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Angebliche Bürgerinitiativen: So arbeiten Energiewende-Gegner

Greenpeace und das Recherteam Europäische Energiewende haben recherchiert, wie Industrievertreter Bürgerinitiativen oder den Naturschutz gegen Windparks vorschieben.

Lesezeit: 6 Minuten

„Blinde Euphorie, Einflüsterungen von Lobbyisten und das Prinzip Hoffnung sind kein Ersatz für faktenbasierte Diskussion und Ehrlichkeit in den Aussagen“, erklärt die Bundesinitiative „Vernunftkraft“ auf ihrer Internetseite und führt Argumente an, warum die deutsche Energiepolitik scheitern muss und das Erneuerbare-Energien-Gesetz abgeschafft werden sollte. Nicht nur „Vernunftkraft“ kritisieren einseitige, „interessengeleitete“ Energiepolitik, es gibt viele Initiativen dagegen wie z.B. die Plattform „www.windwahn.de.

Bürgerinteressen vorgeschoben

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Allerdings steckt hinter den angeblichen Umwelt- und Verbraucherschutzinitiativen mehr. „Schaut man sich das Netzwerk der Windkraftgegner genauer an, wird deutlich, dass es sich keineswegs nur um besorgte Bürger oder um etablierte Umweltverbände handelt. Vielmehr treten auch immer wieder fragwürdige Vereine auf, ziehen Rechtsanwälte mit Multifunktionen die Strippen und agieren Industrielobbyisten, die offensichtlich ein politisches Interesse daran haben, die Energiewende auszubremsen“, erklärt der Umweltverband Greenpeace, der verstreute Informationen zu den Akteuren zusammenfasst und dabei auch neue Erkenntnisse zu Tage gefördert hat. Darüber hat in dieser Woche auch der Spiegel in dem Beitrag "Die Anti-Windkraft-Bewegung" berichtet, in dem weitere Bespiele für fragwürdige politische Entscheidungen und Lobbyverflechtungen aufgeführt sind.

Greenpeace: "Ehrliche Kritik ist legitim"

Greenpeace will sich dabei nicht über begründete Windkraftkritik hinwegsetzen: „Klagerechte gehören zur Demokratie – und auch Greenpeace nimmt sie wahr, bei anderen Projekten. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Umweltverband aus Gründen des Vogelschutzes gerichtlich gegen Windräder vorgeht, selbst wenn man persönlich die Güterabwägung anders treffen würde.“ Legitim sei auch, wenn betroffene Anlieger sich wegen der Sorge vor Schlagschatten, Geräuschbeeinträchtigungen oder Verschandelung des Landschaftsbildes gegen eine Planung stemmen. Solche Rechte seien zu respektieren, auch wenn man mit dem Anliegen im Einzelfall nicht sympathisiert.

Gut vernetzte Industrievertreter

Aber stecken hinter den zahlreichen Klagen tatsächlich immer diese plausiblen Motive? Die Recherche zeigt, dass es eine Handvoll von gut vernetzten Multifunktionären der Anti-Windkraftlobby gibt. Sie organisieren bundesweit Klagen, beraten örtliche Bürgerinitiativen und treten auch als Sachverständige bei Parlamentsanhörungen auf. Das Problem dabei ist laut Greenpeace, dass dies unter dem Deckmantel zivilgesellschaftlichen Engagements geschieht, mit der erhöhten Glaubwürdigkeit, die jeder Basisbewegung zugeschrieben wird. Ein zentraler Anti-Windkraft-Kläger wie Rechtsanwalt Thomas Mock aus Königswinter, der etliche Verfahren betreibt, sei bis Ende 2020 über viele Jahre auch Cheflobbyist von Hydro Aluminium Deutschland gewesen. Sein Arbeitgeber hat laut Greenpeace als energieintensiver Betrieb die Energiewende aus Eigennutz immer wieder kritisiert und setzt auf ein längeres Festhalten an fossilen Energien.

Vernunftkraft-Vorsitzender im Wirtschaftsministerium

Ein weiterer zentraler Anti-Windkraft-Lobbyist, Nikolai Ziegler, arbeitet ausgerechnet im Wirtschaftsministerium. Zugleich ist er der Vorsitzende des Anti-Windkraft-Dachverbands „Vernunftkraft“. „Sofern hier private Interessen und berufliche Tätigkeit sauber getrennt werden, ist daran nichts auszusetzen“, erklärt Greenpeace. Ziegler habe allerdings Musterbriefe an Abgeordnete, in denen gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz protestiert wird, an einem Rechner des Ministeriums verfasst. Dies zeigt die Greenpeace-Auswertung von Metadaten der Dokumente auf der Homepage von Vernunftkraft. Selbst wenn Ziegler dies in seiner Freizeit gemacht haben sollte, habe es zumindest einen Beigeschmack.

Einer der Unterstützer von „Vernunftkraft“ ist übrigens Fritz Vahrenholt, der als Umweltsenator aus Hamburg, als Manager bei der Deutschen Shell, beim Windkraftanlagenhersteller Repower Systems und bei der RWE-Tochterunternehmens RWE Innogy tätig war. Bis Ende 2019 war er zudem Alleinvorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, die sich im Dezember 2019 wegen kritischer klimapolitischen Aussagen von ihm trennte. In dieser Zeit kritisierte er im Namen der Wildtierstiftung nicht nur die Energiepolitik allgemein, sonder vor allem den Bau von Windrädern im Wald.

Unverdächtige Namen

Durch die Gründung von Vereinen mit unverdächtigen Namen, wie dem „Bundesverband Landschaftsschutz“ (BLS) in Sachsen, eröffnen sich bessere Möglichkeiten für die Windkraftgegner, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. So gelang es dem BLS bei einer Landtagsanhörung in Sachsen zum Thema Abstandsgebot bei Windkraftanlagen, gleich mit zwei Vertretern präsent zu sein: einmal über eine Einladung der AfD-Fraktion, zum anderen über eine Einladung der Union, zeigt die Recherche.

Die Strategie, die hier genutzt wird, trägt in der Wissenschaft einen eigenen Namen: Astroturfing. Dabei geht es darum, dass Akteure aus der Politik oder der Wirtschaft eine Pseudo-Bürgerinitiative vorschicken, weil deren Engagement auf größeres Wohlwollen und mehr Glaubwürdigkeit bauen kann als die wahren Strippenzieher.

Transparenz sei wichtig

„Lobbyismus an sich ist genauso wenig zu kritisieren wie das Recht, gegen die Errichtung von Windkraftanlagen zu klagen. Auch Greenpeace setzt sich für die eigenen politischen Ziele ein und zieht mitunter vor Gericht“, sagt der Verband selbstkritisch. Der wesentliche Unterschied sei aber, ob dies mit offenem Visier geschehe, in größtmöglicher Transparenz, auch im Blick auf die Finanzierung – oder ob eine Bürgerbewegung vorgetäuscht werde, hinter der Konzerninteressen stecken. In diesem Sinne möchte Greenpeace mit dem Recherche-Dossier zu mehr Transparenz beitragen.

In dem Spiegel-Beitrag „Kampagne von Klimaskeptikern: Bei diesen Fragen ist was faul“ finden Sie weitere Beispiele für das Vorgehen der Energiewende- und Klimawandelskeptiker.

Deutlich weniger Bürgerinitiativen als behauptet

In einer aktuellenStudie kommt das „Recherteam Europäische Energiewende“ zu dem Ergebnis, dass die Angabe von „Vernunftkraft“ oder „windwahn.de", es gäbe über 1000 Bürgerinitiativen gegen die Windenergie, übertrieben ist. Tatsächlich kommen die Rechercheure auf nur 290 aktive Bürgerinitiativen gegen Windkraft. Die überhöhte Zahl würde durch viele Mehrfacheinträge und inaktive oder nicht mehr erreichbare Einträge auf den genannten Seiten vorgetäuscht. Auch würden sich in Deutschland je nach Schätzung "nur" zwischen 121.000 und 342.000 Menschen gegen Windkraft an Land stellen – im Vergleich zu den 1,4 Millionen Demonstranten für mehr Klimaschutz am 20.9.2019.

Angebliche Naturschutzorganisationen

„Eine Menge Akteure arbeiten zusammen, um die erneuerbaren Energien zu diskreditieren, schlecht zu reden, den Klimawandel zu leugnen“, schreibt das Rechercheteam auf seiner Internetseite. Unter den Gegnern würden sich angebliche Umweltschutzorganisationen befinden wie

  • VLAB (Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern),
  • Bundesinitiative Landschaftsschutz,
  • Naturschutzinitiative,
  • Deutsche Wildtierstiftung,
  • NABU Saarlouis-Dillingen.

Diese würden Windkraftprojekte durch Klagen zu verhindern und Material für Bürgerinitiativen zu erstellen, damit diese gegen Windkraft und die Energiewende protestieren. Unterstützt werden sie laut dem Rechercheteam Europäische Energiewende von

  • der industrienahen Lobby-Organisation INSM und
  • dem RWE-nahen Forschungsinstitut RWI,
  • den Klimawandelleugnern des Vereins EIKE, welcher wiederum mit
  • dem Amerikanischen Klimawandelleugner-Verein Heartland zusammenarbeitet und
  • Vernunftkraft, dem zentralen Dachverband der Energiewende-Gegner.

Deren Protagonisten haben beste Verbindungen in die deutsche Politik oder gehören ihr selbst an wie

  • dem Berliner Kreis der CDU,
  • der Werte-Union,
  • dem Wirtschaftsrat der CDU,
  • dem Innovationsforum Energiewende.

Netzwerk der Gegner

Das Rechercheteam hat alle öffentlich bekannten Verbindungen in einer großen Grafik zusammengetragen. In dem Vollbild sind die einzelnen Knoten und Kanten des Netzwerks ihrerseits mit Links auf die jeweilige Quelle hinterlegt: https://energiewende.eu/netzwerk-gegen-die-energiewende

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