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Rechnet sich ein kleinesErdgas-BHKW?

Lesezeit: 6 Minuten

Seit Anfang des Jahres gilt das neue KWK-Gesetz. Wir zeigen, wie sich neue Blockheizkraftwerke rechnen und was die Technik in der Praxis bringt.


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Insgesamt 38000 Euro: So viel Geld hat Reinhold Mersch bis Ende 2014 jährlich für Strom und Heizöl ausgegeben. Der Landwirt hält zusammen mit seinem Sohn Karsten 235 Sauen. Im Jahr benötigt er rund 63000 Kilowattstunden (kWh) Strom sowie etwa 220500 kWh Wärme für seinen Betrieb. Wegen der steigenden Energiekosten hat er sich im August 2015 entschieden, ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Erdgasanschluss zu installieren.


Schon der Umstieg auf eine Erdgastherme wäre in seinem Fall wirtschaftlich gewesen, da er vorher in einer zehn Jahre alten Ölheizung im Stall mit 68 kW und relativ schlechtem Wirkungsgrad im Jahr rund 30000 l Heizöl verbrannt hat. „Aber wir wollten noch einen Schritt weitergehen und unabhängiger werden“, begründet er. Jetzt hat er mehr Planungssicherheit, da er die Erdgaslieferung auf fünf Jahre im Voraus zu einem festen Preis absichern konnte.


Wärme und Strom:

Heute produziert er aus einem Kubikmeter Erdgas nicht nur – wie bei einer Gasbrennwerttherme üblich – 10 kWh Wärme, sondern 6 kWh Wärme und gleichzeitig 3 kWh Strom. Denn ein BHKW hat einen Wirkungsgrad von etwa 30% elektrisch und 70% thermisch. Die Maschine hat zwar 55000 € gekostet. Installation, Erdgasanschluss und Wärmeleitungen haben weitere 15000 € verschlungen. Dennoch geht Mersch davon aus, dass sich das BHKW in fünf bis sechs Jahren bezahlt macht.


Für die Wirtschaftlichkeit sind mehrere Faktoren verantwortlich:


  • Mit dem selbst erzeugten Strom kann er teuren Zukaufstrom ersetzen. Mit einem BHKW mit 20 kW Leistung und einem Gaspreis von 4,6 ct/kWh lässt sich der Strom für ca. 24 ct/kWh erzeugen, zeigen Berechnungen des Ingenieurbüros „KWK kommt“ aus Berlin.
  • Dazu kommt die Einsparung der Heizkosten: Mersch benötigt etwa 24000 l Heizöl weniger im Jahr.
  • Das Gesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Gesetz) bietet sowohl für den ins Netz eingespeisten als auch für den selbst verbrauchten Strom einen Zuschlag. Darüber wird die Strom- und Wärmeerzeugung gefördert. Seit Anfang des Jahres gibt es neue Vergütungssätze (siehe Kasten).
  • Nach dem Mini-KWK-Impulsprogramm (www.mini-kwk-impulsprogramm.de, www.bafa.de) gibt es einen Investitionskostenzuschuss in Höhe von ca. 3000 € für ein BHKW mit 5 kW und 3500 € für eines mit 20 kW. Besonders effiziente BHKW erhalten bei diesem Programm eine Bonuszahlung.


Nachts immer:

Das BHKW von Landwirt Mersch hat knapp 16 kW elektrische und 35,3 kW thermische Leistung. Von November 2015 bis Ende Juli 2016 ist es insgesamt 6100 Stunden gelaufen. Es ist im Winter rund um die Uhr in Betrieb, im Sommer tagsüber auf Halblast (8 kW). Es springt nur dann an, wenn Wärme benötigt wird, es läuft also „wärmegeführt“.


Weil das BHKW im Sommer weniger Strom produziert, nutzt Mersch zusätzlich den Strom seiner Photovoltaikanlage mit 29 kW, die er im Jahr 2012 für den Eigenverbrauch installiert hat.


Die BHKW-Wärme speichert er in einem Pufferspeicher mit 2000 l Volumen. Von dort fließt sie in das Heizungssystem. Als Reserve dient eine Gastherme, die an kalten Tagen zusätzlich zu dem BHKW den Pufferspeicher bzw. das Wärmenetz aufheizen kann.


Der Gasverbrauch liegt im Winter bei 1000 m3 pro Woche. Bei Mersch ist der Wärmeverbrauch höher als üblich, denn er will in der Ferkelproduktion viel mehr Komfort: Den Aufzuchtstall erwärmt er anfangs auf 33°C. Auch die Zentralgänge sind beheizt, damit keine kalte Luft in die Abteile gelangt.


Gleichzeitig produziert Mersch mit seinem BHKW täglich rund 380 kWh Strom. Sein Stromverbrauch am Tag liegt derzeit bei rund 186 kWh. Etwa 107 kWh oder 58% davon liefert das BHKW. „Das ist ein sehr guter Wert“, kommentiert Energieberater Elmar Brügger von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen den Eigenverbrauchsanteil. Den restlichen Strom speist Mersch ins Netz ein und erhält dafür nach dem KWK-Gesetz eine Vergütung von 5,41 ct/kWh sowie den Börsenstrompreis, der zwischen 2 und 4 ct pro kWh schwankt.


„Der Erlös über die Einspeisevergütung ist in diesem Fall niedriger als die Einsparung beim Strombezug. Daher wird dieses BHKW umso wirtschaftlicher, je höher der Eigenstromverbrauch ist“, erklärt Brügger. Hier ist es also richtig, die Größe des BHKW am Wärmebedarf des Betriebes zu orientieren.


Allerdings muss das BHKW ausreichend lange laufen, was vor allem im Sommer schwierig werden kann. „Es sollte mindestens zwei Stunden in Betrieb sein, weil sonst in einigen Fällen der Wartungsvertrag nicht mehr erfüllt wird“, erklärt er. Damit könnten die Hersteller eine Gewährleistung verweigern. Auch kann ohne Wartungsvertrag die Förderung infrage gestellt werden.


Neue Zuschläge:

Mersch erhält noch die „alte“ Vergütung nach dem KWKG aus dem Jahr 2012, da er die Anlage Mitte November 2015 angeschlossen hat. Neue Anlagen ab dem Jahr 2016 erhalten eine andere Vergütung (siehe Kasten). Zudem müssen Eigenstromversorger einen Teil der Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) zahlen. Mit dieser Umlage finanziert der Bund die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Quellen. Die Umlage liegt im Jahr 2016 bei 6,345 ct pro kWh. 2,22 ct davon müssen Photovoltaikanlagen- oder BHKW-Betreiber pro selbst verbrauchter Kilowattstunde bezahlen. „Gerade bei günstigen Gas- und Wärmepreisen macht das die Eigenstromversorgung weniger attraktiv, unter Umständen ist die Netzeinspeisung im Moment wirtschaftlicher“, rechnet Brügger vor.


Wie sich ein BHKW aktuell rechnet, zeigt die Übersicht. Wir haben dabei ein BHKW mit 5,5 und eines mit 20 kW gewählt. Bei beiden BHKW soll die Wärme vollständig verbraucht werden, während ein Teil des Stroms ins öffentliche Netz eingespeist wird.


Die Rechnung zeigt, dass sich das kleinere BHKW mit der höheren Laufleistung etwas besser rechnet. Trotzdem müssten Betreiber in beiden Fällen am Jahresende 1400 bzw. 2400 € draufzahlen. „Dieser Vergleich ist jedoch nur ein fiktives Beispiel. Wichtig ist immer eine individuelle Auslegung für jeden Betrieb, bei der auch die Lastgänge für Wärme und Strom im Jahresverlauf ermittelt werden müssen“, sagt Brügger. Die Kalkulation würde auch sofort positiv werden, sobald der Preis für den zugekauften Strom bzw. der für fossile Energieträger steigt.


Falsch ist es aus seiner Sicht jedoch, wenn man bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung das Erdgas-BHKW gegen die alte Ölheizung rechnet: „Allein der Umstieg auf Erdgas bringt schon eine Senkung der Energiekosten. Daher muss das Erdgas-BHKW immer mit einer Gastherme verglichen werden.“


Auf der anderen Seite könnte sich der Selbstverbrauch künftig weiter verschlechtern: Das Bundesfinanzministerium plant eine Novellierung des Energie- und Stromsteuergesetzes, bei dem der Selbstverbrauch schlechter gestellt werden soll. Hinrich Neumann

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