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Windenergie

Bald erste Bauruinen in Bayern?

Die bayerische 10H-Regelung verhindert nicht nur neue Windparks. Sie sorgt auch für einen Baustopp von genehmigten Mühlen. Eine Änderung der Bauordnung soll jetzt Klarheit bringen.

Lesezeit: 5 Minuten

Die umstrittene Abstandsregelung bei Windparks löst fünf Jahre nach ihrer Einführung eine neue Diskussion in Bayern aus. Seit November 2014 gilt die in Deutschland einmalige 10 H-Regel. Nach dieser Vorschrift in der Landesbauordnung dürfen neue Windräder nur dann errichtet werden, wenn ihr Abstand zur nächsten Siedlung mindestens das Zehnfache der Höhe der Anlage beträgt. Das können also bis zu 2000 m sein. Mit der Regelung wollte die Landesregierung für mehr Akzeptanz sorgen. In Wirklichkeit haben die hohen Abstände zusammen mit dem Ausschreibungsverfahren dazu geführt, dass die Zahl der neu gebauten Anlagen von 160 im Jahr 2014 auf 6 im Jahr 2019 zurückgegangen ist.

Auswirkung auf ältere Planungen

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10 H wirkt sich aber nicht nur auf neue Anlagen aus. Es gibt eine Reihe von Windkraftanlagen, deren Bau vor Inkrafttreten der 10 H-Regel beantragt wurde. Allerdings hat bei vielen das Genehmigungsverfahren so lange gedauert, dass der beantragte Anlagentyp beim Erteilen der Genehmigung nicht mehr verfügbar war. Ein Wechsel des Anlagentyps müsste aber erneut beantragt und dann auch im Lichte der 10 H-Regel geprüft werden.

Nach bisheriger Verwaltungspraxis war in solchen Fällen keine neue Genehmigung nötig, wenn sich der Standort nicht ändert und die Gesamthöhe nicht zunimmt. Die neue Anlage konnte auf Basis der ursprünglichen Genehmigung per Änderungsanzeige gemeldet werden. „In mehreren Eilentscheidungen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im April 2019 diese von der Verwaltung akzeptierten Anlagentypwechsel rechtlich in Frage gestellt“, heißt es auf der Internetseite des bayerischen Landtags.

Die Regierungsfraktionen von CSU und Freie Wähler wollen jetzt die Landesbauordnung ändern – allerdings nur, um bereits vollständig errichtete Anlagen, bei denen es in der Übergangszeit zu Typwechseln kam, Rechtssicherheit zu bieten. Windparks, die geplant oder erst im Bau sind, würden nicht darunter fallen.

58 Anlagen betroffen

In der kommenden Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 18. Juni 2020 soll das Thema Windkraft im bayerischen Landtag behandelt werden. Dabei soll es vor allem um den Status der 58 Windkraftanlagen (WKA) in Bayern gehen, die vor Einführung der 10-H Regelung bereits eine Baugenehmigung erhalten haben, oder zum damaligen Zeitpunkt genehmigungsfähig waren. Diese 58 Anlagen lassen sich in drei Gruppen einteilen:

  1. 20 Windräder, die bereits fertig gebaut und in Betrieb sind.
  2. 13 Windräder, bei denen erst das Fundament steht.
  3. 25 Anlagen, deren Bau noch nicht begonnen hat, die aber nach erfolgreicher Teilnahme am Ausschreibungsverfahren einen Zuschlag von der Bundesnetzagentur haben.

„Davon betroffen ist bayernweit am allermeisten der Landkreis Rhön-Grabfeld in Unterfranken mit allein 10 WKA des bereits in Betrieb genommenen Windparks im Streu-/Saaletal und mit weiteren 10 noch im Bau befindlichen WKA im Windpark Wargolshausen/Wülfershausen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Kreistagsfraktion der Grünen im Landkreis Rhön-Grabfeld.

Ob die letztgenannten WKA jemals fertiggestellt würden oder die Betonfundamente wieder abgebaut werden müssten, entscheidet der der Wirtschaftsausschuss des Bayerischen Landtags am 18.6. Verbaut sind aktuell bereits 6 Mio. €, ein Rückbau würde nach Ansicht der Grünen weitere 4 Mio. € Kosten verursachen.

Gemeinde steht hinter den Plänen

Bürgermeister Wolfgang Seifert (CSU) aus der betroffenen Gemeinde Wülfershausen, in der bereits erste Betonfundamente stehen, sieht die geplanten Windparks sehr positiv. „Alle Bürger stehen dahinter. Wir brauchen die Energiewende. Ich möchte nicht der erste bayerische Bürgermeister sein, der eine Windparkruine auf seinem Gemeindeland hat!“, sagte Seifert heute in einer Online-Pressekonferenz, die die Grünen-Kreistagsfraktion organisiert hatte. Er wehrt sich auch gegen die Meinung von einigen Landtagsabgeordneten, die Gemeinden sollten den Streit unter sich austragen. „Eine gemeinsame Bauleitplanung, mit der wir 10 H umgehen könnten, würde mehr als zwei Jahre dauern. Das wäre für uns viel zu lang. Wir brauchen eine schnelle, politische Lösung!“

Rainer Ludwig, energiepolitischer Sprecher der Freien Wähler, versprach, sich im Landtag für die Rettung der Windparks einzusetzen. Allerdings gab er zu bedenken, dass ihm ein Schreiben von 1200 Windkraftgegnern vorliege, die sich gegen eine „Umzingelung der Dörfer mit 13 Anlagen“ wehren. Jürgen Rüth, Geschäftsführer des Anlagenplaners Regionale Erneuerbare Energien GmbH (Regio E2), hält dagegen: „Unserer Erkenntnis nach wurden die 1200 Unterschriften bundesweit eingesammelt. Regional gibt es eine große Zustimmung zu der Windenergie.“

„Wir wollen das jetzt politisch lösen, es wäre nur eine kleine Änderung in der Landesbauordnung nötig“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Martin Stümpfig (Grüne).

Verband fordert Vertrauensschutz

Feststeht, dass die Zeit drängt. Denn Windparks mit einem Zuschlag von der Bundesnetzagentur müssen innerhalb festgelegter Fristen gebaut werden, ansonsten droht eine Strafe. „Ohne Gesetzesänderung bedeutet dies das Aus für ca. 20 noch nicht errichtete Windenergieanlagen und mindestens 10 bereits errichtete Anlagen in Bayern“, kritisiert auch der Landeswindenergieverband (BWE Bayern).

Für den BWE Bayern steht die Gesetzesänderung auch im Widerspruch zu den Zielen des Bayerischen Klimakabinetts, das in seinem im November 2019 veröffentlichen „Aktionsprogramm Energie“ bis 2023 insgesamt 300 neue Windenergieanlagen in Bayern vorsieht. „Es ist ein krasser Gegensatz, einerseits zur Planung von neuen Windenergieanlagen aufzurufen, andererseits die Errichter von genehmigten und bereits halb errichteten Anlagen so im Regen stehen zu lassen. Und nicht zuletzt geht es hier um tausende von Arbeitsplätzen in Bayern“, kritisiert BWE-Landesvorsitzende Dr. Matthias Grote.

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