Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

„Windgas und Biogas sind ideale Partner“

Lesezeit: 5 Minuten

Prof. Dr. Michael Sterner erforscht an der Hochschule Regensburg unter anderem neue Energiespeicher. Er sieht in der Speicherung von Windstrom als Gas eine große Zukunft.


Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien stößt das deutsche Stromnetz immer wieder an die Grenze der Belastbarkeit. Aber müssen wir das Speicherproblem wirklich selbst lösen oder wären beispielsweise Pumpspeicher in Norwegen nicht ein besserer Weg?


Sterner: Die Nutzung der skandinavischen Wasserkraft erscheint sowohl technisch als auch wirtschaftlich effizient, weshalb dieser Weg weiter intensiv verfolgt werden sollte. Allerdings gibt es in der Umsetzung volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Hemmnisse. Für die Erschließung der Norwegen-Option müsste in Norwegen das Stromnetz in erheblichem Umfang ausgebaut und der Strommarkt vollständig mit den europäischen Märkten gekoppelt werden. Das würde aus heutiger Sicht für Preisanstiege sorgen und damit zu Akzeptanzproblemen in Norwegen führen. Daher sollten wir uns nicht allein auf diese externe Lösung verlassen, sondern versuchen, das Problem soweit es geht selbst zu lösen.


Viele Windräder werden im Rahmen des Einspeisemanagements wegen drohender Netzüberlastung abgeschaltet, Millionen Kilowattstunden gehen dadurch verloren. Kann die Umwandlung von Windstrom in ein Speichergas (Power-to-Gas) die Netzengpässe lösen?


Sterner: Power-to-Gas-Anlagen können Netzengpässe reduzieren und kurzfristige Umplanungen im Kraftwerksbetrieb vermeiden. Den Ausbau des elektrischen Netzes an sich werden sie aber nicht überflüssig machen, da es immer noch günstiger ist, den Strom zu transportieren und direkt zu verbrauchen, als ihn mit allen Verlusten und zusätz-lichen Kosten zu speichern.


Sie sind ein Verfechter des Verfahrens, Wasserstoff zusammen mit Kohlendioxid zu Methan zu verbinden und ins Erdgasnetz einzuspeisen. Warum ist die Methanisierung notwendig? Ließe sich Wasserstoff nicht auch direkt ins Gasnetz einspeisen?


Sterner: Ja, Wasserstoff könnte auch direkt eingespeist werden, aber nur bis zu einer gewissen Grenze, über die sich Experten noch streiten und die lokal sehr unterschiedlich ist. Für die meisten heutigen Gastankstellen, Gasturbinen, Verdichterstationen, Messinstrumente und Gasspeicher ist bei maximal zwei Volumenprozent Wasserstoff Schluss. Wenn wir alle Probleme mit Wasserstoff lösen könnten, hätten wir schon viele Wasserstoffautos auf den Straßen, Wasserstoff-BHKW installiert und würden mit Wasserstoff heizen. Es gibt berechtigte Gründe, warum das noch nicht so ist. Erst durch die Methanisierung kann aus Wind- und Solarstrom ein vollwertiges Austauschgas für Erdgas hergestellt werden. Um Strom- und Gasnetze vollständig zu koppeln und vorhandene Infrastruktur zur Speicherung erneuerbarer Energien zu nutzen, führt kein Weg an der Methanisierung vorbei.


Woher soll das CO2 für die Methanisierung stammen? Könnte man damit das CO2-Problem der Kohlekraftwerke lösen?


Sterner: Es gibt biologische CO2-Quellen wie Biogas- oder Bioethanolanlagen, Brauereien, Kläranlagen und fossile Quellen wie Erdgas- und Kohlekraftwerke oder die Stahl- und Zementindustrie. Im Prinzip ist es für das Klima irrelevant, woher das CO2 stammt, da es nur als Taxi für den Wasserstoff dient. Wird allerdings fossiles CO2 verwendet, muss jemand die Verantwortung für das CO2 übernehmen, da es letztlich doch wieder in der Luft landet. Das Nadelöhr ist eher der grüne Strombezug. Power-to-Gas darf nicht dazu führen, dass wir die fossile Stromerzeugung beibehalten oder sogar ausweiten. Aufgrund des Strombezugs wäre die Klimabilanz dieses Gases negativ. Am elegantesten wären dagegen Biomethananlagen, die rein biogenes CO2 bereitstellen können.


Würden denn die Biomethananlagen in Deutschland ausreichen, um den produzierten Wasserstoff aus Windparks zu methanisieren? Und was hätten die Landwirte davon?


Sterner: Ja, wir könnten rein mengenmäßig allein mit dem CO2 der 70 bestehenden Biomethananlagen das etwa 40-Fache des heute abgeregelten Windstroms speichern. Noch viel spannender wird die direkte Kombination mit Biogasanlagen: Wasserstoff könnte hier den Mais- oder Graseinsatz reduzieren bzw. die Gasausbeute steigern. Bei Biogasanlagen ist viel Infrastruktur vorhanden: Stromanschluss, Gasspeicher, BHKW und ggf. Gaseinspeisung. Dadurch könnten die Kosten für Power-to-Gas deutlich reduziert werden. Wenn eines Tages die landwirtschaftlichen Wind- und Solaranlagen nicht mehr nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert werden, wird es noch spannender: Dann kann die Wasserstoff- und Treibstoff-erzeugung auf dem Hof über diese Anlagenkombination mehr Nutzen stiften als die Einspeisung und der Verkauf von Strom.


Neben Methan wird auch Methanol als künftiger Kraftstoff diskutiert, wozu ebenfalls Wasserstoff nötig ist. Wie schätzen Sie die Chancen hierfür ein?


Sterner: Die Idee ist nicht neu: Methanol ist flüssig und könnte wunderbar in die bestehende Mineralölversorgung integriert werden. Da dieses Verfahren effizienter ist als die Methanisierung, sehe ich durchaus noch Chancen für diesen Weg. Es gab hierzu bereits einige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in den letzten Jahrzehnten, die aber ähnlich wie beim Wasserstoff der Technologie nicht zum Durchbruch verholfen haben.


Bei Biokraftstoffen gab es in den letzten Jahren immer wieder neue Ansätze, aber ohne Erfolg. Inwieweit hat die jetzt erblühende Wasserstoff-Wirtschaft eine andere Dimension?


Sterner: Flüssige und gasförmige Wind- und Solarkraftstoffe haben um den Faktor 10 bis 20 höhere Hektarerträge als Biokraftstoffe, weil sie die Solarenergie viel effizienter in Kraftstoff umsetzen als das die natürliche Photosynthese und technische Biomasseverarbeitung macht. Zudem zeigen diese Kraftstoffe weniger Konkurrenz zu Nahrungs- oder Futtermitteln.


Heute stark diskutiert wird ja auch der Elektroantrieb. Aber für Verbraucher ist weder ein Elektro- noch ein Brennstoffzellenauto attraktiv, weil beide das Zwei- bis Fünffache eines normalen Gas-, Benzin- oder Dieselfahrzeugs kosten. Der Charme der Herstellung von Windgas und der anschließenden Methanisierung dagegen liegt darin, dass wir das vorhandene, flächendeckende Kraftstoffversorgungsnetz und mit Erdgasfahrzeugen eine existierende Technologie zu erschwinglichen Preisen nutzen können. Auch ist die Reichweite deutlich höher als mit einem Elektrofahrzeug. Diese Argumente sprechen eindeutig für Wind- und Solarkraftstoffe. Hinrich Neumann

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.