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Solarstrom speichern: Für wen interessant?

Lesezeit: 9 Minuten

Kaum ein Markt bei den neuen Energien entwickelt sich so rasant wie die Speichertechnik für Solarstromanlagen. Das Interesse ist groß, die Rendite nicht.


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Es macht nur leise „Klack“, als Landwirt Hermann Reichert aus Eufnach bei Wildpoldsried im Allgäu zur Demonstration seinen Betrieb vom öffentlichen Stromnetz trennt. Die Hauptsicherung ist raus – und trotzdem brummt die Melkmaschine nebenan ohne Unterbrechung weiter. Die Notstromfunktion seiner Photovoltaikanlage funktioniert. Möglich ist das durch eine Batterie, in der Reichert seinen Solarstrom tagsüber speichert.


Bei der Anschaffung Ende des Jahres 2011 war für ihn die sehr niedrige Einspeisevergütung für Solarstrom ausschlaggebend. Er besitzt heute mehrere Anlagen mit zusammen 280 kW. Die jüngste mit 100 kW stammt aus dem Jahr 2012, für die er rund 17 Cent je Kilowattstunde (kWh) vom Energieversorger bekommt. Dagegen muss er für Strom, den er einkauft, 26 ct/kWh bezahlen. Und das ohne Grundgebühr und Zählermiete – Grund genug, den Solarstrom besser selbst zu verbrauchen.


Markt für Speicher wächst.

Er ist kein Einzelfall. Wie eine top agrar-Umfrage unter mehr als 40 Herstellern von Batterien und Systemanbietern zeigt, wurden im Jahr 2012 mindestens 2 000 Solarbatterien verkauft. Allein Marktführer Prosol hat rund 1 000 Systeme im Markt. Bosch Power Tec erwartet für 2013 vierstellige Verkaufszahlen.


Im Moment wollen vor allem Privathaushalte mit einem Solarspeicher die Stromrechnung senken. Mit einem Speicher können sie rund 70 % des Solarstroms selbst nutzen, nur 30 % wird ins öffentliche Netz eingespeist. „Aber auch für kleine bis mittlere Gewerbebetriebe ist das Thema interessant, weil sie zum einen die entsprechenden Dachflächen haben und den Strom tagsüber benötigen“, berichtet Stephanie Poetter, Produktmanagerin Eigenverbrauch bei Donauer Solartechnik.


Dazu gehören auch immer mehr die Landwirte. Die Motivation für sie ist genauso wie bei Privathaushalten: Mit eigener Solaranlage plus Speicher ist der Strompreis über zehn bis fünfzehn Jahre konstant und kalkulierbar.


Mit Notstromfunktion:

„Speichersysteme können technisch so ausgerüstet werden, dass sie auch Notstromfunktion übernehmen können“, erklärt Karl Nestmeier. Mit zusätzlichem Technologieaufwand ist auch eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) möglich, bei der die Steuerung beim Netzausfall in Millisekunden auf die Batterie umschaltet.


Sehr häufig werden die Speicher heute zusammen mit neuen Anlagen verbaut. „Wir haben etwa 30 % der Systeme bei bestehenden Solaranlagen nachgerüstet“, erläutert Prosol-Geschäftsführer Torsten Stiefenhofer die Marktlage. Interessant ist eine Nachrüstung für Anlagen, die zwischen 2009 und 2011 ans Netz gegangen sind. Denn sie erhalten noch einen Bonus für den Eigenverbrauch. Bei älteren Anlagen ist die Einspeisevergütung im Vergleich zum Bezugsstrompreis derzeit noch so hoch, dass sich das Speichern nicht lohnt.


Kleine Systeme dominieren:

Solarbatterien unterscheiden sich in ihrer Speicherkapazität. Diese wird in Kilowattstunden angegeben. Eine typische Batterie, wie sie derzeit für den Privathaushalt angeboten wird, hat eine Speicherkapazität von 5 kWh. Das bedeutet: Pro Ladezyklus (in der Regel einmal am Tag) kann die Batterie 5 kWh Leistung abgeben. Ein Einfamilienhaus mit einem jährlichen Verbrauch von 3 500 bis 5 000 kWh verbraucht am Tag im Schnitt 12 kWh. „Mit 5 bis 6 kWh kann man also gut über den Abend kommen“, kalkuliert Stephanie Poetter.


Einige Anbieter haben auch größere Systeme im Programm. Landwirt Reichert hat beispielsweise eine Batterie mit 20,5 kWh Speicherkapazität und 12 kW Spitzenleistung. „Ich habe die Batterie nach dem Strombedarf im Betrieb ausgelegt. Das Wohnhaus hat im Vergleich dazu nur einen sehr geringen Stromverbrauch“, erläutert er.


Die Batterie ist dreiphasig, damit er auch Geräte mit Drehstrommotor betreiben kann. Neben der Melkmaschine und der Milchkühlung mit zusammen 8 kW Leistung gehört auch der Hubkran für die Heuentnahme mit 5 kW zu den Maschinen, die er mit Strom aus dem Speicher antreibt. „Ich schalte die Geräte so ein, dass ich in der Dauerleistung nicht über 10 kW komme“, erklärt er.


Ein weiteres Qualitätsmerkmal für Solarbatterien ist die Zahl der möglichen Ladezyklen. Als Zyklus wird eine Ladung und anschließende Entladung bezeichnet. Batterien mit einer hohen Zyklusfestigkeit können viele tausendmal be- und entladen werden, ohne dass die Leistung nachlässt. Pro Jahr sind 200 bis 250 Zyklen üblich, da im Winterhalbjahr nicht jeden Tag geladen werden kann.


Reicherts Batterie kam im ersten Jahr sogar auf 270 Ladezyklen. Denn er hat in Zeiten mit wenig Solarstromproduktion billigen Nachtstrom zum Laden der Batterie benutzt. „Ich zahle dafür 17 Cent, also etwa das Niveau, zu dem auch die Solaranlage produziert“, rechnet er vor.


Ab 1 000 € je kWh:

Bei den Speichersystemen muss man heute Kosten von 600 bis 3 000 €/kWh einkalkulieren. Der Preis hängt unter anderem davon ab, ob ein Blei- oder Lithium-Ionen-Akku verwendet wird. Das Beispiel eines Komplettsystemanbieters, der beide Systeme im Programm hat, zeigt die Bandbreite: Ein Speichersystem mit Bleigelbatterie inklusive Wechselrich-ter und einer Speicherkapazität von 6,8 kWh kostet rund 7 000 €. Die Zyklenzahl ist vom Hersteller mit 2 700 angegeben, was einer Lebensdauer von zehn Jahren entspricht.


Der etwa gleich große Lithium-Ionen-Speicher mit 6,3 kWh kostet inklusive Wechselrichter dagegen 12 000 €. Allerdings liegt die Zyklenzahl hier bei 5 000, sodass die Batterie etwa 15 Jahre ihren Dienst tun dürfte. „Aussagekräftig ist am Ende aber nicht der Anschaffungspreis, sondern der Preis pro gespeicherte Kilowattstunde“, heißt es in dem „Leitfaden Solarstromspeicher“ des Solaranlagen-Portals (www.solaranlagen-portal.com).


Und der Preis hängt von vielen Faktoren ab. „Bei einer optimierten Speicherauslegung und bei größeren Anlagen mit Lithium-Ionen-Speicher kann der Preis für die Speicherung einer Kilowattstunde rund 10 Cent betragen“, kalkuliert Karl Nestmeier, Marketingleiter des Batterieherstellers ECC Repenning aus Geesthacht. Bei kleinen Anlagen können die Kosten dagegen auf 30 Cent je kWh ansteigen. Dazu kommen dann die Herstellungskosten für den Solarstrom. Hier könnte man zwar die tatsächlichen Kosten ansetzen, aber das wäre in gewisser Hinsicht nur die halbe Wahrheit. Denn theoretisch könnten Sie den Strom auch einspeisen, wofür Sie eine EEG-Vergütung erhalten. Da ihnen diese beim Speichern und Selbstverbrauch entgeht, müssen sie diese als „entgangene“ Kosten ansetzen. Würde man also 17 ct/kWh als Einspeisevergütung erhalten, muss man heute grob Kosten von rund 27 bis 47 ct/kWh für die Kilowattstunde aus dem Speicher kalkulieren.


Nur geringe Einsparungen:

Viele machen den Fehler und kalkulieren den gesamten Strompreis als Einsparung. „Aber die Photovoltaikanlage muss ja auch bezahlt werden. Daher darf man nur die Differenz zwischen Solarstrom-Herstellungskosten und dem Bezugspreis ansetzen“, macht Energieberater Peter Schünemann-Plag von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen aufmerksam. Hierzu eine grobe Überschlagsrechnung: Wenn ein Haushalt im Jahr rund 3 500 kWh Strom verbraucht und er mit dem Speicher den Eigenverbrauchsanteil von 30 % auf 70 % erhöht, muss er also 40 % weniger Strom einkaufen. 40 % von 3 500 kWh sind 1 400 kWh. Geht man von 8 Cent Differenz zwischen der Einspeisever-gütung und dem Bezugsstrompreis aus (17 Cent zu 25 Cent), würde der Haushalt also nur rund 100 € im Jahr sparen.


Rechnet man Unterhalt, Abschreibung und Zinsen ein, würde sich ein Speicher mit Investitionskosten von 3 000 €/kWh Speicherkapazität selbst bei einer Lebensdauer von 20 Jahren bei diesen geringen Einsparungen nicht rechnen.


Auch andere Kalkulationen zeigen eine sehr geringe Rendite oder sehr lange Amortisationszeiten von 17 bis 20 Jahren für den Speicher. „Hohe Renditeversprechen sind unseriös, viele Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden auf dem Prinzip der Hoffnung gemacht“, bestätigt Nestmeier (ECC Repenning).


Zusatzoptionen wichtig:

Bezüglich Stromeinsparung ist ein Speicher also momentan noch ein Liebhaberstück. Doch künftig ist mit steigenden Strompreisen zu rechnen. Außerdem sollen die Speicher ab Mai staatlich gefördert werden (siehe Kasten). Und auch der Preis für die Speichersysteme wird fallen, wenn die Verkaufszahlen steigen, erwartet das Marktforschungsunternehmen Frost & Sullivan in einer Studie zu Lithium-Ionen-Batterien.


Auch arbeiten mehrere Forschungsprojekte mit Hochdruck an neuen Lösungen, wie z. B. im Projekt „HeiPhoSS“. Hierbei wollen der Batteriehersteller Akasol, der Modulhersteller Sunways und das Fraunhofer ISE bis zum Jahr 2014 einen hocheffizienten Speicher für Solarstromanlagen entwickeln.


Wer heute über die Anschaffung eines Solarspeichers nachdenkt, sollte also bei der Kaufentscheidung Folgendes bedenken:


  • Bietet das System Notstromfunktion?
  • Welche Vorteile ergeben sich daraus, z. B. bei der Lüftung im Schweinestall, bei der Milchkühlung oder Melkmaschine und anderen wichtigen Verbrauchern im Betrieb?
  • Lassen sich mit einem Speicher Abschaltungen des Energieversorgers im Rahmen des Einspeisemanagements umgehen?
  • Ist eine Überwachung von Stromverbrauch und Produktion der Photovoltaikanlage gewünscht? Bei einem Speichersystem ist dieses automatisch enthalten.


Auch Landwirt Reichert hat sich weitere Vorteile mit dem Batteriespeicher erschlossen. Mit dem Speicher nutzt er heute 90 % seines Solarstroms im Betrieb selbst. Aber gerade im Sommer produziert seine Photovoltaikanlage deutlich mehr Strom als er im Betrieb verbrauchen kann – vor allem mittags.


Daher schaltet er mittags möglichst viele Verbraucher ein wie z. B. das Ladegerät seines Elektro-Gabelstaplers. Den Stapler nutzt er als Maschine für alle möglichen Transportarbeiten. Auch der Mistschieber läuft elektrisch und wird bevorzugt mittags eingeschaltet. Oder er kühlt die Milch statt wie sonst üblich nicht auf 5 Grad, sondern auf 2 Grad herunter. „Künftig will ich Abschaltungen vom Energieversorger beim Einspeisemanagement vermeiden, indem ich die Batterie erst ab 11 Uhr lade“, plant er. Dann kann er möglichst viel Solarstrom, den er nicht sofort verbrauchen kann, in der Batterie speichern und Einspeisespitzen vermeiden. Ob der Energieversorger das honoriert, muss sich noch zeigen.


Aber der Hauptnutzen der Batterie ist für ihn mittlerweile die Notstromfunktion. „Wir haben hier im Jahr mindestens zweimal mehrstündige Stromausfälle. Dazu kommen rund fünf Abschaltungen des Energieversorgers aus verschiedenen Gründen dazu“, berichtet er. So ein Stromausfall kann schnell zwei bis drei Stunden dauern. Passiert er morgens oder abends, steht nicht nur die Melkmaschine. Auch die Milchkühlung, die Fütterung oder die Wasserversorgung über die Brunnenpumpe fallen aus. „Da Notstromaggregate auch nicht immer sehr zuverlässig sind und ich Sonnenstrom im Überschuss produziere, habe ich mich für diese Variante entschieden“, erklärt Reichert. Die Batterie überbrückt diese zwei Stunden problemlos. Sein Fazit: „Insgesamt bin ich mit der Anschaffung der Batterie sehr zufrieden. Damit konnte ich meine betrieblichen Stromkosten um rund 75% reduzieren.“Hinrich Neumann

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