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„Wir brauchen einen Düngerkreislauf“

Lesezeit: 5 Minuten

Dr. Dieter Schillingmann, Geschäftsführer des Anlagenhersteller REW Regenis, setzt bei der Gärrestaufbereitung auf die Kreislaufwirtschaft.


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Herr Schillingmann, warum sehen Sie in der bisherigen Praxis zur Gülle- und Gärrestaufbereitung noch Verbesserungsbedarf?


Schillingmann: Die Ausbringung von Gülle und Gärrest wird – zumindest in Veredelungsregionen – immer stärker eingeschränkt. Besonders im Fokus steht bei vielen Vorschriften wie der Düngeverordnung die Reduktion von Nitrat oder Ammoniak. Statt unkontrollierbarer Verluste von Stickstoff im Grundwasser oder in der Luft sind heute gezielt dosierbare Düngemittel mit wertvollen Inhaltsstoffen gefragt, die künstlich hergestellte Stickstoffdünger ersetzen. Wir müssen künftig Tier- und Pflanzenproduktion, Biogaserzeugung sowie Düngewirtschaft stärker verzahnen. Wichtig ist, dass wir Stickstoff als wertvollen Dünger verstehen, zurückgewinnen und gezielt einsetzen.


Den Ansatz verfolgen andere Unternehmen auch, u.a. mit Großanlagen in Veredelungsregionen.


Schillingmann: Ja, und die sind seit den 1970er-Jahren bislang alle gescheitert, zuletzt die Großanlage in Velen (Kreis Borken). Ein dezentraler Ansatz ist viel sinnvoller, bei dem Biogasanlagen eine wichtige Rolle spielen.


Wie sieht der aus?


Schillingmann: Der erste Schritt dabei ist die Separation der Gülle in der Tierproduktion. Die anfallenden Feststoffe sehen wir als Maisersatz an, die frisch in Biogasanlagen vergoren werden sollten. Körnermais sollte dagegen vermehrt als Tierfutter eingesetzt werden und zugekauftes Kraftfutter ersetzen.


Hierzu gibt es aber ja die Güllekleinanlagen. Ist die Separation da nicht überflüssig?


Schillingmann: Die reine Güllevergärung ist in meinen Augen nicht sinnvoll, Güllekleinanlagen bewegen sich immer am Rand der Wirtschaftlichkeit. Denn der gasbildende Kohlenstoffanteil ist sehr gering, man schiebt beim Transportieren, Pumpen, Aufwärmen und Lagern eine Menge Wasser unproduktiv durch die teuren Anlagen. Daher sollten Biogaserzeuger die Flüssigkeit vorher abtrennen. Die Rinder- oder Schweinegülle sollte stallnah separiert und der abgetrennte Feststoff möglichst frisch in der nächstgelegenen Biogasanlage vergoren werden. Praxisversuche haben gezeigt, dass man aus ca.10000 t frischer Rindergülle im Jahr etwa 2000 t Feststoffe abseparieren kann. Damit lassen sich über 1000 t Mais pro Jahr einsparen. Oder anders gesagt: Mit einem Drittel weniger Input kann man dreimal so viel Gas erzeugen als mit reiner Gülle. Zudem lassen sich die Feststoffe länger transportieren.


Aber auch beim Einsatz von Güllefeststoffen bleibt in der Biogasanlage wieder ein flüssiger Gärrest zurück.


Schillingmann: Auch dieser muss separiert werden. Die Flüssigphase lässt sich zum Anmaischen von strohreichem Mist oder anderen Stoffen in den Fermenter rezirkulieren oder hofnah als Dünger ausbringen. Die Feststoffe sollten anschließend mit Biogas-Abwärme getrocknet werden. Wir haben dafür einen Trommeltrockner entwickelt, bei dem die bis zu 500°C heißen BKHW-Rauchgase in ein Doppelmantelrohr geleitet werden. Innerhalb der Trommel befinden sich die Feststoffe, die getrocknet werden. Beim Trocknungsvorgang entsteht Wasserdampf. Diesen können wir bei der Düngerproduktion zur Herstellung von Ammoniumsulfatlösung nutzen. Ohne diesen Schritt entsteht bei der Gärrestverdampfung im Brüdenwäscher Ammoniumwasser, das dann zusammen mit dem Filtrat der Separation in das Endlager gepumpt wird.


Das Prinzip Trocknung mit ASL-Produktion ist ja auch bei anderen Herstellern inzwischen weit verbreitet. Worin unterscheidet sich Ihr Verfahren vom Wettbewerb?


Schillingmann: Wir trocknen z.B. nicht mit heißer Luft, die über das Trockengut streicht, sondern mit von außen zugeführter Wärme. Dadurch reduzieren wir die Abluftmenge etwa um den Faktor 100 im Vergleich zu Gebläsetrocknern und haben auch nur ein Zehntel des Strombedarfs.


Was macht man mit dem getrockneten Gärrest?


Schillingmann: Das hängt vom Betrieb und seinen Gegebenheiten ab. Möglich ist, das bei bis zu 90°C hygienisierte Material mit 40 bis 60% TS-Gehalt als Einstreu zu nutzen. Es könnte auch als Eingangsstoff zur Kompostierung, MAP-Fällung , als Torfersatzstoff oder als Faserersatzstoff für kompostierbare Blumentöpfe dienen. Eine Weiterentwicklung bei uns ist die Pyrolyse bzw. die Biomasseentgasung, bei der am Ende Pflanzenkohle und Prozesswärme entstehen.


Wie funktioniert das?


Schillingmann: Die Pyrolyseanlage ist wie der Verdampfungstrockner in einem 40-Fuß-Container untergebracht. Aus diesem Trockner wird der Feststoff per Schnecke in den Pyrolysereaktor befördert. Bei 700°C findet darin die Verkohlung statt. Zum Starten und Aufheizen verwenden wir Biogas über einen Brenner. Dieser Prozess dauert etwa 60 Minuten. Was wir festgestellt haben: Die Mineraldüngerbestandteile werden nicht verbrannt, sondern kommen als pflanzenverfügbarer Feststoffdünger zusammen mit der Pflanzenkohle aus dem Reaktor heraus. Etwa 30 bis 50% des Inputmaterials bleibt am Ende als Kohle übrig, der Rest ist brennbares Pyrolysegas, das wir im Prozess als Brennstoff nutzen.


Es ist bekannt, dass bei der Separation vor allem Stickstoff in die Flüssigphase übergeht. Was machen Betriebe, die diesen wegen der Grenzwerte nicht mehr auf eigenen Flächen unterbringen können?


Schillingmann: Auch für sie haben wir die Desorptions- und Verdampferkolonne entwickelt. Das Filtrat, also die Flüssigphase nach der Separation, wird in diese Kolonne gepumpt. Als Wärmequelle nutzen wir hier den Dampf aus dem Trockner, der in diesem Fall nicht zu Ammoniumwasser aufbereitet wird. Die Flüssigphase bleibt vier bis sechs Stunden in der Desorptions-Verdampfer-Kolonne. Zunächst wird die Flüssigkeit durch Wärmezufuhr verdampft.


Das stickstoffreiche und mit Feuchtigkeit gesättigte Gas durchströmt die 10 m hohe Kolonne von unten nach oben. In der Absorbtionskolonne befinden sich Kunststofffüllkörper, über die von oben im Gegenstrom 78-prozentige Schwefelsäure verrieselt wird.


Unten in der Waschkolonne fällt Ammoniumsulfat-Lösung (ASL) an. In regelmäßigen Abständen wird ein Teil des ASL beim Erreichen der eingestellten Konzentration abgepumpt, sodass der Landwirt es als Dünger verwenden kann.


Ist die Flüssigphase dann restlos verwertet?


Schillingmann: Ein anderes Produkt, das übrig bleibt, ist das Dünnwasser, das kaum noch Ammoniumstickstoff enthält. Es kann auch zum Anmaischen in der Biogasanlage genutzt werden, vor allem bei stickstoffhaltigen Inhaltsstoffen wie Mist oder Gülleinhaltsstoffen.


Mit unserem Konzept können wir aus Gülle und Gärrest einen nahezu geschlossenen Kreislauf herstellen.


hinrich.neumann@topagrar.com

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