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topplus Diskussionsrunde

Biogas für mehr Unabhängigkeit von russischem Gas

Auf einer Diskussionsrunde der CSU-Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erklärten Experten, warum Biogas eine ernsthafte Alternative bei der Gasversorgung ist.   

Lesezeit: 6 Minuten

Mit mutigen Beschlüssen könnte die Bundesregierung jetzt dafür sorgen, die Biogasproduktion hierzulande zu erhöhen, ohne weitere Flächen für den Nahrungsmittelanbau in Anspruch zu nehmen. Das ist das Resümee einer Online-Diskussionsrunde zum Thema „Praktische Potenziale rund um Biogas ausloten“, zu der die Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AG ELF) der CSU am 30. März eingeladen hatte.

Verdopplung der Biogasleistung möglich

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„Auch ohne den zusätzlichen Anbau von Energiepflanzen wären wir in der Lage, die Biogasproduktion in Deutschland zu verdoppeln“, erklärte dazu Dr. Claudius da Costa Gomez, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes Biogas. Die rund 9500 Biogasanlagen in Deutschland produzieren heute etwa umgerechnet 10 Mrd. m³ Biomethan, das die gleiche Qualität wie Erdgas hat. Die Menge entspricht 100 Mrd. kWh und damit etwa 10 % der gesamten deutschen Erdgasimporte und 20 % der Importe aus Russland. Deutschland hat im Jahr 2021 etwa 900 Mrd. kWh Erdgas importiert, die Hälfte davon ist russisches Gas. „Zum stärkeren Ausbau brauchen wir jetzt schnelle Entscheidungen aus Berlin. Was eine gute Förderung bewirken kann, zeige sich derzeit in Frankreich, wo viele deutsche Firmen derzeit Biogasanlagen bauen.

Neben hohen Börsenstrompreisen gibt es derzeit auch eine starke Nachfrage nach Wärme aus Biogasanlagen. Damit haben Anlagenbetreiber derzeit sehr gute Erlöschancen. Er hält es trotzdem für sinnvoll, das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiter zu entwickeln, da es wichtig sei für die Kreditwürdigkeit. „Den Banken reichen hohe Preise am Markt nicht, weil sich das schnell ändern kann“, sagte er.

Neben dem Reststoffpotenzial sieht er auch Chancen für die Methansynthese: Das bei der Biogasaufbereitung anfallende CO₂ lässt sich zusammen mit Wasserstoff zu Methan verbinden. Der Wasserstoff könnte aus Elektrolyseuren stammen, die neben der Biogasanlage entstehen könnten und die günstigen Wind- oder Solarstrom nutzen.

Einseitiger EEG-Entwurf

Biogasanlagen werden benötigt, um bedarfsgerecht Strom zu erzeugen oder das Gas auf Biomethanqualität aufzubereiten und ins Gasnetz einzuspeisen. „Die Bundesregierung wollte vor dem Ukrainekrieg Kohle- und Kernkraftwerke durch moderne Gaskraftwerke ersetzen. Das könnten jetzt Biogasanlagen sein – auch wenn die Bundesregierung das wahrscheinlich nicht im Fokus hatte“, sagte Uwe Welteke-Fabricius vom Netzwerk „Flexperten“. Er begrüßt, dass die Stromerzeugung aus KWK-Anlagen bis 2030 nur noch an höchstens 2.500 Stunden im Jahr gefördert werden soll. "Gleichzeitig kann und muss dann die installierte Leistung der BHKW an Biogasanlagen auf etwa 15 GW gesteigert werden – dafür würde das derzeit erzeugte Biogas ausreichen. Ohne diesen weiteren weiteren Ausbau der Bestandsanlagen würde das zu einem drastischen Rückgang der Strommenge aus Biogas führen", warnte er.

Auch er hält das EEG für wichtig. Denn eine Flexibilisierung einer bestehenden Anlage könnte schnell 2 bis 3 Mio. € kosten. „Dafür braucht eine Bank die Sicherheit, die eine feste Einspeisevergütung als Grundsicherung bietet“, erklärte er.

Biogasmais wird teuer

Martin Dotzauer vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum nannte noch einen weiteren Grund, warum Reststoffe künftig eher eingesetzt werden sollten als Energiemais: „Dieser ist zwar sehr effizient und einfach zu verarbeiten. Aber die stark gestiegenen Dünger- und Dieselkosten machen den Anbau teuer.“ Zudem ist der Anbau von Marktfrüchten wie Weizen oder Raps wegen der dort ebenfalls gestiegenen Preise eine mögliche Alternative zur Substratproduktion für die Biogasanlage.

Das Potenzial für die Wasserstoffproduktion an den Anlagen hält er dagegen für begrenzt, wenn die Elektrolyseure direkt an Wind- oder Solarparks angeschlossen wären. „Sie produzieren im Schnitt nur an 2000 Stunden im Jahr Strom und damit Wasserstoff, während Biogasanlagen an 8700 Stunden Gas erzeugen. Wasserstoff fällt also nicht ganzjährig an.“

Auch LNG ist klimaschädlich

Auch Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group (EWG) sieht großes Potenzial für Biogas als Erdgasersatz. „Auch Erdgas als LNG ist nicht nur klimaschädlich, sondern finanziert auch Kriege wie im Jemen“, gibt er zu bedenken. Auch wenn im Energiesystem der Zukunft Solar- und Windenergie mit 80 % den Löwenanteil stemmen, seien wir auf Biogas, Wasserkraft und Geothermie angewiesen. Alle hätten ihre Stärken. Und Energiepflanzen könnten zusätzlich mit nachhaltigen Anbaumethoden sogar CO₂ senken. Dazu zählt er auch auch Raps oder Getreide für die Biokraftstoffproduktion. „Auch die Agriphotovoltaik bietet enorme Vorteile, wenn man es richtig macht, vor allem bei der Beschattung von Pflanzen in trockenen Regionen wie in meiner Heimat Unterfranken“, nannte er ein zusätzliches Beispiel.

Und er brachte ein weiteres Beispiel: Wenn die Menschen in Zukunft weniger Fleisch essen, würde Anbaufläche frei, auf der ansonsten Futter produziert wurde. „Die Energieproduktion ist dann ein Weg für die Landwirtschaft, weiterhin ihre Existenz zu sichern“, erklärte er.

Er nahm aber auch die Landwirte selbst in die Pflicht. Denn die Lebensmittelproduktion hänge heute stark an fossilen Energien, beim Diesel für Traktoren genauso wie beim Mineraldünger. Erneuerbarer Strom, Gärrest als Dünger, Elektroantriebe oder Pflanzenöltraktoren könnten hier Abhilfe schaffen.

Zur weiteren Förderung der Biogasbranche rät er dazu, das Ausschreibungsverfahren abzuschaffen – zumindest für Anlagen einer bestimmten Größe. Genauso sieht er es als Fehler, die EEG-Umlage über die Steuer zu finanzieren. Denn damit werde die EEG-Vergütung zur Beihilfe, sodass die EU-Kommission bei jedem neuen Gesetz erst zustimmen muss.

Kreisläufe schließen!

Gerade die Düngerproduktion ist ein interessanter Hebel für mehr Klimaschutz, betonte auch Prof. Andrea Kruse von der Universität Hohenheim. „Wenn wir den Gärrest aus Biogasanlagen nutzen, um daraus Dünger und Pflanzenkohle zu machen, brauchen wir weder Phosphor aus China importieren noch über das Haber-Bosch-Verfahren mit viel fossilen Energien künstlichen Dünger herzustellen.“ Sie plädiert dazu, mit dezentralen Anlagen vielerorts Kreisläufe zu schließen, ohne Gülle oder Gärrest über lange Strecken zu transportieren.

In einem weiteren Schritt könnte man in Biogasanlagen auch Grundchemikalien für die Industrie herstellen, ohne zusätzliche Flächen in Anspruch zu nehmen. „Wir suchen nach Wegen, damit Landwirte mehr Geld verdienen, in dem sie mehr Produkte mit der vorhandenen Ackerfläche produzieren“, stellte sie in Aussicht.

„Biogas ist keine Frage von Teller oder Tank. Wir müssen die Lebensmittel- und Energieproduktion gemeinsam weiterentwickeln“, forderte Marlene Mortler, CSU-Abgeordnete im Europäischen Parlament, die zu der Diskussionsrunde eingeladen hatte. Sie regte an, das Thema Biogas stärker in die Öffentlichkeit zu tragen: „Der Beitrag der Agrarbranche zur Selbstversorgung bei Lebensmitteln und Energie ist stärker als die Öffentlichkeit weiß!“

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