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Vom Gärrest zum Dünger

Lesezeit: 7 Minuten

Die Firmen Regenis und Terrawater haben Verfahren entwickelt, um aus Gärrest marktreifen Dünger zu produzieren. Wir haben uns die Technik in der Praxis angesehen.


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Genau wie Tierhalter haben auch Biogasanlagenbetreiber in Veredelungsregionen das Problem, dass der Gärrest nur selten komplett auf eigenen Flächen ausgebracht werden kann. Gleichzeitig wünschen sich Ackerbauern lager- und streufähigen Wirtschaftsdünger als Ersatz für teuren Mineraldünger. Was liegt da näher, als aus den Gärresten einen marktfähigen Dünger zu produzieren? Allerdings reicht es nicht, den Gärrest nur zu separieren oder zu trocknen. Der Dünger muss vielmehr genau definierten Vorgaben entsprechen.


Zwei neue Ansätze gibt es dazu in der Praxis:


  • Die Düngerproduktion von REW Regenis, einer Kombination aus Separator, Verdampfungstrockner und einer optionalen ASL-Produktion,
  • das Verfahren von Terrawater mit belüftetem Festbettreaktor, Mikrofilter, Ammoniumstrippung zur ASL-Produktion und Salzproduktion.


Separator und Trockner


Bei der Düngerproduktionsanlage von REW Regenis aus Quakenbrück wird der Gärrest aus der Biogasanlage zunächst mit dem Pressschneckenseparator Regenis GE entwässert. Bei diesem „ziehenden“ Separator wird das Material nicht wie sonst üblich von der Pressschnecke gegen ein Sieb gedrückt, sondern durch das Sieb gezogen. Dieses Verfahren mindert den Verschleiß aufgrund reduzierter Druckkräfte und benötigt nur rund 0,5 kWh Strom. Aus 1,5 m³ Gärrest erzeugt der Separator je nach Trockensubstanzgehalt und Zusammensetzung des Inputs sowie je nach Einstellung des Separators (Vordruck, Drehzahl, Sieb usw. ) 200 bis 300 kg Feststoff.


Der Feststoff gelangt in den Verdampfungstrockner „Regenis GT“. Trommel und Gehäuse sind doppelwandig. Die Rauchgase aus dem BHKW strömen in die äußere Hülle sowie in dem Kern der 6 m langen Trocknungstrommel, in dem die Welle untergebracht ist. Der zu trocknende Gärrest befindet sich zwischen diesen beiden Wärmeschichten. Der Vorteil: Das Trocknungsgut kommt nicht direkt mit den Rauchgasen in Berührung. Anders als bei Heißlufttrocknern sind auch keine Ventilatoren nötig, die die warme Trocknungsluft über das Trockengut blasen. Das spart Betriebskosten und es entstehen keine staubhaltigen Abgase, die anschließend aufwendig gereinigt werden müssten. „Außerdem kann der Anlagenbetreiber die Wärme aus dem Kühlkreislauf des BHKW für andere Anwendungen nutzen“, erklärt Regenis-Geschäftsführer Dr. Dieter Schillingmann. Bei einer Biogasanlage mit 500 kW (elektrisch) stehen rund 250 kW Warmwasser und etwa 250 kW Wärme aus dem Rauchgas zur Verfügung. Von den 250 kW lassen sich nach der Düngerproduktion bis zu 125 kW zurückgewinnen.


Hygienisierter Gärrest


Die Trommel des Trockners dreht sich sehr langsam. Den Stromverbrauch gibt der Hersteller auch mit nur rund 0,5 kW pro Stunde an. Da der Gärrest ca. 1,3 Stunden bei ca. 100 °C getrocknet wird, findet eine Hygienisierung statt, die sich Regenis jetzt amtlich bestätigen lassen konnte. „Das ist für Tierhaltungsbetriebe wichtig, die das Material annehmen“, sagt Schillingmann.


Der getrocknete Gärrest kann als Einstreu, Torfersatz oder Dünger verwendet werden, ggf. mit einer nachgeschalteten Pelletierung.


Die Rauchgase verlassen den Trockner durch den Schornstein. Der bei der Trocknung entstehende Wasserdampf strömt seitlich in einen Brüdenwäscher zur Reinigung ab. Wenn der Dampf nicht weiter aufbereitet wird, kann das entstehende Ammoniumwasser zusammen mit dem Filtrat aus dem Separator im Endlager gelagert werden.


Neuer Verdampfungsreaktor


Während der Separator und der Trockner schon länger existieren, hat Regenis als neue Einheit einen weiteren Verdampfungsreaktor entwickelt. In diesem wird der Dampf aus dem Trockner zusammen mit der Flüssigphase nach der Separation (Filtrat) behandelt. Der Verdampfungsreaktor wird dem Trockner nachgeschaltet. Dort werden die Rauchgase genutzt. „Die Stickstoffproduktion sowie die Reduzierung von Stickstoff innerhalb der betriebseigenen Düngerbilanz sind entscheidend für Betriebe, die heute schon einen N-Überschuss haben und die Flüssigphase nicht auf eigenen Flächen ausbringen können“, sagt Schillingmann.


Das einfachste Produkt, das bei der Desorbtion und Verdampfung entsteht, ist Ammoniumsulfatlösung (ASL). „Neben Schwefelsäure kann der Anlagenbetreiber zur gezielten Düngerproduktion aber auch andere Abfallsäuren oder z.B. Phosphorsäure verwenden“, stellt Schillingmann in Aussicht. Seiner Meinung nach sei wichtig, dass am Ende kein Zufallsprodukt entstehe, sondern ein zertifizierter Dünger, der im Rahmen der Hoftorbilanz bzw. dem Düngervertrieb wirtschaftlich sinnvoll sei.


Fokus auf die Flüssigphase


Bei dem Verfahren der Firma Terrawater wird dem Gärrest klares Wasser entzogen. „Dabei können wir so weit gehen, bis am Ende ein Salz übrig bleibt“, erklärt Geschäftsführer Nicolas Heyn.


Auch Terrawater trennt den Gärrest zunächst per Pressschneckenseparator in eine feste und eine flüssige Phase, konzentriert sich aber im Folgenden auf das flüssige, stickstoffhaltige Filtrat. „Der separierte Feststoff enthält nur wenig Stickstoff, weshalb er meist vor Ort per Miststreuer ausgebracht werden kann“, sagt Heyn.


Die flüssige Phase wird in einen senkrecht stehenden Mikrofilter geleitet. Die Maschenweite ist 50 µm, um die nicht gelösten organischen Bestandteile fast vollständig abzutrennen. Der zurückbleibende Dickschlamm lässt sich auch vor Ort ausbringen oder als Rezirkulat in die Biogasanlage pumpen. Die Anlage ist so aufgebaut, dass die ungefilterte Flüssigkeit, das Filtrat nach der Siebbehandlung und der Dickschlamm getrennt gelagert oder beliebig vermischt werden können.


Die gefilterte Flüssigkeit wird in der „TerraOrganic HEF“ weiterbehandelt. Dabei kombiniert Terrawater Verdunstung und Kondensation. Zunächst wird das Filtrat im Kondensator vorgewärmt und im externen Wärmetauscher auf maximal 85°C erhitzt. Durch die Rohre des Wärmetauschers, durch die das Filtrat fließt, werden regelmäßig Reinigungskugeln aus Naturkautschuk geschickt, um Ablagerungen an den Wänden zu entfernen. Neben den Wärmetauscherrohren sind auch alle anderen Teile, die mit Gärrest in Berührung kommen, aus Kunststoff gefertigt.


Heißes Filtrat wird verregnet


Das heiße Filtrat wird im „Befeuchter“ verregnet und im Gegenstrom von kälterer Außenluft durchströmt. Dabei wird die Luft erwärmt und befeuchtet. Die stark befeuchtete Luft strömt in die Ammoniumstrippung, wo der flüchtige Stickstoff durch Zugabe von Schwefelsäure ausgewaschen wird. Dabei entsteht Ammoniumsulfat-Lösung (ASL) mit einem N-Gehalt von etwa 8 %.


Die feuchte Luft aus dem ASL-Stripper gelangt in den Kondensatorraum, wo sie an den Rohren mit dem kühleren Filtrat abkühlt und dabei kondensiert. Gleichzeitig dient die entstehende Kondensationswärme dazu, das Filtrat in den Rohren vorzuwärmen. Die Rückgewinnung der Wärme soll die Effizienz der Anlage erhöhen.


Das Kondensat lässt sich verregnen oder einleiten. In einem optionalen Bioreaktor kann das Wasser weiter aufbereitet werden. Bei dem Prozess durchläuft die Flüssigkeit vier Festbettreaktoren, bei denen Bakterien die restlichen organischen Bestandteile abbauen. Diese Aufbereitungseinheit ist auch zum Reinigen von belastetem Oberflächenwasser geeignet.


ASL ist nur Zwischenschritt


Auch wenn ASL ein handelsfähiger Dünger ist, sieht Heyn die Produktion nur als Zwischenschritt: „Das Produkt ist aktuell so gut wie wertlos. ASL fällt bei jedem Trockner oder bei jeder Abluftreinigung in den Ställen an.“ Eine höhere Wertschöpfung ist die Produktion von Salz, deren Technik aus der Meerwasserentsalzung stammt. Dabei wird dem ASL das Wasser entzogen, bis ein Salz in Form von schwefelsaurem Ammoniak (kurz: SSA) übrig bleibt. Die „TerraSaline S mit TerraGranulator kann aus 3 m³ ASL pro Tag bis zu 1,3 t SSA produzieren – ein weißer, schütt- und transportfähiger Mineraldünger, der sich mit herkömmlichen Düngerstreuern ausbringen lässt. „Aktuell liegt der Marktpreis für SSA bei 240 €/t. Außerdem spart man bei dieser Technik einen größeren ASL-Tank ein“, sagt Heyn. Nötig ist nur ein Pufferspeicher von 25 m³. Er geht davon aus, dass sich die Anlage in etwa zwei bis drei Jahren bezahlt macht.


Für einen wirtschaftlichen Betrieb sind mindestens 2 m³ ASL pro Tag nötig. Falls diese Menge auf der Biogasanlage nicht anfällt, könnten sich mehrere Betreiber zusammenschließen, um gemeinsam SSA zu produzieren. Ebenso könnte die Biogasanlage ASL aus Abluftfiltern von Tierställen verarbeiten.


hinrich.neumann@topagrar.com

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