie Maciejczyk berichtet.
Die neue TRAS 120 enthält erheblichen Sprengstoff für bestehende Anlagen. Ein Beispiel ist die Vorgabe einer zweischaligen Gasmembran und einer kontinuierlichen Zwischenraum-überwachung (siehe Zusatzinfo). Das bedeutet für viele Biogasanlagen mit einschaligem Gasspeicher, dass diese unter Umständen umgerüstet werden müssen. Ein weiterer Punkt sind die neu definierten Schutzabstände zwischen Behältern. Die TRAS könnte also wie andere, nachträglich erlassene Vorschriften wie z.B. die Störfallverordnung, die Mittelspannungsrichtlinie oder die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) erneut erhebliche Nachrüstungen für die Betreiber verursachen.
hinrich.neumann@topagrar.com
Im folgenden Beitrag stellen wir beispielhaft Lösungen von Anlagen- und Komponentenherstellern vor, mit denen die Firmen die TRAS 120 umsetzen wollen.