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Wir brauchen dringend mehr Tempo beim Klimaschutz!

Lesezeit: 4 Minuten

Prof. Dr. Quaschning von der HTW Berlin erläutert, wo es bei der Energiewende aktuell hakt und welchen politischen Einfluss die Fridays-for-Future-Bewegung hat.


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Anders, als Kritiker vorhergesagt haben, demonstrierten tausende Schüler auch in den Ferien für mehr Klimaschutz. Was bringt die Fridays-for-Future-Bewegung der Energiewende?


Quaschning: Die junge Generation hat eines bewegt: Klimaschutz und Energiewende werden jetzt nicht mehr nur als Themen von „Ökofanatikern“ wahrgenommen. Politiker, die die Aktivitäten als „Schulschwänzen“ ins Lächerliche gezogen haben, mussten viel Kritik einstecken. Aber nicht nur die Proteste haben ein Umdenken bewirkt. Der zweite Dürresommer nacheinander, die Hitzewelle in Deutschland und die massiven Trockenheitsschäden an den Bäumen haben auch großen Einfluss. Jetzt erkennen auch Laien an den im Juli braun gefärbten Bäumen, dass der Klimawandel sichtbar wird.


Aber immer wieder melden sich Kritiker zu Wort, die den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel für gering halten und demnach den Erfolg von CO2-Einsparungen anzweifeln.


Quaschning: Diese Kritiker kommen oft aus dem eher konservativen politischen Lager. Meist verstecken sie sich hinter Theorien von wenigen emeritierten Professoren. Ihr Engagement im Internet täuscht aber. Es sind vielleicht ein paar Dutzend Wissenschaftler, die eine andere Meinung haben, im Vergleich zu zehntausenden anderen. Wir haben beispielsweise zur Unterstützung der jugendlichen Protestbewegung die Initiative „Scientists-for-Future“ mit über 27000 Wissenschaftlern in Deutschland gegründet. 99% der Forscher sind sich heute einig, dass der starke Klimawandel menschengemacht ist und dass wir auch gegensteuern müssen.


Wie wichtig ist eine schnellere Energiewende für den Klimaschutz?


Quaschning: Sie muss oberste Priorität haben. Denn über 80% der Treibhausemissionen stammen aus der Energiewirtschaft. Wir konzentrieren uns in Deutschland viel zu sehr auf den Strommarkt. Bezogen auf den gesamten Energieverbrauch haben wir jedoch nur 14% erneuerbare Energien. Dabei will Deutschland in 20 Jahren 100% erreichen. Wir brauchen also deutlich mehr Tempo.


Was muss dafür geschehen?


Quaschning: Dazu ist eine Vielzahl an schnellen Maßnahmen wichtig. Anstatt Tempo aufzunehmen, schrumpft derzeit der Windenergiezubau genau wie der Ausbau der Photovoltaik vor acht Jahren. Diese Entwicklungen waren vorhersehbar. Die Politik hat auf die Kritik der Branche nicht reagiert. Jetzt ist es den Verantwortlichen peinlich, dass sie so viel Zeit haben verstreichen lassen. Wir müssen die Gesetze schnell ändern, damit der Zubau wieder in Gang kommt – und zwar grundlegend.


Gerade bei Windenergie, aber auch bei Biogasanlagen kommt es schon zum Abbau von Altanlagen. Wie lässt sich das aufhalten?


Quaschning: Ja, das ist völlig absurd: Wir haben zu wenig erneuerbare Energie und bräuchten massiven Zubau und stattdessen werden Anlagen stillgelegt. Dabei wäre es billiger und schneller, mit einer geringen, unbürokratischen Anschlussvergütung diese Anlagen am Leben zu erhalten. Irgendwann ist die technische Lebensdauer erreicht. Bis dahin müsste es eine Verlängerung der EEG-Vergütung oder eine Erleichterung der Direktvermarktung von Strom geben.


Kritiker werfen aber immer wieder ein, dass der massive Zubau von Wind- und Solaranlagen unsinnig sei, weil die Stromerzeugung zu stark schwankt.


Quaschning: Darum brauchen wir auch einen schnellen und massiven Ausbau von Speichern. Bislang war das politisch nicht gewollt. Denn fehlende Speicher waren eine Überlebensversicherung für Braunkohlekraftwerke. Wir brauchen eine Kombination aus schnell regelbaren Gaskraftwerken, die mittelfristig auch Biomethan oder synthetisches Gas aus Power-to-Gas-Anlagen nutzen können. Sie müssten kombiniert werden mit großen Batteriespeichern. Die Markteinführung muss schneller erfolgen, damit die Braunkohleverstromung beendet werden kann. Das wäre für die Versorgungssicherheit und den Klimaschutz unerlässlich.


In Deutschland wird derzeit eine CO2-Steuer diskutiert. Kritiker wollen dagegen den europäischen Emissionshandel stärken. Was wäre besser für die Energiewende?


Quaschning: Ein nationaler CO2-Preis greift schneller als eine europäische Lösung. Man könnte diesen auch auf die EU ausdehnen. Bei beiden Instrumenten muss man sich aber klar sein, dass sie Techniken zur CO2-Einsparung nur anreizen können. Allein mit einem CO2-Preis werden wir die Emissionen nicht ausreichend reduzieren. Wichtig ist, dass wir in allen Bereichen schnell umsteuern. Dazu gehört auch, dass wir häufiger kontrollieren, welche Maßnahmen erfolgreich waren. In der Vergangenheit hat die Politik das alle zehn bis fünfzehn Jahre gemacht. So viel Zeit haben wir nicht mehr.

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