Für die Biogasbranche sind die Weichen momentan auf Wachstum gestellt. Allerdings wirft die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ihre Schatten voraus.
Wie Henning Gottschalk aus dem Vorstand des Fachverbandes Biogas (FvB) vergangene Woche vor Pressevertretern in Berlin betonte, basiertder aktuell starke Zuwachs beim Bau von Biogasanlagen vor allem auf dendeutlich gesunkenen Erzeugerpreisen. Das meldet der Nachrichtendienst Agra-Europe. Gleichzeitig geht der Fachverband davon aus, dass man sich im Vergleich mit den Preishochs der Vergangenheit "auf niedrigere, zumindest stark schwankende Preise einstellen" muss.
Mit den enormen Preisfluktuationen am Getreidemarkt erklärt Gottschalk denn auch die Investitionen vieler Landwirte in Biogas. Viele Betreiber würden in kleine Anlagen investsieren. "Es werden wieder sehr viele Anlagen im Bereich bis 250 kW gebaut", konstatierte Gottschalk, der selbst in Niedersachsen bereits seit Anfang des Jahrzehnts eine Biogasanlage betreibt, die allerdings Reststoffe vergärt.
Laut FvB-Schätzungen sinkt die 2010 in Deutschland durchschnittlich installierte Anlagengröße auf eine Leistung von 430 KW, nach knapp 500 KW im vergangenen Jahr. Dies hat unter anderem mit dem durch den Güllebonus ausgelösten Trend zu kleineren Anlagen zu tun, die aber neben den Reststoffen in aller Regel auch Mais oder Getreide benötigen. Schließlich sind die nachwachsenden Rohstoffe vom Acker viel energiereicher als die Gülle. So können 30 % Gülle im Vergärer nur etwa 7 % zur Stromproduktion der Anlage beitragen.
Die Förderbedingungen für die Anlagen dürften ab Jahresende verstärkt diskutiert werden, wenn das EEG wieder auf den Tisch der Umweltpolitiker in Berlin kommt. Eine Rolle werden die Kosten spielen. Laut Branchenschätzungen werden die bis zum Jahresende installierten 5.700 Biogasanlagen bei kalkulierten 7.700 Volllaststunden rund 16,94 Mio Megawattstunden (MWh) Strom produzieren. Bei einer EEG-Vergütung von rund 20 Cent/kWh ergibt dies EEG-Vergütungenvon 3,39 Mrd. Euro. Davon abgezogen werden müssen die Kosten, die der Strom aus anderen Quellen - vor allem aus Gas-, Kohle- und Atomkraftwerken -verursacht. Im vergangenen Jahr hatten die knapp 5.000 Biogasanlagen schätzungsweise 14,57 Mio. MWh zur deutschen Stromproduktion beigesteuert.
Dass einige börsennotierte Biogasanlagenbauer trotz des aktuellen Booms immer noch rote Zahlen schreiben, erklärte FvB-Geschäftsführer Dr. Claudius da Costa Gomez mit den starken Marktschwankungen. "Für die Aufträge müssen die Firmen erst einmal in Vorleistung gehen und die Aufträge finanzieren", erläuterte da Costa Gomez. Momentan hätten die Anlagenbauer "alle Hände voll zu tun" und seien voll ausgelastet. Man erwarte aber, dass es ab Mitte 2011 extrem schwierig werde, warnte der FvB-Geschäftsführer vor dem Hintergrund der Diskussion um die erneute EEG-Novelle, die laut Koalitionsvertrag 2012 in Kraft treten soll. Von daher hat offenbar bereits jetzt das Wettrennen um einen Netzanschluss bis Ende 2011 begonnen.
Gottschalk machte klar, dass Mais immer noch die Hauptanbaupflanze für die Anlagenbetreiber ist. Das Mais-Anbauareal in Deutschland für die Biogasanlagen beziffert er auf rund 500.000 ha. Da Costa Gomez wies seinerseits auf viel versprechende Alternativen zum Mais hin, beispielsweise Durchwachsene Silphie, Topinambur und Malvengewächse. Gleichzeitig betonte er die züchterischen Fortschritte beim Mais in den vergangenen Jahren, der damit für den Energiepflanzenanbau noch interessanter geworden sei.