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Biogas: Mit Strommarkterlösen aus der Inflationsfalle

Biogasanlagen unter 1 MW Bemessungsleistung sind zwar von der Erlösabschöpfung ausgenommen. Dennoch drohen ab 2024 erhebliche Kostensteigerungen. Ein Ausweg könnte jetzt die Flexibilisierung sein.

Lesezeit: 4 Minuten

Mit großer Erleichterung haben die meisten Biogasanlagenbetreiber in Deutschland den Beschluss des Bundestages zur Strompreisbremse zur Kenntnis genommen.

„Über 95 % der Anlagen werden aufgrund der Bagatellregelung von der Abschöpfung ausgenommen“, sagte Dr. Stefan Rauh kürzlich beim Online-Treffen des Netzwerks „Flexperten“. Denn anders, als die ersten Entwürfe befürchten ließen, wird nicht die installierte Leistung, sondern die Bemessungsleistung als Basis für die Ausnahmeregelung genommen.

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Das bedeutet: Die erzeugte Strommenge wird durch die Jahresstunden (8.760) geteilt. Im Maximum können Betreiber also 8.760 Megawattstunden (MWh) erzeugen. Die Bemessungsleistung wäre in diesem Fall: 8760 MWh geteilt durch 8760 h = 1 MW. Laut Deutschem Biomasseforschungszentrum (DBFZ) sind jetzt von der Abschöpfung nur noch 188 Anlagen betroffen.

Erhebliche Auswirkungen auf die Branche

Dennoch sieht der Fachverband Biogas erhebliche Auswirkungen auf die Branche und damit auch auf den Strommarkt: Der Gesetzgeber stellt bei der Abschöpfung auf den stundenscharfen Spotmarkterlös ab. Die Branche hatte dagegen gefordert, dass der Monatsmittelwert als Basis genommen wird. „Jetzt werden auch Erlöse abgeschöpft, für die der Betreiber in BHKW-Leistung, Gasspeicher und Wärmepuffer investiert hat. Das sind weder Gewinne, noch sind diese Zusatzerlöse zufällig entstanden“, kritisiert Uwe Welteke-Fabricius, Sprecher des Netzwerks.

Zur Finanzierung der Investitionen in die flexible Leistung gab es zwar in der Vergangenheit die Flexibilitätsprämie. Auch wer diese bereits genutzt hatte, hat für den anspruchsvollen Fahrplanbetrieb mit höheren Erlösen aus dem Strommarkt kalkuliert – die im Sommer 2022 erstmals eintrafen. „Zum Glück konnte die ursprünglich erwogene rückwirkende Anwendung der Abschöpfung abgewendet werden“, sagt er.

Anreiz zur Flexibilisierung ist weg

Mit dem Gesetz zur Strompreisbremse fällt bei den betroffenen großen Biogasanlagen der Anreiz weg, Spitzenlaststrom zu liefern. Denn wer bedarfsgerecht einspeist, wie es die Politik jahrelang gefordert hatte, verliert sogar Geld.

Aktuell funktionierende flexible Projekte gehen zurück in den Dauerbetrieb, weil dann die Abschöpfung je kWh erheblich geringer ist als bei Spitzenlasterzeugung, bestätigt Christoph Heitmann von Benas Biogas, der seit 1. Dezember wieder im Dauerbetrieb einspeist, weil er sich Verluste aus dem Flexbetrieb nicht leisten kann.

„Es lässt sich weder politisch noch fachlich erklären, warum das Gesetz nicht auf den Monatsmittelwert abhebt. Das ganze Gesetzgebungsverfahren hinterlässt den fahlen Beigeschmack, dass das Bundeswirtschaftsministerium Biogas nicht zur Deckung der Residuallast will“, meint Martin Lass, Biogasanlagenbetreiber und Entwickler von Speicherkraftwerken aus Schleswig-Holstein.

Passend dazu habe die Bundesnetzagentur jetzt die Höchstwerte bei der Ausschreibung von neuen Wind- und Solarparks erhöht, dafür aber nicht für neue Biogasanlagen. „Dabei sind Biogasanlagen wesentlich stärker von der Inflation und den Kostensteigerungen betroffen als die Windenergie oder die Photovoltaik“, kritisiert er.

Drosselung statt Ausweitung

Auch die im Energie-Sicherungsgesetz (EnSiG) im Herbst angeregte Steigerung der Bemessungsleistung ist für Anlagen von knapp unter 1 MW jetzt unwirtschaftlich geworden. Betreiber, die knapp darüber liegen, drosseln sogar ihre Fütterung, um der Abschöpfung zu entgehen. Denn wer damit über 1 MW installierte Leistung käme, würde bares Geld verlieren“, rechnet Welteke-Fabricius vor. Die eigentlich sinnvolle Steigerung würde auf diese Weise bestraft statt belohnt.

Da die höheren Erlöse im Jahr 2022 einiges abfangen konnten, wird sich nach Ansicht von Welteke-Fabricius der Kostenanstieg erst im Jahr 2023 richtig auswirken, wenn die mittleren Stromerlöse nicht wieder die diesjährige Höhe erreichen. Denn viele Betreiber haben 2022 ihre Substrate deutlich teurer bezahlen müssen. Dazu kommen höhere Pachten und Betriebskosten.

„Die EEG-Vergütung reicht bei Anlagen ohne Wärmeverkauf oder Fahrplanbetrieb dafür nicht mehr aus. Nur mit Zusatzerlösen aus dem Strom- und Wärmemarkt können Biogasanlagen diese gestiegenen Kosten decken. Ohne sie werden spätestens ab 2024 viele Anlagen auch ohne Erlösabschöpfung unwirtschaftlich“, warnt er.

Jetzt flexibilisieren!

Darum rät er dazu, dass Anlagenbetreiber entweder in die Gasaufbereitung und -einspeisung investieren, oder – so die Empfehlung der Flexperten – in die Umrüstung zu einem Speicherkraftwerk. Dafür entscheidend ist die Frage, ob es in bis zu 10 km Umkreis eine Ortschaft gibt, die mit einem Wärmenetz versorgt werden möchte. Wenn ja, ist eine Gasleitung dorthin und der Bau eines Speicherkraftwerks die effizientere Lösung und wird durch das EEG 2023 und die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) attraktiv gefördert.

„Auch für bestehende Anlagen sollte die Flexförderung reaktiviert werden, um die Investitionen anzureizen“, schlägt er vor. Das wäre nicht allein für die Biogasanlagen wichtig, sondern vor allem für die Stromversorgung in Deutschland. Denn allein in der dunklen, windarmen Zeit im Dezember 2022 war Biogas nach Kohle- und Erdgaskraftwerken die drittwichtigste Stromquelle in Deutschland.

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