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Wenn die Düngeverordnung zuschlägt

Lesezeit: 9 Minuten

Biogaserzeuger müssen ihre Gärreste künftig länger lagern. Das heißt aber nicht, dass sie zwangsläufig ein teures Lager bauen müssen. Es gibt günstige Alternativen.


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Bernd Müller (Name frei erfunden) hat ein Problem: Eigentlich läuft seine Biogasanlage rund und in wenigen Jahren hat er die Verbindlichkeiten für das Kraftwerk bereits abgezahlt.


Doch nach allem, was sich derzeit abzeichnet, muss er in den kommenden Jahren ein zusätzliches Gärrestlager bauen und dafür erneut einen Kredit aufnehmen. Schuld daran sind zwei Verordnungen, an denen derzeit die Bundesregierung feilt: zum einen die „Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV)“ und zum anderen die „Düngeverordnung“. Bleibt es bei den aktuellen Entwürfen, muss er in Zukunft vermutlich seine Gärreste bis zu neun Monate lang lagern. Derzeit kann er mit seinem 6000 m3 großen Lager aber nur eine Sperrfrist von sechs Monaten überbrücken. Da Monat für Monat rund 1000 m3 Gärreste anfallen, fehlen ihm somit künftig 3000 m3 zusätzliche Lagerkapazitäten, um die neuen Anforderungen einzuhalten. Lesen Sie dazu auch den Kasten auf S. 104.


Teure Fermenter:

Der Bau eines neuen, gasdichten Gärrestlagers mit einem Rückhaltebecken für den Fall einer Havarie kostet 90 €/m3. Müller müsste somit Ausgaben in Höhe von 270000 € einkalkulieren (3000 m3 x 90 €/m3)


Schreibt er diesen Betrag – wie für Gärrestlager üblich – auf 20 Jahre ab und berücksichtigt neben den Kreditzinsen auch die laufenden Ausgaben, schlägt die zusätzliche Lagerung mit rund 5,70 € je Kubikmeter Gärrest und Jahr zu Buche.


Müller erhält jedoch nur noch zehn Jahre lang eine feste Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Danach endet für ihn der 20-jährige Vergütungszeitraum. Zwar will die Bundesregierung für Altanlagen künftig eine Anschlussregelung schaffen. Ob und wie er davon profitieren kann, steht derzeit allerdings noch nicht fest. Um auf Nummer sicher zu gehen, muss er deshalb die Kosten innerhalb der Restlaufzeit seiner Anlage abschreiben. Für den Bau des Gärrestlagers fallen in seinem Fall daher sogar bis zu 10 € je Kubikmeter und Jahr an. Müller ist das zu teuer. Er will sich nicht erneut verschulden und rechnet daher einige Alternativen durch (siehe auch Übersicht auf Seite 104).


1. Abgabe an eine Güllebörse:

Müller könnte die Gärreste an eine Nährstoffbörse abgeben. Eine echte Alternative ist das aber nicht, denn die Preise dafür sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Betriebe in Veredlungsregionen müssen zum Beispiel mit 10 bis 15 €/m3 kalkulieren. Im Gegenzug bräuchte Müller die Gärreste dann zwar nicht mehr auf seinen eigenen Flächen ausbringen. Dadurch spart er immerhin Kosten von 3,50 € je Kubikmeter und Jahr. Hinzu kommt aber, dass er vermutlich trotzdem zusätzlichen Lagerraum benötigen würde. Denn in einigen Regionen können Biogaserzeuger die Gärreste nur im Frühjahr an die Börsen abgeben. Für Müller kommt diese Option daher nicht infrage.


2. Die Frist ausreizen:

Für diejenigen, die ihre Anlagen nach dem Inkrafttreten der beiden Verordnungen bauen, gelten die Vorschriften sofort. Für Altanlagenbetreiber wird es vermutlich eine Übergangsregelung geben. Diese hätten dann fünf Jahre länger Zeit, bevor auch für sie die neuen Vorschriften gelten. Müller könnte diese Frist ausreizen und versuchen, in der Restlaufzeit durch geschickten Substratwechsel Platz in seinem alten Gärrestlager einzusparen.


In seinem Fall macht sich vor allem die Schweinegülle als Platzräuber bemerkbar, da die Bakterien das Substrat im Fermenter kaum abbauen. Nur ein Beispiel: Mit 1 t Getreide kann er bei gleicher Gasausbeute rund 22 t Gülle ersetzen. Er bräuchte somit rund 21 m3 weniger Lagerraum.


Müller füttert seine Anlage derzeit jährlich mit rund 5000 m3 Schweinegülle und 9500 m3 Silomais. Wenn er etwa 3200 m3 Gülle durch etwa 145 t Getreide ersetzen würde, hätte er sein Ziel erreicht.


Allerdings: Er bräuchte neben dem Lagerraum für die Gärreste aus dem Getreide auch noch Lagerraum für die Schweinegülle, wenn diese vom eigenen Betrieb stammt. Er spart somit kaum Lagerkosten, es sei denn, er hat einen ausreichend großen Güllekeller unter seinem Schweinestall, den er bereits abgezahlt hat.


Zudem muss er die Gülle trotz des Substratwechsels im Frühjahr auf seinen Flächen verteilen. Diese Kosten könnte er zwar dann seiner Schweinehaltung anlasten, zahlen muss er sie trotzdem.


Der Substratwechsel ist dennoch eine interessante Alternative: Angenommen Müller zahlt für 1 t Roggen 16 € und kann damit 21 t Gärrest vermeiden, dann liegen die Ausgaben mit weniger als 1 € je Kubikmeter eingespartem Gärrest unter den Kosten für ein neues Lager.


3. Gärreste separieren:

Mithilfe eines Separators kann Müller seine Gärreste auch in eine feste und eine flüssige Phase aufsplitten. Die nährstoffreichen Feststoffe haben einen TS-Gehalt von etwa 25%, weshalb er diese dann in einer Halle zwischenlagern oder als Dünger verkaufen könnte.


Die Kosten überzeugen ihn: Um 1 t Gärrest einzusparen, muss er zwar 10 € ausgeben. Wenn er aber die Gärreste als Dünger verkaufen kann, spart er sich die Ausgaben für die Lagerung (5,70 € pro Kubikmeter) und die für das Ausbringen auf seinen Flächen (3,50 €/m3). Damit könnte er die Kosten auf unter 1 €/m3 drücken.


Allerdings ist der Verkauf der Gärreste als Dünger schwierig und vor allem scheitert das Verfahren in seinem Fall daran, dass er von den Gärresten nur etwa 10% der Frischmasse abtrennen kann.


Der Grund für die geringe Ausbeute liegt im Biogasprozess selbst. Die Bakterien bauen für die Gasproduktion die organische Masse in den Substraten weitestgehend ab, sodass überwiegend mineralische Feststoffe die Fermenter verlassen – und die kann Müller nur bedingt separieren. Bei einem Gärrestanfall von 12000 m3/Jahr fallen daher nur 1200 m3 Feststoffe an. Es müssten aber mind. 3000 m3/Jahr sein.


4. Das Wasser verdampfen:

Gärreste sind in der Regel relativ flüssig. Mit einer Trocknung kann Müller den Wasseranteil deutlich reduzieren und so Volumen einsparen. Bei einem Bandtrockner muss er dazu beispielsweise die Gärreste auf ein Laufband kippen. Durch sehr kleine Löcher in der Trocknungsstrecke strömt dann von unten warme Luft durch die Gärreste hindurch.


Die Technik gilt als relativ robust und hat eine gute Trocknungsleistung. Mit einem Kilowatt Abwärme kann Müller rund ein Liter Wasser verdampfen. Er verfügt auch über genügend Abwärme. Insgesamt produziert seine Anlage rund 4,7 Mio. Kilowattstunden Wärme. 30% davon benötigt er als Prozessenergie, 70% sind frei verfügbar. Für die Installation einer Trocknungsanlage mit entsprechender Halle und eines Säurebehälters für das Wasser aus der Abluftreinigungsanlage sind Investitionen von etwa 500000 € notwendig.


Die Kosten für Abschreibung, Ver-zinsung und Unterhaltung belaufen sich auf etwa 21 € je Kubikmeter getrocknetem Gärrest und Jahr. Die Betriebskosten für Strom, Säure und Lohnkosten liegen bei 7,50 €/m³.


Allerdings hat Müller seine Biogasanlage im Jahr 2010 in Betrieb genommen und würde sogar noch den Kraft-Wärme-Kopplungsbonus in Höhe von 3 Cent je genutzter Kilowattstunde Wärme erhalten. Je Kubikmeter getrocknetem Gärrest kann er sich von daher 23,50 €/m³ gutschreiben.


Außerdem hat diese Methode einen weiteren Vorteil: Wenn er Gärreste verdampft, muss er diese nicht mehr lagern und auch nicht mehr auf seinen Flächen ausbringen. Er spart dadurch 9,20 € je Kubikmeter Gärest und Jahr.


In seinem Fall lohnt sich die Trocknung daher. Ihm bleibt sogar ein Überschuss von etwa 4,20 € je Kubikmeter eingespartem Gärrest.


5. Neues BHKW kaufen:

Müllers Blockheizkraftwerk (BHKW) ist mittlerweile sieben Jahre alt. In der Zwischenzeit sind die Kraftwerke deutlich effizienter geworden. Maßstab dafür ist der Wirkungsgrad.


Müller besitzt ein Gas-Otto-BHKW mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 38%, das heißt, 38% der Energie aus dem Biogas wandelt die Maschine in Strom um. Neue Modelle sind hingegen leistungsfähiger und schaffen Werte von 42%. Müller müsste somit weniger füttern, um die gleiche Menge Strom zu erzeugen. Mit dem BHKW-Wechsel könnte er dann auch in die Direktvermarktung einsteigen. Dazu benötigt er aber ein größeres BHKW, weil er den Strom bedarfsgerecht erzeugen müsste. Das BHKW würde nicht wie bislang rund um die Uhr das Gas verstromen, sondern nur nach Bedarf.


In Müllers Fall wäre eine 900-Kilowatt-Maschine notwendig. Außerdem muss er sich für das neue Kraftwerk einen neuen Trafo, einen größeren Gasspeicher sowie eine längere Gasregelstrecke zulegen. Insgesamt würde ihn das aber rund 700000 € kosten. Inklusive Abschreibung und Zinsen belaufen sich die Ausgaben auf 78000 €/Jahr.


Im Gegenzug kann er durch die Direktvermarktung pro Jahr rund 11000 € zusätzliche Einnahmen erzielen. Noch deutlicher sind die Effekte durch den besseren Wirkungsgrad: Er spart etwa 1000 t Mais/Jahr bzw. 760 m3 Lagerraum ein, ohne dadurch weniger Strom zu erzeugen. Bei einem Maispreis von 40 €/t sinken seine Ausgaben somit Jahr für Jahr um 40000 €. Allerdings nimmt der Wirkungsgrad im Laufe der Zeit auch wieder ab, weshalb er sicherheitshalber nur mit einem Kostenvorteil von 20000 €/Jahr rechnet. Bemerkbar machen sich auch die eingesparten Lager- und Transportkosten von 9200 €/Jahr.


Würde man die Einspar-effekte und die Ausgaben gegenüberstellen, so wäre diese Variante die teuerste. Allerdings hinkt diese Rechnung. Denn wer ohnehin ein neues BHKW kaufen muss, der kann nicht sämtliche Kosten den eingesparten Gärresten anlasten. Vielmehr hat diese Variante den Vorteil, dass Müller durch die zusätzlichen Erlöse aus der Direktvermarktung und durch die eingesparten Lager- und Ausbringkosten einen Teil der ohnehin anstehenden Investition finanzieren könnte.


Trocknen lohnt sich.

Müller wird sich unter diesen Umständen eine Trocknung kaufen. Diese Lösung ist auch für Betriebe in Veredlungsregionen interessant, die bislang ihre Gärreste teuer an andere Betriebe abgeben müssen. Allerdings kommt die Trocknung nur dann infrage, wenn noch genügend Abwärme zur freien Verfügung steht und der Betreiber einen Anspruch auf den KWK-Bonus hat.


Ist das nicht der Fall und dem Betreiber bleiben zudem nur noch wenige Jahre, bis die Einspeisevergütung ausläuft, dann sollte dieser zum einen die Übergangsfrist ausnutzen und zum anderen darüber nachdenken, Platzräuber wie die Gülle im Gärsubstrat durch energiereiche Substrate zu ersetzen.


Möglicherweise reichtauch diese Maßnahme nicht aus, dann kann es sinnvoll sein, die Gärreste noch zu separieren oder an eine Güllebörse zu verkaufen. Wenn das alte BHKW ausgetauscht werden muss, sollte man über den Kauf einer größeren und leistungsstarken Maschine nachdenken. -ro-

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