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Bio-LNG: Noch ein weiter Weg

Auf der ausgebuchten Tagung „Bio-LNG im Verkehrssektor“ berichteten internationale Experten über Chancen und Herausforderung des verflüssigten Gaskraftstoffs.

Lesezeit: 4 Minuten

Welchen Beitrag kann Biogas leisten, um den Straßenverkehr auf erneuerbare Energieträger umzustellen? Diese Frage war Thema der Fachtagung "Bio-LNG im Verkehrssektor" der niedersächsischen Landesberatungsstelle für nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie (3N), die am 23. August im Klimacenter in Werlte stattfand.


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Alternative für den Schwerlastverkehr


Dabei ging es um Biogas, das nach einem Reinigungsverfahren bei einer Temperatur von -162 °C verflüssigt wird und so eine höhere Energiedichte als Dieselkraftstoff erreicht. Auf diese Weise kann der als Liquefied Natural Gas (Bio-LNG oder LBG) bezeichnete Kraftstoff in LKW und Schiffen eingesetzt werden. Er schließt bei den erneuerbaren Kraftstoffen eine Lücke, die von Elektroantrieben nicht gefüllt werden kann. „Es gibt zwar inzwischen elektrisch betriebene Lkw, aber die fahren eine Batterie mit 10 t Gewicht durch die Gegend, für deren Transport allein ein Drittel des Stroms nötig ist“, merkte Dr. Magnus Buhlert vom Niedersächsischen Umweltministerium kritisch an. Er hält verflüssigtes Biogas als Lkw-Treibstoff für die bessere Alternative. „Zumal die Stromerzeugung aus Biogas sehr teuer ist und die Kraftstoffproduktion eine Alternative für Anlagen wäre, die demnächst keine EEG-Vergütung mehr erhalten“, sagte Buhlert den über 100 Teilnehmern aus Deutschland und den Niederlanden.


Mehrere Pilotprojekte


Es gibt inzwischen mehrere LNG-Pilotprojekte in Deutschland und den Niederlanden, wie Dr. Frank Köster von der Energieagentur NRW berichtete. Ein Förderprogramm des Bundes für den Schwerlastverkehr soll das unterstützen. Noch in diesem Jahr soll die erste norddeutsche LNG-Tankstelle an der A 1 in Bremen-Arsten eröffnet werden. In der Mineralölbranche besteht Interesse, in dieses neue Geschäftsfeld einzusteigen.


RED II bremst Biokraftstoffe aus


Doch anstatt aktuell verfügbare Biokraftstoffe wie Biogas, Bioethanol Biodiesel oder Rapsöl zu nutzen, will die EU-Kommission mit der novellierten Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) besonders fortschrittliche Kraftstoffe, Erdgas und Strom als Kraftstoff fördern. Hierzu soll es Mehrfachanrechnungen bei bestimmten Kraftstoffarten geben. „Mit diesen Zahlentricks gewinnen wir nichts. Wir wollen mit der Technik von übermorgen Probleme von heute lösen“, kritisiert Dieter Bockey, Biokraftstoffexperte bei der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP). Er machte deutlich, dass allein für den Ersatz der aktuellen Biokraftstoffmenge durch Elektromobilität in Deutschland rund 10.000 neue Windräder nötig wären, um den Strom dafür regenerativ bereitzustellen. „Dabei dürfen wir nicht nur an Deutschland denken, die Fahrzeugflotte weltweit wächst auf 2 Mrd. Fahrzeuge bis zum Jahr 2050, egal, was wir hier bei uns diskutieren. Dafür brauchen wir eine Lösung“, fand er deutliche Worte. Dazu käme der Druck aus vielen Ländern, Übermengen an Getreide oder Pflanzenöl, das bei der Tierfutterproduktion anfällt, sinnvoll zu nutzen. Dazu gehört z.B. Sojaöl aus Argentinien. Für Biogas aus Gülle dagegen könnte die RED II allerdings eine Perspektive bieten.


Industrie arbeitet an Lösungen


Wie Dr. Peter Mesman, Teamleader Powertrain an der Hochschule Arnheim (Niederlande), aufzählte, gibt es bei den Motorenherstellern Iveco, Volvo und Scania bereits Lösungen für LNG. Doch die Infrastruktur fehlt, es gibt noch kein Tankstellennetz.

Jorg Raven vom Hersteller Liqal aus Breda (Niederlande) stellte eine Kleinanlage zur Herstellung von LNG vor. Er erläuterte, dass die Menge an LNG sehr stark von der Biomethanqualität und dem Gasaufbereitungsverfahren abhänge.


Ob die LNG-Produktion für bestehende Biogasanlagen interessant ist, rechnete Michael Kralemann von 3N vor. Als Beispiel nahm er eine Abfall-Biogasanlage, die 19.000 MWh Rohbiogas für 3 ct/kWh bereitstellen kann. Dazu kommen Aufbereitungskosten von 2 ct/kWh, sodass Biomethan aus Speiseresten für weniger als 5 ct/kWh zur Verfügung steht. Ein Verkauf über eine eigene Tankstelle lohnt sich allerdings nur bei sehr hoher Auslastung. Die Technik für die Weiterverarbeitung zu LNG steht laut Kralemann erst an der Schwelle zur Markteinführung. Die Beispielanlage könnte aus den 19.000 MWh Biogas pro Jahr rund 1300 t LNG herstellen. „Für größere Anlagen ist die Gasmenge zu klein, die Auslastung wäre für einen wirtschaftlichen Betrieb zu gering“, rechnet er vor.


Biogasbranche braucht Perspektiven


Die Gesetzgeber im Bund und in der EU erkennen das Potenzial von verflüssigtem Biogas, sind in ihren Ausbauplanungen aber recht zurückhaltend. „Wir Biogasanlagenbetreiber sind bereit, einen Beitrag zur Kraftstoffproduktion zu leisten, wenn wir klare Rahmenbedingungen sehen“, sagte Hendrik Becker, Vizepräsident des Fachverbands Biogas. Nach dem Ende der Vergütung gemäß EEG wären sicherlich zahlreiche Anlagenbetreiber bereit, von der Strom- zur Gaseinspeisung zu wechseln.


Dafür müssten aber die Rahmenbedingungen schnell klar werden, merkte ein Anlagenbetreiber am Ende der Tagung kritisch an: „Die meisten meiner Berufskollegen haben eine Restlaufzeit der Biogasanlage von etwa zehn Jahren. In fünf Jahren müssen wir Investitionsentscheidungen treffen oder die Stilllegung vorbereiten. Wenn es mit Bio-LNG vorangehen soll, brauchen wir innerhalb der nächsten fünf Jahre  eine Perspektive!“

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