topplus Energielösungen für Landwirte

Biogas, Batterie, Wärmekonzepte: Vielseitige Geschäftsfelder für Landwirte

Die Firma BST hat ihr 10-jähriges Bestehen gefeiert. Mit Tochterfirmen und einem neuen Joint Venture für Batteriegroßspeicher geht sie neue Wege. Das bietet Chancen für heimische Biogasanlagen.

Lesezeit: 5 Minuten

Die BST-Firmengruppe aus Westertimke bei Tarmstedt hat kürzlich ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Unter dem Namen „Biogas Service Tarmstedt“ haben Mitarbeiter des ehemaligen Anlagenherstellers MT Energie aus Zeven das Unternehmen im Jahr 2015 gegründet. Der Mitarbeiterstamm ist in der Zeit von 30 auf heute 180 angestiegen.

Mittlerweile hat die BST-Gruppe mehrere Tochterunternehmen: Das Ingenieurbüro für die Bau- und Genehmigungsplanung „BST Innova“, das neben Biogasanlagen auch PV- und Batteriespeicherprojekte plant, das Unternehmen „BST France“ in Bordeaux für die Entwicklung und Betreuung von neuen Biogasanlagen in Frankreich sowie die BST Melktechnik, die sich auf die Beratung rund um das automatische Melken spezialisiert hat.

Ganz neu ist das Joint Venture „PowerWerker“ mit der Firma Faveos aus Hannover, die sich auf Batteriegroßspeicher spezialisiert hat. Wir haben mit dem Geschäftsführer von BST, Stefan Heins, über aktuelle Projekte, Herausforderungen und Chancen gesprochen.

Sie haben das Unternehmen vor zehn Jahren in einer Zeit gegründet, als der Neubau von Biogasanlagen am Boden lag. Trotzdem konnten Sie sich etablieren. Was waren Ihre Erfolgsfaktoren?

Heins: Wir hatten ja bereits viel Erfahrung mit dem Bau und dem Vertrieb von Biogasanlagen. Uns war wichtig, von Anfang an den Draht zur Praxis zu halten und nicht Anlagen, sondern Konzepte bzw. Lösungen anzubieten. Dazu hat beigetragen, dass viele unserer Mitarbeiter aus der Landwirtschaft kommen bzw. selbst eine Biogasanlage betreiben.

Inzwischen sind wir auch wieder im Anlagenbau tätig. Aber damals wie heute legen wir den Fokus auf den Service, der rund 60% vom Umsatz ausmacht. Das ist für uns ein nachhaltigeres Konzept. Dazu kommt, dass wir nicht nur als reines Ingenieurbüro arbeiten: Mittlerweile haben wir 80 Monteure beschäftigt, die die Projekte auch tatsächlich bauen. Und wir sind nicht mehr nur vom deutschen Markt abhängig, sondern haben auch in Frankreich oder neuerdings auch in Polen starke Aktivitäten.

Sind die Aktivitäten im Ausland vergleichbar mit der hiesigen Biogasproduktion?

Heins: Nur zum Teil. In Frankreich haben wir bis heute 60 Biogas-Projekte realisiert, die ausschließlich Biomethan erzeugen. Wegen des günstigen Strompreises spielt die Stromerzeugung dort keine wesentliche Rolle für Biogasanlagen. Gleichzeitig lässt sich der Strom für die Membrantechnik zur Biomethanproduktion nutzen. In Polen dagegen gibt es viele sehr große Tierhalter, auch aus Deutschland. Sie setzen vor allem auf die Vergärung von Gülle und Mist.

Wie hat sich Ihr Geschäftsmodell im Laufe der Jahre verändert?

Heins: Anfang der 2000er Jahre war das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der Taktgeber dafür, wie eine Biogasanlage auszusehen hat. Die Förderhöhe bzw. die verschiedenen Boni haben die Größe, die Einsatzstoffe und damit die nötige Technik vorgegeben, die Firmen haben daraus wirtschaftliche Konzepte entwickelt und verkauft. Heute planen wir mit dem Betreiber zusammen über sechs bis zwölf Monate lang ein Konzept, das zum Betrieb passt und weniger auf eine bestimmte Förderung ausgelegt ist. Mittlerweile gibt es ja einen ganzen Blumenstrauß an Möglichkeiten. Darum stehen bei uns der beratende Vertrieb und eine möglichst langjährige Zusammenarbeit mit dem Kunden im Vordergrund. Das geht soweit, dass wir teilweise wie eine Art Mediator arbeiten.

Inwiefern?

Heins: Heute kann es in einigen Regionen sinnvoll sein, dass Landwirte kooperieren. Ein Modell z.B. ist, dass mehrere Anlagenbetreiber einen Teil ihres Biogases über eine Rohgasleitung zu einer gemeinsamen Gasaufbereitung leiten und Biomethan erzeugen. Wir helfen in diesem Fall dabei, dass die Landwirte an einen Tisch kommen und miteinander reden.

Bei der Biomethanproduktion setzen ja viele Betreiber mit Blick auf die Biokraftstoffproduktion und die damit mögliche Quote für die Treibhausgasminderung auf Gülle und Mist. Doch die Tierhaltung ist stark unter Druck geraten. Ein Rückgang würde auch weniger Wirtschaftsdünger als Biogasrohstoff bedeuten. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?

Heins: Aktuell spüren wir davon noch nichts. Der Rückgang in der Tierhaltung hat ja vor allem die Schweinehalter betroffen. Schweinegülle ist aber wegen der geringen Gasausbeute schon immer weniger beliebt gewesen als Rindergülle. Wegen der guten Milchpreise aktuell ist der Sektor momentan eher im Aufwind.

Mit dem Joint Venture „PowerWerker“ planen Sie seit Anfang des Jahres auch Batteriegroßspeicher. Wie passt das mit Biogasanlagen zusammen?

Heins: Der Batteriespeicher ist ein landwirtschaftliches Thema geworden. Die Landwirte haben die Flächen und die Netzanschlüsse. Außerdem können Biogasanlagen mit einem Großspeicher flexibilisieren, es gibt Synergieeffekte.

Welche Projekte werden aktuell geplant und welche Perspektiven haben Sie für die Zukunft?

Heins: Das Thema Wärmeversorgung wird immer wichtiger. Wir haben beispielsweise ein sehr aufwendiges Projekt in Arbeit mit einer neuen Biogasanlage auf Basis von Gülle und Mist in Kombination mit einem Solarpark und einer Großwärmepumpe zur Versorgung des Fermenters mit Wärme.

Damit die Anlage möglichst viel Geflügelmist einsetzen kann, soll eine aufwendige Gärrestnachbehandlung mit Stickstoffabscheidung eingebunden werden. Solche Projekte haben Investitionsvolumen von 10 Mio. € und mehr. Das zeigt: Die Kombination von Energieträgern zur gleichzeitigen oder alternativen Erzeugung von Strom, Wärme und Biomethan wird an Bedeutung zunehmen.

Sehr viel Flexibilität bietet dabei das Gasnetz: Biomethan kann zur Stromerzeugung und/oder zum Heizen verwendet werden. Die Versorgung von größeren Gewerbe- und Industriebetrieben gewinnt dabei an Bedeutung. Sofern die Betriebe über eine Lkw-Flotte verfügen, ist zudem die Nutzung des Biomethans als Bio-CNG-Kraftstoff eine wirtschaftlich interessante Option.

 

 

 

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