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Strom lässt Zellen platzen

Lesezeit: 6 Minuten

Mit Ultraschall und Hochspannung sollen sich Energiepflanzen für die Biogasanlage besser aufschließen lassen. Wir haben zwei Praktiker nach ihren Erfahrungen befragt.


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Heribert Kolhoff gibt sich so schnell nicht zufrieden. Der Landwirt aus Goldenstedt bei Vechta (Niedersachsen) betreibt seit 2007 eine Biogasanlage mit 500 Kilowatt (kW) elektrischer Leistung. „Ich bin immer daran interessiert, die Anlage zu optimieren und effektiver zu fahren“, erklärt er. Als Substrat setzt er Schweine- und Rindergülle sowie Mais ein – Substrate, die sich in der Anlage gut vergären lassen. „Dennoch hat mich das Angebot der Firma Vogelsang gereizt, eine Substrataufbereitung probeweise einzusetzen“, berichtet er. Der BioCrack, der mit Hochspannung arbeitet (siehe Kasten), soll bis zu 18 % mehr Gas produzieren bzw. bei gleicher Strommenge Substrat einsparen. Um sicherzugehen, ob das Verfahren einen Effekt bringt, konnte er es für vier Monate mieten und danach wieder zurückgeben. Bei einem eventuellen Kauf würde der Mietpreis auf den Kaufpreis angerechnet.


Mais eingespart:

Der BioCrack mit einem Rohrdurchmesser von 150 mm (DN 150) wurde in die Substratleitung hinter dem Feststoffeintrag eingebaut. Die gesamte zugeführte Menge wird darin behandelt. „Schon nach drei Monaten haben wir festgestellt, dass wir 1,5 bis 2 t Mais pro Tag einsparen konnten“, berichtet er.


Doch nicht nur das: Das Gerät reduzierte die Viskosität im Fermenter, das Substrat wurde dünnflüssiger. Festgestellt hat Kolhoff das nicht nur an den fehlenden Schwimmschichten im Gärrestlager. „Der Lohnunternehmer kann den Gärrest abpumpen, ohne aufrühren zu müssen“, so der Landwirt. Außerdem haben sich seine Stromkosten um etwa 1000 € im Monat auf 4000 € reduziert – und das, obwohl auch der BioCrack zusätzlich Strom benötigt. Grund: Die Rührwerke müssen nicht mehr so häufig arbeiten.


Der BioCrack auf Kolhoffs Anlage besteht aus drei Modulen. Dazu kommt eine Zerkleinerungseinheit. Diese soll nicht nur faseriges Material zerkleinern, das den BioCrack verstopfen könnte, sondern auch Fremdkörper abscheiden. „Wir wissen, dass schon die Zerkleinerung auf einigen Anlagen für mehr Gas sorgt. Der BioCrack bewirkt eine zusätzliche Steigerung“, beschreibt Carsten Wenner, Biogas-Experte bei Vogelsang. Im Falle von Landwirt Kolhoff war der Mazerator schon vorhanden, die Wirkung ist also allein auf den BioCrack zurückzuführen.


Die drei Module des BioCrack haben bei Kolhoff einschließlich Einbau 45000€ gekostet. Die Wartungskosten sind gering, verspricht der Hersteller.


Dagegen stehen Einsparungen bei Substrat und Strom von über 30000 € im Jahr. „Damit hoffe ich, dass sich die Substrataufbereitung in zwei bis drei Jahren amortisiert hat“, kalkuliert der Landwirt.


Drei Monate testen:

Anderen Berufskollegen rät er, die Wirkung der Aufbereitung mindestens drei Monate zu testen und mit Laboruntersuchungen zu begleiten. Auch sollte die Substrataufbereitung bei der gleichen Substratqualität getestet werden. Denn auch der Wechsel auf eine Partie Maissilage im Fahrsilo mit besserer Qualität kann dazu führen, dass man bei gleicher Biogasmenge am Tag 1 bis 2 t weniger füttern muss, hat Kolhoff festgestellt. „Genauso kann es passieren, dass bei sinkender Viskosität im Fermen-ter plötzlich Totzonen im Behälter aufgerührt werden. Auch das kann kurzfristig zu mehr Gas führen“, ergänzt Wenner. Den gleichen Effekt kann die Zugabe von Zuckerrüben haben. Daher rät auch er, das Verfahren mindestens drei Monate lang zu testen. Land-wirt Kolhoff will jetzt außerdem noch ausprobieren, ob die Zugabe von En-zymen weitere Effekte bringt. Diese müssten allerdings schon sehr deutlich sein, da er hierfür im Jahr 12000 € bezahlt.


Aufschluss mit Ultraschall:

Hartwig Koop aus Haren (Emsland, Niedersachsen) hatte im Jahr 2014 ein Problem: Seine Substratkosten waren extrem angestiegen. „Es war schwer für mich, noch wirtschaftlich Biogas zu erzeugen“, blickt er zurück. Aus diesem Grund nahm er das Angebot des Ingenieurbüros Encon21 gern an, ein Ultraschallgerät zur Substrataufbereitung zu installieren. Encon21 ist Vertriebspartner des Herstellers Ultrawaves aus Hamburg. Der von ihnen entwickelte Biosonator schließt das Substrat per Ultraschall auf (siehe Kasten). „Ich wollte Substratkosten einsparen“, nennt Koop die Motivation für den Kauf.


Seine Anlage hat 590 kW Leistung. Als Substrat setzt er vorwiegend Mais, aber auch Grünroggen, CCM, Pferdemist und Schweinegülle ein. Um die Viskosität im Fermenter zu senken und das Substrat fließfähiger zu machen, hat er bislang je nach Jahreszeit zusätzlich 2 bis 8 t Zuckerrüben am Tag eingesetzt. „Aber sie sind mit 35 €/t viel zu teuer, als dass sich das für mich lohnen würde“, beklagt der Landwirt.


Der Biosonator kostet jedoch 120000 €. Um zu prüfen, ob sich die Ausgabe lohnt, hat der Hersteller Substrat aus Koops Anlage im Labor untersucht und festgestellt, dass Substrateinsparungen von mindestens 10% möglich sein könnten.


Im Juli 2015 wurde ein 10-Fuß-Container mit der vorinstallierten Anlage aufgebaut. Koop nutzt zur Behandlung Substrat aus dem Nachgärer, das beschallt und anschließend in den Fermenter gepumpt wird. Dazu mussten jeweils zwei Kernbohrungen an Fermenter und Nachgärer vorgenommen werden. „Das war bei gefülltem Behälter möglich und ging sehr schnell“, erklärt der Landwirt.


Pro Minute fließt ein Teilstrom von 21 l (30 m3 pro Tag) durch den Biosonator. „Es reicht aus, nur einen Teil des eingebrachten Substrats zu beschallen“, erklärt Georg Schätzl von Encon21. Denn der Ultraschall schädigt auch die Mikroorganismen. Bevor das flüssige Substrat aus dem Nachgärer in die Ultraschalleinheit gelangt, muss es erst durch einen Mazerator, der Fasern zerkleinert und Störstoffe wie Sand oder Steine absondert.


Erste Erfahrungen:

Messungen ergaben, dass nach etwa sechs Monaten die Viskosität im Fermenter um 52% und im Nachgärer um 16% gesunken war. Koop konnte bei gleicher Gasausbeute tatsächlich 10% des Substrats einsparen und damit fast 11% der Substratkosten. Das sind in seinem Fall rund 44000 € im Jahr. „Denn ich konnte auf die teure Zuckerrübe, aber auch auf CCM verzichten“, erklärt er. Der Methangehalt erhöhte sich um 2%, die Motoren laufen ruhiger und produzieren rund 87000 kWh mehr Strom im Jahr. Damit nimmt er 10400 € mehr ein. „Wenn ich weniger Substrat einsetze, habe ich ja auch 10% weniger Gärrest, den ich ausbringen oder abliefern muss“, nennt er einen weiteren Vorteil. Dadurch spart er im Jahr weitere 3000 € ein.


Gegen diese Einsparungen bzw. Mehrerlös von zusammen etwa 57000€ stehen Stromkosten für den Biosonator von 7400 €. Dazu kommen 4000 € Ersatzteil- und Instandsetzungskosten sowie 1800 € Zinskosten für die Anlage (10 Jahre Abschreibung bei 1,5% Zinsen) pro Jahr, also zusammen Kosten von ca. 13200 €. Pro Jahr sorgt der Biosonator unterm Strich für Einsparungen von 44000 €. Koop hält dadurch eine Amortisationszeit von ca. drei Jahren für möglich. Hinrich Neumann

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