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Zeigen Sie dem Substrat die Zähne

Lesezeit: 9 Minuten

Mit einer Substrataufbereitung soll sich die Vergärung verbessern lassen. Wir stellen verschiedene Fabrikate vor, die derzeit auf dem Markt sind.


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Vom Feld bis in den Fermenter wird Biomasse mehrmals in die Mangel genommen. Als erstes zerkleinert der Feldhäcksler die Biomasse. Dann folgen der biologische Silierprozess und die Einbringtechnik.


Doch diese Vorzerkleinerung reicht trotzdem nicht immer aus, damit die Bakterien im Fermenter die Biomasse ausreichend zu Biogas umsetzen können.


Gerade verholzte, also ligninhaltige Stängel bei Gras oder Stroh machen ­hierbei Probleme, sie verlassen den Fermenter oft unverdaut. An diesem Punkt setzen viele Hersteller an, die eine zusätzliche Substratvorbehandlung (auch „Desintegration“ genannt) an­bieten.


Je nach Verfahren zerkleinern sie die Einsatzstoffe vor dem Gärprozess beispielsweise durch Zerreißen, Zerreiben oder einem Aufschluss mithilfe von Druck und Temperatur.


Andere Verfahren setzen dagegen bei dem bereits eingebrachten und durchmischten Substrat an. Auch hier gibt es mechanische Zerkleinerungesverfahren wie beispielsweise Hammermühlen, aber auch eine Zerkleinerung per Ultraschall.


Viele Versprechungen:

Die Vorteile, die die Hersteller versprechen:


  • Die Gasausbeute soll sich erhöhen, das heißt, bisher nicht vergorenes Material soll aufgeschlossen und auch zu Biogas umgesetzt werden können.
  • Statt leicht verdaulicher und damit teurer Biomasse wie Mais oder Getreide sollen die Betreiber daher auf günstigere Substrate wie strohreichen Stallmist oder Gras ausweichen können.
  • Die Gaserzeugung soll sich beschleunigen, was die Effizienz der Anlage erhöhen kann.


Wir stellen in der folgenden Marktüber­sicht zehn beispielhafte Aufbereitungssysteme vor, die derzeit auf dem Markt sind.


Zerkleinerung vor der Vergärung


Beim Biogrinder der BHS Sonthofen wird die Biomasse von oben einem schnell laufenden Rotor zugeführt. Dieser ist sternförmig und besitzt außen flexibel gelagerte Zerkleinerungswerkzeuge. Das Substrat wird nach außen geschleudert und zwischen den Werkzeugen und den feststehenden Statorleisten zerkleinert und zerfasert. Über die Auslassöffnung verlässt das Substrat den Biogrinder kontinuierlich nach unten. Als Ergebnis erhält der Betreiber ein homogen zerkleinertes und flockig aufgefasertes Substrat mit großer Partikel-oberfläche. Auch Steine und Erdklumpen zerkleinert die Maschine nach Herstellerangaben problemlos.


Mixer püriert auch Körner:

Wie der Pürierstab einer Küchenmaschine funktioniert der Kreis-Dissolver der Firma Niemann, der von Envitec Biogas vertrieben wird. Die Substrate werden durch die Schneid- und Scherkräfte einer Messerscheibe homogenisiert. Die Scheibe ist wie ein Stern mit sechs Zacken geformt. Sie zerschlägt die Zellwandstrukturen, was laut Hersteller den Anteil der abbaubaren Stoffe steigen lässt.


Envitec empfiehlt die Vorbehandlung besonders bei Substraten wie Mais, Gras, GPS, Stallmist oder Hühnertrockenkot. Aber auch ganze Zuckerrüben lassen sich damit sehr gut zerkleinern. Das Messer wird abhängig von der täglichen Laufzeit und der Einsatzstoffmischung nach zwei bis vier Monaten gewechselt (Kostenpunkt: Etwa 200 €). Ansonsten sind keine Verschleißteile vorhanden.


Der mittlere Strombedarf liegt bei einer Substratmischung aus Mais und Schweinegülle bei 4,8 kWh je Tonne Mais. Für eine 500 kW-Anlage bedeutet dieses einen Tagesbedarf von etwa 100 kWh Strom zusätzlich.


Auch der Biocutter von Huning steht zwischen Feststoffdosierer und Fermenter. In ihm ist ein Rotor montiert, auf dem 84 pendelnd gelagerte Schneidmesser angeordnet sind. Die Messer zerkleinern die Biomasse, durch Zentrifugalkraft wird diese nach außen geschleudert, optionale, federnd gelagerte Gegenschneiden zerkleinern das Material zusätzlich. Das Substrat ist je nach Inputstoff fast pumpfähig. Die Förderleistung des Systems liegt je nach Inputstoff bei 6 bis 8 t pro Stunde. Derzeit liegt der Verbrauch je nach Inputstoff bei 18 bis 20 kWh/t, teilt der Hersteller mit. Auch langfaseriges Material wie Mist oder Gras mit einer Halmlänge von 15 bis 20 cm sollen sich problemlos zerkleinern lassen.


Das Gehäuse ist aus Edelstahl, die Messer sind gehärtet. Die Standzeit der Messer liegt je nach Inputstoff bei etwa 800 Betriebsstunden. Die Messer lassen sich von zwei Seiten im Wechsel einsetzen.


Mit Wärme und Druck:

Beim Bioex-truder von Lehmann laufen zwei Schnecken gegenläufig und ineinander. Sie zerreißen, quetschen, walzen und reiben das Substrat. Dadurch verändern sich Druck und Temperatur. Bei diesem Vorgang entstehen unterschiedliche Druck- und Entspannungszonen, die das Material aufplatzen lassen und damit zerkleinern bis zum Zellaufschluss. Das sorgt laut Hersteller dafür, dass sich die Mikroorganismen im Fermenter schneller vermehren und die aus der Zellwand freigesetzten Enzyme Stoffwechselprozesse beschleunigen.


Der Bioextruder ist für Silage, Mist, Landschaftspflegematerial, aber auch für lignozellulosehaltiges Material wie Miscanthus oder Rapsstroh konzipiert.


Das Gerät ist in vier verschiedenen Baugrößen erhältlich von 22 kW mit einer Durchsatzleistung von 1,8 t/h bis zu 110 kW mit 12 t/h Durchsatzleistung.


Pro Tonne Frischmasse (t FM) benötigt der Bioextruder zwischen 5 und 12 kWh Strom. Die Verschleißkosten liegen bei rund 1 € je t FM. Lehmann arbeitet an einer Optimierung des Prozesses, um die Verschleißkosten auf 50 bis 60 Cent je t FM zu reduzieren.


Eine robuste Aufbereitungstechnik ist der Querstromzerspaner Bio-QZ von MeWa. In der Maschine rotiert eine Kette um eine Achse extrem schnell und zerfasert dabei die eingefüllte Biomasse. Das Verfahren stammt aus der Recycling-Industrie. Der Bio-QZ eignet sich daher auch zur Verarbeitung von verpackten Lebensmitteln. Die Maschine ist ab einer Leistung von 55 kW erhältlich. Der Strombedarf liegt je nach Substrat und TS-Gehalt zwischen 3 und 11 kWh/t FM. Die Verschleißkosten summieren sich auf 10 bis 25 Ct/t FM. Die Durchsatzleistung liegt je nach Modell zwischen 5 und 20 t/h.


Ein anderes Konzept der Substrataufbereitung ist die Zerkleinerung von ­Material nach der Vergärung. Das ist mit dem Wiederkäuen einer Kuh zu vergleichen: Die Technik bereitet nur die Substanzen auf, die die Bakterien im Fermenter nicht aufschließen konnten. Das aufbereitete Substrat wird anschließend wieder in den Fermenter transportiert.


Nach diesem Prinzip funktioniert das Verfahren Imprasyn der Firma Tietjen TVT. Das Verfahren ist eine Kombination aus mechanischem und biologischem Aufschluss. Mechanisch wird das flüssige Substrat in einer Hammermühle vermahlen. Gleichzeitig wird in der Mühle ein flüssiges Konzentrat zugefügt, das Makro- und Mikronährstoffe sowie lebende Enzyme, Pilze und Tiefseebakterien enthält.


Imprasyn erlaubt nach Herstellerangaben auch den Einsatz von Rohstoffen, die bisher in Biogasanlagen kaum Verwendung finden, z. B. Stroh, Luzerne, Heu, Miscanthus oder Igniscum (Knöterich), Kartoffeln und Rüben.j


Weil die Aufbereitung von Flüssigkeiten weniger Reibung verursacht als die Zerkleinerung von trockenem Material, gibt Tietjen die Kosten für Verschleiß mit 10 bis 35 Cent/t FM an. Je Tonne Substrat benötigt die Hammermühle rund 3 bis 4 kWh Strom. Dazu kommen Kosten für das biologische Additiv. Bei einer Anlage mit 1 MW Leistung werden 20 Liter pro Tag benötigt, was momentan rund 80 € kostet. Tietjen spricht jedoch von Preissenkungspotenzial, da das Verfahren ständig weiterentwickelt wird.


Zahnrad trifft Zentrifuge:

Das Modell Gorator von PlanET kommt immer dann zum Einsatz, wenn der TS-Gehalt im Substrat zugenommen hat und damit Schwimmschichten zu befürchten sind. Ein weiterer Grund für den Einsatz könnte sein, dass das gefütterte Material nicht den gewünschten Gasertrag aufweist oder dass der Betreiber einen höheren Stromertrag anstrebt, ohne die Anlage baulich zu erweitern.


Das Gerät funktioniert so: In einem zylindrischen Gehäuse rotiert eine schräge Scheibe. Dadurch wird das Substrat in verschiedene Richtungen beschleunigt. Hierbei entstehen Schub- und Scherkräfte, die das Material intensiv durchmischen. Feststoffe werden durch die Fliehkraft in die Nuten transportiert und von der Zahngeometrie der Schrägscheibe zerkleinert.


Der Gorator wird hinter dem Fermenter eingebaut. Der Fermenterinhalt wird unten aus dem Behälter entnommen und nach der Behandlung oben wieder hereingepumpt. Der Durchsatz liegt bei 50 m3/h bei 8 % TS und bei 20 m3 bei einem TS-Gehalt des Substrats von 10 %.


Die Wartungskosten belaufen sich pro Jahr auf 2 000 bis 6 000 € je nach Sub­strat. Der Energiebedarf liegt bei 3 bis 6 kWh/t, abhängig vom TS-Gehalt.


Ultraschall:

Bei der Ultraschalltechnik wird das bereits im Fermenter eingefüllte und durchmischte Substrat behandelt. Da hierbei auch die für die Vergärung notwendigen Mikroorganismen geschädigt werden können, wird nur ein Teil des Fermenterinhalts behandelt.


Bei der Anlage der Weber Entec GmbH wird ein Teilstrom des vorvergorenen Substrats auf dem Weg zwischen den Fermentern zunächst in einen Mazerator gepumpt, der das Material vorzerkleinert. Das ist notwendig, um langfaseriges Material zu zerkleinern und ­damit ein Verstopfen des Ultraschallreaktors zu vermeiden. Von dort gelangt die Flüssigkeit in zwei liegende Ultraschalleinheiten, dem Biopush. Der Stromeintrag von zweimal 2 000 Watt sorgt kurzzeitig für extrem hohe Temperaturen von bis zu 5 000 °C, für sehr hohe Drücke bis 1 000 bar und hohe Beschleunigung. Die dabei auftretende Kavitation lässt die Zellwand des Substrates platzen.


Die Reaktoren halten voraussichtlich drei Jahre und müssen dann ausgetauscht werden. Sonstiger Verschleiß entsteht durch Pumpen und die Messer des vorgeschalteten Mazerators. Der zusätzliche Strombedarf einer 500 kW-Biogasanlage liegt nach Firmenangaben ungefähr bei 26 000 kWh pro Jahr.


Auch die Firma Ultrawaves aus Hamburg bietet eine Ultraschall-Aufbereitung an. Ein Teil des Biogassubstrates wird aus dem Fermenter oder Nachgärer entnommen, durch das Ultraschallsystem geleitet und anschließend wieder in den Fermenter gepumpt. Voraussetzung für diese Art der Aufbereitung ist ein pumpfähiges Material. Der Trockensubstanzgehalt sollte unter 10 % liegen. Für eine ausreichende Zerkleinerung sorgt ein vorgeschalteter Mazerator.


Die einzigen Verschleißteile im System sind die so genannten Schwinggebilde. Sie sorgen dafür, dass rund 20 000 Schwingungen pro Sekunde auf die Biomasse abgegeben werden. Nach rund zwei Jahren sollten sie ausgetauscht werden.


Ein Ultraschallsystem für eine Biogasanlage mit 500 kW hat eine Anschlussleistung von 5 kW. Pro m3 Substrat liegt der Energieeintrag bei 3 bis 5 kWh.


Substrat unter Hochspannung:

Der ursprünglich von der österreichischen Firma Innovum entwickelte und jetzt von Vogelsang produzierte BioCrack perforiert die Zelloberfläche durch Hochspannung. Das erleichtert den Enzymen den Zugang zu Zellinhaltsstoffen. Lignin schließt das elektrische Feld jedoch nicht auf.


Der BioCrack besteht aus einem zylindrischen Modul, in dem aktives Substrat aus dem Fermenter behandelt wird. Der BioCrack ist laut Vogelsang immer dann sinnvoll, wenn z.B. eine externe Heizung zum Einsatz kommen oder das Substrat beim Übergang vom Fermenter in den Nachgärer behandelt werden soll.


Die Anschlussleistung beträgt 35 Watt. Eine 500 kW-Biogasanlage benötigt davon drei bis vier Module. Der Strombedarf liege grob gerechnet unter 30 € pro Jahr und ist damit laut Vogelsang geringer als der durch die reduzierte Viskosität eingesparte Strombedarf bei Pumpen und Rührwerken.


Um Störstoffe abzuscheiden und Verstopfungen zu vermeiden, muss dem BioCrack eine Zerkleinerungseinheit wie z. B. ein Mazerator vorgeschaltet sein, was zusätzlichen Strombedarf bedeutet. Weil es keine bewegten Teile gibt, seien die Verschleißkosten sehr niedrig, teilt Vogelsang mit.


Damit ein Anlagenbetreiber testen kann, ob sich die Anschaffung für ihn lohnt, bietet Vogelsang das Gerät zur Miete an. Hinrich Neumann

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