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Wärme für den Sauenstall

Lesezeit: 5 Minuten

Johann Huber aus Altdorf (Bayern) nutzt eine Holzvergaser-Anlage, um Strom und Wärme aus Restholz zu produzieren. Damit hat er eine günstige Wärmequelle für Abferkelstall und Flat Deck.


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Wir stehen vor einem großen Haufen mit Sträuchern und Ästen. „Das ist unser Brennmaterial für die nächsten Monate“, erläutert Landwirt Johann Huber aus Altdorf (Niederbayern). Der Schweinehalter hat 100 Muttersauen mit Ferkel und 600 Mastschweine im geschlossenen System. Das Holz nutzt er, um damit den Abferkelstall und das Flat Deck zu heizen. Zudem verkauft er Wärme an drei Einfamilienhäuser sowie ein Wirtshaus mit 30 Gästezimmern.


Huber heizt aber nicht über eine klassische Hackschnitzelheizung, sondern mit einer Holzgas-Anlage. Diese betreibt er seit dem Jahr 2012. Sie besteht aus zwei Teilen: Einem Holzvergaser (siehe Zusatzinfo „So funktioniert eine Holzgasanlage“) und einem Blockheizkraftwerk (BHKW), in dem das Gas verbrannt wird.


Das BHKW hat eine Leistung von 30 kW elektrisch und ca. 60 kW thermisch. „Bis 2012 haben wir mit einer Hackschnitzelheizung mit 150 kW Wärmeleistung geheizt, aber sie hat an kalten Tagen nicht mehr ausgereicht“, sagt er. Denn er hat nachträglich noch ein Wirtshaus mit 30 Betten sowie drei Wohnhäuser an das Nahwärmenetz angeschlossen.


Holzkessel für kalte Tage


Der Kessel existiert aber noch und dient als Zusatzheizung für sehr kalte Tage. Denn ab minus 5 Grad Außentemperatur wird die Wärme aus dem BHKW knapp.


Huber hat sich für die Holzgasanlage entschieden, weil er neben der Wärme auch Strom produziert. Diesen speist er ins öffentliche Stromnetz ein und bekommt dafür eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz von rund 22 ct/kWh. Im Jahr kommt das BHKW auf rund 8600 Volllaststunden, das bedeutet: Huber produziert jährlich rund 260000 kWh.


Das Besondere an der Anlage ist die Brennstoffbehandlung. Denn Holzvergaser benötigen erstklassige, sehr trockene Hackschnitzel unter 10% Restfeuchte mit wenig Feinanteil. Ansonsten besteht die Gefahr der Schlackebildung, die die Vergasungseinheit beschädigen kann.


Huber setzt mit dem dünnen Restholz Material ein, das wegen des hohen Rindenanteils eher ungünstig ist. „Wir haben zwar selbst 10 ha Wald, aber der jährliche Einschlag würde höchstens 30% des jährlichen Bedarfs decken. Daher habe ich mich für kommunales Restholz entschieden, das ich regelmäßig angeliefert bekomme“, sagt er. ▶


Während er für das kommunale Holz noch 5 €/m3 zahlt, bekommt er Fichtenholz aus dem Wald zum Teil kostenlos. Denn viele Stämme sind vom Borkenkäfer befallen und müssen schnell entsorgt werden. Aber auch anderes Holz ist im Sommer günstiger, da der Brennstoffbedarf nicht so hoch ist wie im Winter.


Das Holz lässt er von einem Lohnunternehmer regelmäßig hacken. Das kostet bei sechs bis sieben Hackterminen von Frühjahr bis Herbst im Jahr rund 4800 €. Die feuchten Hackschnitzel werden gleich durch ein Trommelsieb mit 10 und 40 mm Maschenweite geleitet, das Huber selbst konstruiert hat. Hierbei siebt er den Feinanteil aus dem Brennstoff ab. Dieser lässt sich u.a. als Rindenmulch an Gartenbaubetriebe verkaufen. Aber auch Übergrößen werden entfernt, die in der Zuführschnecke und im Vergaser zu Verstopfungen führen können.


Getrocknet wird im Sommer


Die gesiebten Hackschnitzel werden auf einen Anhänger geladen, der mit Trocknungssieben ausgestattet ist. Die mit BHKW-Wärme auf 80 °C erwärmte Luft sowie die warme Raumluft im BHKW-Raum leitet er durch die Siebe, womit die Hackschnitzel getrocknet werden. Das geschieht im Sommer. „Im Winter benötigen wir die komplette Wärme zum Heizen, daher trocknen wir in der wärmeren Jahreszeit“, erklärt er. Auf diese Weise kann er die Wärme fast vollständig nutzen.


Die trockenen Hackschnitzel füllt er mit dem Frontlader in den Hackschnitzelbunker. „Wenn der voll ist, reicht das für sechs Tage“, sagt er. Pro kWh Strom benötigt er 0,9 kg Hackschnitzel. Die Anlage produziert genügend Wärme, um den Sauenstall mit 100 Sauen im geschlossenen System, ein Gasthaus mit 30 Betten sowie drei Wohnhäuser zu beheizen.


Da die Stallheizung schon vor der Holzvergaseranlage auf Warmwasser ausgelegt war, musste er nichts umrüsten. Das BHKW liefert eine Vorlauftemperatur von 90 °C im Heizungswasser. Die Hackschnitzelheizung erreichte maximal 80 °C. Die Raumtemperatur im Abferkelstall beträgt 24 °C.


Steinaustrag ergänzt


Im Jahr 2017 hat Huber einen Steinaustrag dazu bekommen. Fremdkörper, die größer als 2,5 mm sind, werden damit aussortiert. „Früher mussten wir den Vergaser alle sechs Wochen aufmachen, um die Steine rauszuholen. Denn sie stören die Vergasung“, erklärt der Landwirt.


Die Holzvergasungsanlage hat sich in seinem Betrieb bewährt. Sie macht zwar aufgrund von Wartung und Pflege mit zwei bis drei Stunden pro Woche mehr Arbeit als eine Holzheizung, aber ist einfacher zu bedienen sowie an- und abzustellen als eine Biogasanlage. Der Hackschnitzelbedarf ist etwa viermal so hoch wie bei der reinen Holzheizung mit 150 kW. Auch hat er mehr Aufwand mit dem Trocknen und Sieben. Denn eine Hackschnitzelheizung verbrennt auch Holz mit 25% Restfeuchte.


Dafür kann er aber den Stromerlös in Höhe von jährlich rund 57000 € nutzen, um den Kapitaldienst für die Investition zu bedienen. Die Anlage hat insgesamt 160000 € gekostet, dazu kamen Kosten für Einbau, den Stromanschluss, Gebäudeumgestaltung und Wärmeleitung vom BHKW zu den Verbrauchern in Höhe von 40000 €.


Vom Erlös des Wärmeverkaufs deckt er seine Arbeitskosten sowie die Kosten für das Hacken. „Damit haben wir eine sehr günstige Wärme zur Verfügung“, sagt er. Zu den laufenden Kosten zählen Ölwechsel nach 500 bis 750 Betriebsstunden, der Wechsel von Zündkerzen, Luft und Gasfilter sowie mögliche Reparaturen. Die Wärme für den Sauenstall kann er mit diesem System zum Nulltarif produzieren.

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