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Solar- oder Windstrom für die Biogasanlage?

Lesezeit: 7 Minuten

Biogasanlagen benötigen viel Strom z.B. zum Rühren oder Pumpen. Es kann wirtschaftlicher sein, dafür andere Stromquellen zu verwenden. Hier gibt es mehr oder weniger geeignete Alternativen.


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Biogasanlagen produzieren nicht nur Strom: Sie brauchen ihn auch selbst. Hauptverbraucher sind BHKW, Rührwerke, Substrateintrag oder Pumpen. Je nach Betriebskonzept liegt der Eigenstromanteil bei 8 bis 12%. Das bedeutet bei einer Anlage mit 500 kW Bemessungsleistung bis zu 500000 kWh, die der Betreiber kaufen bzw. selbst produzieren muss.


Überschusseinspeiser nutzen dafür den in der Biogasanlage erzeugten Strom, können dann aber nur 88 bis 92% des Stroms verkaufen. „Ob es sich lohnt, den Strom extern zu erzeugen, hängt vom Grenzpreis ab“, sagt Robert Wagner, Biogasexperte beim Beratungsnetzwerk C.A.R.M.E.N. aus Straubing (Bayern). Ein Beispiel: Eine Anlage mit Gülle- und Nawaro-Bonus aus dem Jahr 2010 erhält bis 500 kW Leistung eine Vergütung von ca. 18,6 ct/kWh. Die Stromlieferungen über 500 kW Bemessungsleistung werden nur noch mit 12,13 ct/kWh vergütet. „Das wäre hier der Grenzpreis. Eine externe Lösung müsste also günstiger sein, damit es sich lohnt“, rechnet Wagner vor. Zu diesen Kosten ist die anteilige EEG-Umlage (40% von rund 6 ct/kWh, also ca. 2,4 ct/kWh) hinzuzurechnen, die Überschusseinspeiser für auf den selbstverbrauchten Strom zahlen müssen.


Höher liegt der Grenzpreis bei einer 75 kW-Güllekleinanlage: Diese erhält bei Inbetriebnahme im Jahr 2021 rund 22 ct/kWh.


Eine alternative Eigenstromversorgung ist also sinnvoll, wenn die Stromerzeugungskosten plus Steuern und Abgaben unter diesen Preisen liegen.


Ganz anders sieht es bei flexiblen Biogasanlagen aus: Wenn diese z.B. doppelt überbaut sind und nur noch 12 statt 24 Stunden am Tag Strom produzieren, kann das BHKW auch nur noch einen Teil des Eigenstroms liefern. In dem Fall müssen Betreiber teuren Netzstrom kaufen oder den Strom mit anderen Anlagen selbst produzieren.


Dazu gibt es folgende Varianten:


  • Solarstrom,
  • Strom aus einer Kleinwindkraftanlage,
  • Strom aus Ü20-Windenergieanlagen,
  • Strom aus Holzgasanlagen.


Solarstrom für 10 ct/kWh


Bezogen auf die Erzeugungskosten ist Solarstrom mittlerweile die mit Abstand günstigste Variante für die Eigenerzeugung. Er lässt sich für ca. 10 ct/kWh in Anlagen unter 30 kW herstellen. Weitere Vorteile:


  • Neue und bestehende Anlagen sind nach dem EEG 2021 bis zu 30 kW Leistung und 30000 kWh Stromerzeugung von der EEG-Umlage befreit. Das macht die Eigenversorgung ab diesem Jahr sehr attraktiv.
  • Die Anlagen können auf Dächern vom BHKW-Raum oder z.B. auf einer Überdachung des Fahrsilos installiert werden.


Betreiber sollten beachten:


  • Eine Biogasanlage mit 500 kW kann mit einer 30 kW-Anlage theoretisch nur 6% des Strombedarfs decken.
  • Nicht immer passen Erzeugung und Verbrauch zusammen, sodass der Anteil in der Praxis niedriger sein dürfte. Den meisten Strom produziert die Solaranlage zudem im Sommer.
  • Einen größeren Teil des Solarstroms kann der Betreiber nutzen, wenn er einen Speicher errichtet. Dieser ist vor allem für die Versorgung nachts nötig. Er verteuert die Kilowattstunde aber schnell um 20 ct und mehr. Ein Speicher kann sich eher lohnen, wenn der Betreiber damit auch ein Notstromkonzept umsetzt.
  • Bei einer größeren Anlage kommt ab 30 kW die anteilige EEG-Umlage (2,4 ct/kWh) dazu. Allerdings ist der Strompreis auch damit immer noch sehr günstig.


Will der Betreiber die EEG-Umlage komplett vermeiden, müsste er für eine größere PV-Anlage ein Inselnetz errichten. „Inselnetz bedeutet, dass es keine Verbindung zum Stromnetz gibt. In dem Fall kann der Betreiber bei Bedarf aber auch keinen Strom aus dem Netz beziehen“, erklärt Solarstromexperte Josef Huber von C.A.R.M.E.N.


Die EEG-Umlage entfällt zudem nur dann, wenn die Solaranlage weder unmittelbar noch mittelbar ans Netz angeschlossen ist. „Die PV-Anlage gilt bereits als ‚mittelbar‘ verbunden, wenn die Verbrauchseinrichtung, also z.B. die mit PV-Strom versorgte Biogasanlage, am Netz ist“, schränkt Rechtsanwalt Dr. Hartwig von Bredow aus Berlin ein. Um einen echten Inselbetrieb sicherzustellen, muss eine Vollversorgung mit dem dezentral erzeugten Strom gewährleistet sein.


Strom aus Kleinwindkraft


Anders als Photovoltaikanlagen produzieren Kleinwindräder unabhängig von der Tageszeit Strom. Zudem ist wegen des höheren Windaufkommens die Stromproduktion im Winter höher. „Ein Kleinwindrad mit 30 kW kommt im Jahr auf 800 bis 1200 Vollbenutzungsstunden“, erklärt Stefan Heins, Kleinwindexperte bei C.A.R.M.E.N. Das wären im Jahr maximal 36000 kWh Stromerzeugung. Auf Markt gibt es auch Anlagen mit 95 oder 250 kW.


Betreiber sollten beachten:


  • Für die Wirtschaftlichkeit ist der Standort entscheidend: Windgeschwindigkeit von mindestens 4 m/s und freie Anströmbarkeit aus der Hauptwindrichtung (ohne Bäume, Hecken usw.) sind wichtige Voraussetzungen.
  • Die Stromgestehungskosten sind – anders als bei Solarstrom – schwer zu pauschalisieren. Sie hängen vom Windstromertrag, aber auch von den Investitionskosten ab. Sie können von 50 ct bis 1,20 €/kWh je nach Standort und Anlagentyp schwanken“, sagt Heins.
  • Wichtig ist auch, dass die Anlage „im räumlichen Zusammenhang“ mit der Biogasanlage steht. Das ist dann entscheidend, wenn z.B. auf einer weiter von der Anlage entfernten Kuppel die Windverhältnisse besser sind. Dabei kann es passieren, dass der Netzbetreiber die Versorgung nicht mehr als Eigenverbrauch anerkennt und die volle EEG-Umlage fällig wird. Ansonsten gilt die Befreiung bis 30 kW wie bei Solarstromanlagen.
  • Kleinwindkraft gilt wegen der jahreszeitlichen Unterschiede als Ergänzung zur Photovoltaik.


Strom von Ü20-Windrädern


Eine Alternative zu einem neuen Kleinwindrad ist die Stromversorgung über eine 20 Jahre alte Windenergieanlage in Betracht, die keine EEG-Förderung mehr erhält. Ist sie technisch noch intakt, kann sie Strom für 4 bis 6 ct/kWh erzeugen. Von einem anderen Beispiel berichtet das Unternehmen Freqcon, das Regelungssysteme für erneuerbare Energiesysteme und Energiespeicherlösungen anbietet: Ein Landwirt betreibt eine Windenergieanlage mit 600 kW Leistung. Die Biogasanlage hat eine Grundlast von ca. 40 kW Leistung für Pumpen, Rührwerke etc. Die Restmenge wird über „Power-to-Heat“ in ein Nahwärmenetz eingespeist. Dabei nutzt der Landwirt den Windstrom, um mit einer Art Tauchsieder warmes Wasser zu erzeugen.


Betreiber sollten beachten:


  • Es ist ungewiss, wie lange die Altanlagen noch betriebsbereit sind und ob es im Schadensfall Ersatzteile gibt. Weitere Herausforderungen:
  • Eine Eigenverbrauchslösung mit reduzierter EEG-Umlage ist nur möglich, wenn das Windrad in der Nähe der Biogasanlage steht und der Strom über eine eigene Leitung, also nicht über das öffentliche Stromnetz, geleitet wird. Darum kommt zu den Stromkosten auch noch der Leitungsbau dazu.
  • Zudem müssen Erzeuger und Verbraucher auch hier identisch sein (siehe Info: „So vermeiden Sie die volle EEG-Umlage“).
  • Wird der Strom dagegen über das öffentliche Netz geleitet, muss der Abnehmer alle Umlagen und Steuern zahlen wie andere Stromverbraucher auch. Das sind rund 15 ct/kWh. Dazu kommen dann die Kosten für den Windstrom. Zudem wird der Betreiber des Windrades zum Stromversorgungsunternehmen und muss dafür viele Auflagen erfüllen.
  • Ein älteres Windrad mit 300 bis 500 kW, wie sie vor 20 Jahren üblich waren, produziert meist mehr Strom, als die Biogasanlage auf einmal verbrauchen kann. „Den Überschussstrom muss der Betreiber ins Netz einspeisen. Dafür muss er zusätzlich einen Vertrag mit einem Direktvermarkter abschließen“, erklärt Windkraftexperte Keywan Pour-Satip von C.A.R.M.E.N.


Strom aus Holzgasanlage


Eine weitere Variante ist die Stromerzeugung mithilfe einer Holzgasanlage. Hersteller wie Spanner oder Hargassner bieten Anlagen ab 20 kW an. Die Anlagen erzeugen mithilfe von Hackschnitzeln Holzgas, das in einem eigenen BHKW zu Strom- und Wärme umgewandelt wird. „Interessant ist es, den Strom nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, kurz KWKG, fördern zu lassen“, sagt Wolfram Schöberl, bei C.A.R.M.E.N. zuständig u.a. für Holzgas. Denn nach dem KWKG gibt es bei Anlagen bis 50 kW eine Vergütung von 16 ct/kWh für den eingespeisten Strom und 8 ct/kWh beim Eigenverbrauch bis zur Obergrenze von 30000 kWh. „Besonders attraktiv ist die Lösung für Betriebe, die ein ausbaufähiges Wärmenetz haben. Denn auch in dem Holzgas-BHKW fällt Wärme an, die sinnvoll verwertet werden muss“, sagt Schöberl.


hinrich.neumann@topagrar.com

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