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Biogas: Welche Chancen die preisoptimierte Einspeisung bietet

Martin Strobl von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft erklärt, wie neue Entwicklungen auf dem Strommarkt sowie das Biomassepaket das Management von Biogasanlagen verändern.

Lesezeit: 7 Minuten

Für Biogasanlagen liegt die Zukunft bei der Stromproduktion in der bedarfsgerechten Stromeinspeisung. Dafür ist eine entsprechende Flexibilisierung nötig, also – einfach gesagt – ein größerer Gasspeicher und ein größeres BHKW, um die Stromeinspeisung an bestimmten Stunden zu vermeiden und dafür an anderen Stunden mehr Strom produzieren zu können.

Doch wie findet man heraus, welche Stunden zu vermeiden bzw. zu wählen sind? „Ausschlaggebend ist der Preis an der Strombörse, er zeigt an, welcher Bedarf aktuell besteht“, erklärte Agrarökonom Martin Strobl von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), kürzlich auf der Biogastagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Verden.

Biogas: „Spezielle Nische“

Mit Blick auf die Ausbauziele bei der Photovoltaik (bis 2040 ist eine Vervierfachung der installierten Leistung von heute 100 auf 400 GW geplant) und der Windenergie (bis 2024 soll die Leistung von heute 70 auf 160 GW mehr als verdoppelt werden), fällt die künftige Rolle der Biogasanlagen mit einem Ziel von 8,4 GW auf den ersten Blick weit zurück. „Die Biogasanlagen treten dabei aber nicht in Konkurrenz zu Wind- oder Solarstrom, sondern nehmen eine spezielle Nische ein, was kein Nachteil ist“, sagt Strobl.

Situation an Sonnentagen

Zeitfenster, die aus Sicht der Biogasbranche besonders zu beachten sind, bezeichnet Strobl als „Sonnentage“. Ein typisches Beispiel aus dem Juli 2023 ist in der Übersicht zu sehen. Die Solarstromerzeugung steigt dort ab 6 Uhr mit dem Sonnenaufgang steil an, erreicht zwischen 11 Uhr und 15 Uhr den Tageshöchststand und fällt danach wieder stark ab. Nach 21 Uhr spielt die Solarstromerzeugung an diesem Tag keine Rolle mehr.

Der Großhandelspreis reagiert gegenläufig und fällt während des Sonnentags stark ab. Von 10 bis 18 Uhr ist er sogar negativ. Das bedeutet: Es war so viel Strom im Netz, dass der Netzbetreiber Geld dafür gezahlt hat, dass der Strom an anderer Stelle verbraucht wird. „Die negativen Strompreise, also Preise unter 0 ct/kWh, werden meist durch ein Überangebot von Wind- und Solarenergie verursacht“, sagt Strobl.

„Die Abbildung ist exemplarisch für viele Tage im Sonnenjahr zwischen März und Oktober, weshalb der Tag zur Veranschaulichung so gut geeignet ist“, sagt Strobl. Biogasanlagen sollten es gänzlich vermeiden, zu diesen Stunden einzuspeisen.

Schwach positive Preise

Neu mit dem Biomassepaket wurde zusätzlich der Begriff der „schwach positiven Preise“ eingeführt. Auch bei diesen Preisen sollen Biogasanlagen künftig keine EEG-Marktprämie mehr erhalten, also die Differenz zwischen der jeweiligen Vergütung der Anlage („anzulegender Wert“) und dem Jahresmittelwert für Biogasstrom. Das betritt alle neuen Anlagen und damit auch diejenigen, die nach 20 Jahren EEG einen Zuschlag bei der Ausschreibung erhalten haben.

„Schwach positiv“ bedeutet einen Strompreis kleiner oder gleich 2 ct/kWh. „Das erweitert den Zeitraum, an dem das BHKW stillstehen sollte, an diesem Tag um zwei weitere Stunden“, sagt Strobl. „Noch fehlt dem Biomassepaket die Zustimmung der EU-Kommission, aber unabhängig davon sollten sich Anlagenbetreiber darauf einstellen. Den unabhängig von der Förderung ist der Marktdruck vorhanden“, rät er.

Schon 2023 waren das relevante Größen: An 301 Stunden war der Strompreis negativ, an 835 Stunden nur schwach positiv. „Das betrifft rund 10 % der Strommenge einer Anlage, die im Dauerbetrieb fährt“, rechnet er vor. 2024 stieg der Wert aufgrund des starken Solaranlagenzubaus auf 450 Stunden mit negativen und 1057 Stunden mit schwach positiven Preisen, rund 12 % der Stromerzeugung. „Ob nun Gesetzesvorgabe oder nicht: Wer zu diesen Stunden einspeist, verliert Wertschöpfung“, sagt er.

Oder anders ausgedrückt: Eine Anlage mit anzulegendem Wert von 18 ct hätte im Jahr 2024 dank der Stunden mit den negativem Strompreis 0,48 ct/kWh an Vergütung verloren. „Nimmt man die schwach positiven Preise dazu, wären es schon 1,21 ct/kWh gewesen“, rechnet Strobl vor. Bei einer Biogasanlage mit 500 kW Höchstbemessungsleistung summiert sich dieser Verlust auf rund 50.000 € im Jahr.

Neue Marktregeln

„Wer als Anlagenbetreiber alle schwach positiven und negativen Stundenpreise meidet, reagiert letztendlich auf ‚Hellbrisen‘, also Zeiten mit viel Solar- und Windstromeinspeisung. Diese sind aufgrund der stets besser werdenden Wind- und Solarprognosen meist am Vortag bekannt“, fasst Strobl die neue Marktregel zusammen.

Gleichzeitig sollten die Anlagenbetreiber zu den Stunden einspeisen, an denen der Strompreis höher ist. „Wer am Tag nur an maximal zwölf Stunden produziert und dabei im Jahr 2024 täglich die Stunden mit den höchsten Preisen getroffen hätte, wäre bei 2,5 ct/kWh Mehrerlös gelandet“, rechnet Strobl vor.

Nach dem Biomassepaket sollen Biogasanlagen nur noch an 2.920 Stunden einspeisen. Dadurch ist eine dreifache Überbauung nötig, um an 2.920 Stunden die gleiche Strommenge produzieren zu können wie sonst im Dauerbetrieb (8.760 Stunden). Diese Flexibilität ermöglicht bei täglicher Preisoptimierung – in diesem Fall 8 Stunden Betrieb von 24 – und bei zusätzlichem Meiden der schwach positiven Stunden Mehrerlöse in Höhe von 3,3 ct/kWh. Bei 500 kW Bemessungsleistung entsprechen diese Mehrerlöse jährlich 145.000 EUR.

Die jährlich besten Stunden

Alternativ zu den täglich besten Stunden könnte die Biogasanlage die jährlich besten Stunden suchen. Die Einspeisung zu den 2920 preishöchsten Stunden innerhalb eines Jahres würde die Mehrerlöse um weitere 1,3 ct/kWh auf insgesamt 4,6 ct/kWh erhöhen. „Natürlich lassen sich im Januar nicht die jährlich 2.920 preishöchsten Stunden des gesamten Jahres voraussagen.

Man könnte sich aber beispielsweise ein Preislimit setzen und nur oberhalb dieses Mindestpreises einspeisen. Im Jahr 2023 lag dieses Limit bei rund 11 ct/kWh, im Jahr 2024 bei rund 9 ct/kWh“, schlägt er vor und gibt aber gleich zu bedenken: „Im gesamten Februar 2024 waren nur wenig preisoptimale Jahresstunden. Das BHKW hätte damit nicht nur wenig Strom erzeugt, sondern auch wenig Wärme erzeugt und für ein Nahwärmenetz zur Verfügung gestellt.“

Bei aller Strompreisoptimierung sollten Anlagenbetreiber daher auch weiterhin „die Wärmeerzeugung erhalten und diese noch weiter werthaltig ausbauen. Der Wärmeverkauf bleibt bei Biogasanlagen eine relevante Erlöskomponente“, sagte er.

Einstellen auf die neue Realität

Wie können sich Anlagenbetreiber auf die neue Realität am Strommarkt und im EEG einstellen?

  • In sonnenstarken Monaten sollten sie tagsüber keinen Strom einspeisen.

  • Bei weiter massivem Zubau an Solar und Batteriespeichern könnte der Solarstrom auch weit bis in die Nacht reichen. Langfristig kann es im Sommer sinnvoll werden, das BHKW auch für mehrere sonnenreiche Tage abzustellen. An diesen Tagen müsste entweder auch die Gaserzeugung nach unten moduliert oder das Biogas anderweitig genutzt werden.

  • Auch Windbrisen können zu mehrtägigen Strompreistiefs führen, und zwar ebenfalls in Zeiten, in denen viel Wärme gebraucht wird. Langfristig könnten alternative Wärmeerzeuger aus Biogas (oder sogar Überschuss-Strom) die dann nicht mehr verfügbare BHKW-Wärme ersetzen.

  • Die Marktprämie für Biogasanlagen mit Erstinbetriebnahme ab 01.01.2023 berechnet sich anhand des Jahresmarktwertes. Die Stromeinspeisung kann beliebig innerhalb des Jahres verschoben werden. Eine saisonale Verschiebung der Strommengen in den Winter kann den Anteil der BHKW-Wärmenutzung deutlich erhöhen.

Beispiel für Mehrerlöse

Mit der saisonalen Verschiebung der Stromeinspeisung erhöht sich der Marktwert weiter. Dazu ein Beispiel einer Biogasanlage mit folgenden Parametern:

  • die Anlage ist dreifach überbaut,

  • von März bis August wird die Gaserzeugung auf bis zu 20 % nach unten reduziert,

  • Strom wird in der Zeit täglich an maximal vier Stunden preisoptimiert eingespeist,

  • von September bis Februar liegt die Gaserzeugung bei 100 %,

  • in diesen Montagen wird täglich an zwölf Stunden preisoptimiert eingespeist.

Das Ergebnis dieser Anlage: Im Jahr 2024 hätte diese Fahrweise gegenüber Grundlast zu einem um gut 3,5 ct/kWh höheren Marktwert sowie einer höheren Verfügbarkeit an werthaltig nutzbarer BHKW-Wärme geführt.

Biogas und Batterie

Ein noch sehr neues und daher mit Zahlen noch weniger greifbares Thema ist die technische Möglichkeit, die Strom-Einspeiseflexibilität mit einem Batteriegroßspeicher zu erhöhen. Dem Strommarkt jedenfalls wäre es egal, ob die kurzfristige Flexibilität durch ein BHKW oder eine Batterie sichergestellt wird. Zusätzlich könnte der Batteriespeicher den Anlageneigenverbrauch managen oder als Einspeisebooster die Stromeinspeisung auf noch weniger Stunden konzentrieren, falls der Netzanschluss kein begrenzender Faktor ist.

Zum Weiterlesen

Martin Strobl empfiehlt folgende Internetseiten, um sich über den Strommarkt zu informieren:

  • www.epexspot.com (hier das Gebiet „Deutschland/Luxemburg (DE-LU)“)

  • www.smard.de (Seite der Bundesnetzagentur, Anzeige der tatsächlichen und prognostizierten Erzeugung). 

  • www.lfl.bayern.de/iba/energie/  (Aktuelle Strommarktberichte für Biogasanlagen und weiterführende Informationen zum Thema)

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