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Agri-Photovoltaik: „Die Landwirtschaft muss im Vordergrund stehen!“

Markus Haastert, Geschäftsführer des Unternehmens Agrosolar Europe, erklärt im top agrar-Interview, welche Erlöschancen in der Kombination von Ackerbau und Stromerzeugung bestehen.

Lesezeit: 5 Minuten

Ihr Unternehmen baut Agri-Photovoltaikanlagen. Wie sind die Anlagen konzeptioniert?

Haastert: Es gibt bei uns nicht den einen Anlagentyp. Wir entwickeln die Projekte nicht mit dem Fokus Photovoltaik, sondern mit Blick auf die Landwirtschaft. Hier steht die Frage im Vordergrund: Wie kann eine Solaranlage die landwirtschaftliche Produktion verbessern, ohne sie einzuschränken? Dabei geht es um Schutz, Beschattung, Wassermanagement usw.

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Welche Schutzfunktion können die Anlagen übernehmen?

Haastert: Hierfür haben wir beispielsweise den Anlagentyp AgroSolar Secure für den Obst- und Weinbau entwickelt. Wir können die Anlagen an Flächen auch mit starker Neigung installieren und mit Folien oder Netzen kombinieren. Sie schützen Beeren, Kirschen, Äpfel, Gemüse oder Wein beispielsweise vor zuviel Sonne, Regen, Frost oder Hagel. Von den ersten Pilotprojekten in Deutschland wissen wir, dass Pflanzen unter oder neben einer AgriPV-Anlage bis zu 20 % weniger Wasser benötigen als ohne die Anlage. Dazu tragen die Beschattung und das veränderte Mikroklima bei.

Welche weiteren Anlagentypen haben Sie noch im Programm?

Haastert: Unser größter Anlagentyp ist die AgroSolar Top für die maschinelle Landwirtschaft. Es handelt sich um eine bis zu 6 m hohe und 18 m breite Anlage zur Teilüberdachung der landwirtschaftlichen Kultur. Hierbei greifen wir auf die Erfahrung beim Pilotprojekt in Heggelbach zurück, das ich zusammen mit meinem Geschäftspartner Franz Hilber entwickelt habe. Unser dritter Typ ist der AgroSolar Windbreaker mit vertikaler Ausrichtung für Flächen, die nicht beschattet werden sollen. Sie übernehmen die Funktion von Wallhecken, um den Wind zu bremsen und Wind- und Wassererosion zu vermeiden. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass die AgriPV-Anlage immer individuell an die jeweilige Kultur angepasst wird – nicht umgekehrt. Das macht deutlich: Die klassische Produktion steht im Vordergrund, die Solaranlage bietet eine Zusatzfunktion mit dem positiven Effekt, dass mit dem Stromertrag auch ein Zusatzeinkommen möglich ist. Künftig könnten noch weitere Erlöse dazu kommen.

Welche meinen Sie?

Haastert: Mit dem veränderten Mikroklima und einer angepassten Bearbeitung ist ein Humusaufbau auf den Flächen unter oder neben der AgriPV-Anlage möglich. Dadurch halte ich es für möglich, dass Landwirte neben dem Stromertrag auch Erlöse über den Verkauf von CO2-Zertifikaten erwirtschaften können.

Werden die Anlagen immer neu gebaut und dann darunter eine Kultur entwickelt oder lassen sie sich auch nachträglich in bestehenden Kulturen errichten?

Haastert: Genau, wir gehen auch in den Bestand. Dazu haben mit dem Spinnanker ein Konzept für die Stützen, die die Baumwurzeln imitieren und sehr standfest sind. Wir benötigen also kein Fundament und können mit kleinen, leichten Maschinen arbeiten. Damit können wir z.B. Anlagen in einer bestehenden Obstplantage oder in Weinreben errichten.

In welchen Größen werden Ihre Anlagen gebaut?

Haastert: Erste Projekte hatten 1 bis 2 MW, aber wir haben jetzt auch Projekte mit 100 MW in Planung, sowohl bei Ackerflächen als auch im Beerenanbau.

Wer ist Betreiber der Anlagen, immer die Landwirte?

Haastert: Nein, das ist sehr unterschiedlich. Wir bieten den Landwirten eine Kooperation. Die einfachste Lösung ist eine Pacht, die Landwirte können sich aber auch beteiligen. Uns ist wichtig, über Jahrzehnte partnerschaftlich mit den Erzeugern zusammenzuarbeiten und sie nicht, wie es oft bei klassischen Solarparks der Fall ist, von den Flächen zu vertreiben. Wir müssen vermeiden, noch mehr landwirtschaftliche Fläche zu verlieren, auf der keine Nahrungsmittel mehr angebaut werden können.

Wie bewerten Sie in dem Zusammenhang Kombinutzungen wie Biodiversitäts-Solarparks oder den Bau von AgriPV-Anlagen auf Moorflächen?

Haastert: Wir sehen in der AgriPV die Chance für einen echten Doppelnutzen, also Nahrungsmittel- und Energieproduktion. Solarparks plus Blühstreifen oder ähnliches sind aus unserer Sicht nicht sinnvoll, da sie keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Biodiversität lässt sich mit anderen Maßnahmen besser erreichen. Die Kombination von Solaranlagen und Moorbewirtschaftung im Rahmen von Paludikulturen ist dagegen eine gute Lösung. Wir sind hierzu auch in zwei Projekten involviert. Die Kombination von Solarstromproduktion, CO₂-Fixiierung auf wiedervernässten Böden und der Verkauf des Aufwuchses von wasserliebenden Pflanzen als Rohstoffe bietet Landwirten auch wieder eine Perspektive. Es wäre ein Fehler, massenweise Flächen zu vernässen und den Landwirten keine Lösung anzubieten.

Der Gesetzgeber will AgriPV jetzt als eigenes Segment im Erneuerbare-Energien-Gesetz fördern. Wird das die Technik beflügeln?

Haastert: Kurzfristig als Anschubfinanzierung schon, aber wir sind überzeugt, dass die AgriPV künftig ohne staatliche Unterstützung auskommen muss und wird. Allein wegen der steigenden Energiepreise in Zusammenhang mit einer sicheren landwirtschaftlichen Produktion, die im Zuge des Klimawandels immer schwieriger wird, könnte sich die AgriPV künftig allein tragen, sind wir überzeugt. Schon heute ist die Nachfrage der Industrie nach grünem Strom groß, den wir im Rahmen der Direktvermarktung in Form von PPA-Verträgen anbieten.

Weitere Informationen: www.agrosolareurope.de

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