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Rübe schlägt Mais

Lesezeit: 8 Minuten

Neue Praxisergebnisse aus dem niedersächsischen Emsland zeigen: Energierüben haben sich als Alternative zu Silomais für die Biogaserzeugung etabliert. Welche Stärken der süße Fermenterzusatz gegenüber Mais hat, erläutert Sascha Hermus, 3N Werlte.


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Bei den vielen, zurzeit diskutierten Rohstoffalternativen zu Silomais gehört die Zuckerrübe zu den aussichtsreichsten Kandidaten. Sie ist mittlerweile ökonomisch und verarbeitungstechnisch dem Mais zumindest gleichwertig. Darum nimmt der Anbau kontinuierlich zu.


Die Rübe hat noch Potenzial sowohl bei der Pflanzenzüchtung als auch bei der Verarbeitung. Gerade bei der Schlagkraft für Reinigung und Entsteinung ist noch Luft nach oben.


Rübe hat aufgeholt:

Aber schon heute sind die Stromgestehungskosten pro t eingesetztem Substrat bei der Zuckerrübe niedriger als beim Silomais. Und das mit moderat gerechneten Ernteerträgen von 85 t/ha bei der Rübe. Das zeigen Zahlen aus dem deutsch-niederländischen Projekt „Groen Gas“ (siehe Kasten auf der nächsten Seite).


Die ersten Ergebnisse des Projektes werden nachfolgend vorgestellt. Als Grundlage für die Berechnungen, die die Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Auftrag von 3N vorgenommen hat, dienten reale Praxisdaten.


Bei den folgenden Kalkulationen wird die Wirtschaftlichkeit von drei Verfahren mit Silomais verglichen:


  • Lagerung der Ganzrüben im Fahrsilo,
  • Rübenmus im Erdbecken,
  • Rübenmus im Hochbehälter.


Betrieb 1: Ganzrüben.

Der erste Biogaserzeuger verarbeitet im Jahr ca. 7 500 t Zuckerrüben für die Biogas-erzeugung. Nur zu einem geringen Anteil baut er die Rüben selbst an, das Gros kauft er als stehenden Bestand (also nicht gerodet) zu. Das Roden, das Laden mit einem Überladeband aus einer Feldrandmiete und den Transport der Rüben über durchschnittlich etwa 14 km zur Biogasanlage übernimmt ein Lohnunternehmer per Lkw.


Zur Ernte 2012 hat der Landwirt an diesem Standort erstmals auf Reinigung und Waschen vor der Einsilierung verzichtet und so das Aufkommen an Sickersaft auf knapp 25 % bei vermutlich 8 % Substanzabbau deutlich reduziert. Den Sickersaft pumpt er über ein kleineres Zwischenlager von 10 m3 direkt in die beiden Fermenter.


Die Rüben entnimmt er täglich mit einem Radlader aus dem Silo. Sie werden vor der Einbringung in den Fermenter in einer stationären Anlage bei einer Leistung von bis zu 6 t/h aufbereitet. Die Maschine entfernt zunächst Steine und groben Erdanhang von den silierten Rübenkörpern und reinigt sie dann mit Walzen.


Danach werden sie geschnitzelt und anschließend mittels Förderschnecken in die Fermenter eingebracht.


Betrieb 2: Mus im Erdbecken.

Bei der zweiten Anlage baut der Landwirt die nötige Rübenmenge von ca. 6 500 t auf den betriebseigenen Flächen an. Sie werden im Lohn gerodet und in einem absetzigen Verfahren mit einem Krangreifer aus einer Feldrandmiete über das eigene Reinigungs- und Überladeband auf die ebenfalls betriebseigenen Transportfahrzeuge verladen.


Die Anlieferung erfolgt mit je einem Schlepperzug und einem Auflieger-Lkw des eigenen Lohnunternehmens in ein Zwischenlager neben dem Erdbecken. Die durchschnittliche Transportentfernung beträgt 3 km.


Von dem Zwischenlager werden die Rüben mit einem Krangreifer auf ein gemietetes Reinigungs- und Übergabeband geladen und nach der Fremdkörper- und Erdabscheidung einem gemieteten Rübenmuser mit einer Verar-beitungskapazität von bis 200 t/h zugeführt. Von hier aus gelangt der Rübenbrei direkt in das Erdbecken. Eine Pumpe entnimmt das Substrat je nach täglichem Bedarf und pumpt es durch eine Rohrleitung in den Fermenter.


Betrieb 3: Mus im Hochsilo.

Der dritte Betrieb kauft jährlich ca. 2 100 t Rüben auch als stehenden Bestand zu. Im Oktober, Dezember und Februar werden sie von einem Lohnunternehmen gerodet. Die Übergabe erfolgt vom Roder direkt auf einen angemieteten Siebsternreiniger am Feldrand. Anschließend werden sie sofort auf die angemieteten Schlepperzüge der anbauenden Landwirte verladen. Die Transportentfernung beträgt im Schnitt 3 km.


Aus einem Kurzzeit-Zwischenlager neben dem Lagerbehälter beschickt ein Mitarbeiter per Teleskoplader die gemietete Rübenwäsche, die die gereinigten Rüben dann an einen Muser mit einer Leistung von ca. 65 t/h übergibt. Von dort wird das Rübenmus dann mittels einer Pumpe mit max. 80 t/h in den ca. 1 100 m3 fassenden Edelstahlbehälter (Ligavator) gefüllt. Von dort aus wird eine Rübenbreimenge von ca. 5,5 t/Tag in die Anlage gepumpt.


Die Kosten frei Fermenter:

Welche Kosten pro t eingesetztem Substrat bei diesen drei Verfahren entstehen, zeigt Übersicht 1 auf der nächsten Seite. Hier haben wir bei den Rübenvarianten der Betriebe 1 bis 3 real ermittelte Kosten zugrunde gelegt. Die Kosten der Vergleichsvariante Silomais stammen von den seit Jahren herausgegebenen Deckungsbeitragsberechnungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.


Ergebnis: Die Einkaufskosten sind bei der Ganzrübensilage mit 26,80 €/t am günstigsten, weil Pachtpreise und vergleichende Deckungsbeiträge der Marktfrüchte im Raum Hannover niedriger sind. Allerdings kommen hier noch 13,18 €/t für die Ernte und Anlieferung dazu, weil die Substrate aus einer Entfernung von bis zu 14 km herangefahren werden müssen. Unterm Strich zeigt sich: Mit 47,50 €/t Gesamtkosten sind die Substratkosten für Rübenmus aus dem Erdbecken bei Betrieb 2 am günstigsten, gefolgt von der Ganzrübensilage (48,50 €/t) und dem Rübenmus im Hochsilo. Silomais ist mit 50,77 €/t die teuerste Variante. Trotz einiger Kritik an Erdbecken zeigen aktuelle Untersuchungen im Projekt „Biogasrübe“, dass das Substrat ab einer Tiefe von 15 cm sehr stabil ist. Die oftmals angeführten Verluste von 50 % aus Beobachtungen in eigens angestellten Lagerungsversuchen in Rohren und IBC-Containern sind nicht nachvollziehbar und die Art und Weise, wie die Lagerversuche durchgeführt wurden, ist zweifelhaft. Deshalb wurde für die wirtschaftlichen Berechnungen im Projekt mit einem mittleren Verlust von 14 % gerechnet.


Damit hat die Rübe trotz erhöhter pflanzenbaulicher Anforderungen und gesteigertem Maschineneinsatz in der Verarbeitung einen klaren Vorteil gegenüber Mais.


Günstige Einbringkosten:

Doch nicht nur die Kosten frei Fermenter sind für den Vergleich zwischen Zuckerrüben und Silomais ausschlaggebend. Auch die Kosten für die Einbringung, Reparaturen und den Energiebedarf für die Fütterung sind zu berücksichtigen. Aus diesem Grund haben wir für Betrieb 2 und 3 weitere Berechnungen erstellt. Die Zahlen beziehen sich auf die tatsächlichen Kosten der einzelnen Betriebe. Darum unterscheiden sich auch die Kosten für die Silomais-Varianten (Übersicht 2 und 3). Die absoluten Zahlen sind daher untereinander nicht zu vergleichen, geben aber eine gewisse Tendenz an.


Bei Betrieb 2 mit der Lagerungsvariante Erdbecken wurden die Einbringkosten von Zuckerrübe über Pumpenleitung und Mais über den Feststoffeintrag gegenübergestellt. Nach der Berechnung stehen somit Einbringkosten von 10,89 €/t für den Silomais den Kosten von 2,99 €/t für die Zuckerrübe gegenüber. Wichtigster Unterschied ist hier die Pumptechnik, die weniger Investitionskosten, aber auch geringere Betriebskosten (Arbeitslohn) verursacht als der Feststoffeintrag für den Silomais.


Ebenfalls erhoben wurden diese Einbringkosten für Betrieb 3 mit der Lagerungsvariante Hochsilo. Auch hier schneiden die Zuckerrüben mit 3,95 €/t deutlich günstiger als der Silomais (8,13 €/t) ab. Hier wird auch deutlich: Die Zuckerrübe wirkt sich positiv auf den biologischen Prozess im Fermenter aus. Der Fermenterinhalt wird wegen des höheren Wasseranteils, aber auch wegen der besseren Vergärbarkeit flüssiger und lässt sich besser rühren. Darum reduziert die Zuckerrübe die Kosten gegenüber Silomais um 1,85 €/t.


Kosten je Kilowattstunde:

In Übersicht 4 haben wir jetzt die Strom-produktionskosten (Gestehungskosten) für die drei Rübenlagerungsvarianten im Vergleich zum Silomais in ct/kWh ermittelt. In der Spalte „Kosten“ haben wir die Kosten für Ernte, Aufbereitung, Transport und Einlagerung aus Übersicht 1 und die jeweiligen Kosten für die Einbringung in den Fermenter (Übersicht 2 bzw. 3) aufsummiert.


Die Biogasrüben haben wir nach verschiedenen Quellenangaben mit 23 % Trockensubstanz (TS) mit einem organischen Anteil (oT) von 96 % bewertet. Wir haben 800 l Biogas/kg oT angesetzt. Für den Mais haben wir 32 % TS mit einem oT von 95 % und eine Gas-ausbeute von 650 l Biogas/kg oT angenommen.


Im dem Groen Gas-Projekt hat die Uni Göttingen die Methangehalte der Einsatzsubstrate Mais und Biogasrübe im Labor untersucht. Dabei haben die Wissenschaftler Methangehalte von 51,6 % für Maissilage bzw. 55,8 % für Rübensilage gemessen. Unter Annahme dieser Werte, bei Einbeziehung der Einbringkosten der Substrate und unter Beibehaltung der weiteren Parameter ergeben sich die in Übersicht 4 angegebenen Gestehungskosten in ct pro kWh Strom.


Es wird deutlich: Beide Rübenvarianten sind günstiger als der Silomais. Damit ist die Rübe dem Mais als Biogassubstrat unter den hiesigen Bedingungen im Emsland schon einen Schritt voraus. Um diese Werte zu erreichen, benötigt man sicherlich eine sehr gut funktionierende Prozesskette. Hier gibt es noch Luft nach oben.


Weitere Vorteile der Rübe:

Neben den harten Zahlen gibt es weitere Vorteile für die Rübe:


  • Die Zuckerrübe hinterlässt wenig Stickstoff im Boden,
  • sie hat auf sandigen Böden eine Standzeit auf dem Feld von bis zu elf Monaten,
  • wegen der langen Vegetationszeit kann sie Erosionsschutz bei Niederschlägen und Wind bieten,
  • sie entzerrt die Arbeitsspitzen an Biogasanlagen deutlich,
  • wegen der schnelleren Vergärbarkeit können Substrate wie Stroh, Szarvasi-Gras, Sida und andere alternativen Energiepflanzen leichter ihren Weg in die Fermenter finden.


Es bleibt bei der aktuell angespannten Lage auf dem Biogasmarkt abzuwarten, welche Substrate sich in welchem Rohstoffmix wie behaupten. Zu hoffen bleibt, dass sich der Substratmarkt breiter aufstellen wird und die ökologischen neben den ökonomischen Effekten die Vorzüge der Biogaserzeugung weiter betonen können.

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