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Biogasanlage wird zur Nährstoffdrehscheibe

Daniel Hemker-Thiemann hat sich mit seiner Biogasanlage auf die Verwertung von Wirtschaftsdünger spezialisiert. Für die Tierhalter in der Umgebung ein Glücksfall.

Lesezeit: 5 Minuten

Daniel Hemker-Thiemann nimmt eine Handvoll der braunen Masse vom Förderband: „Das Material hat jetzt 28% Trockensubstanz, ideal für den Transport“, sagt der Landwirt aus Ahaus (Landkreis Borken).

Mit dem Pressschneckenseparator trennt die HT Bioenergie GbR den Gärrest der Biogasanlage, die im Jahr 2012 mit 400 kW Leistung in Betrieb gegangen ist. Ursprünglich war die Anlage für einen täglichen Substratmix mit 25 m3 Rindergülle, 12 t Rindermist sowie 10 t Silomais und 5 t Grünroggen ausgelegt. „Heute setzen wir nur noch 1 t Mais ein, um das Substrat rührfähig zu halten. Der Rest sind Rinder- und Schweinegülle sowie Mist aus mehreren Ställen“, sagt der Landwirt, der die Anlage zusammen mit seinem Vater Herbert betreibt. Rund 50% des Inputs für die Biogasanlage liefert der Betrieb mit Schweine- und Bullenmast sowie Ackerbau selbst.

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Biogasanlage als Lösung

Der Wirtschaftsdünger ist dabei nicht nur ein wichtiger Input für die Biogasanlage, die in einer viehstarken Region steht. „Mais ist hier sehr gefragt und teuer. Hinzu kommen die hohen Pachtpreise“, sagt er. Borken ist zudem ein Nährstoffüberschusslandkreis. Viele Tierhalter müssen hier schon lange Gülle und Mist zu erheblichen Kosten über Güllebörsen und andere Dienstleister exportieren – nicht erst seit der Verschärfung der Düngeverordnung.

Im Laufe der Jahre ist auch die HT Bioenergie Teil der Lösung geworden:

  • Die Biogasanlage nimmt dreimal pro Woche Gülle und Mist von sechs Rinder haltenden Betrieben (Bullenmäster, Milchvieh- und Mutterkuhhalter) an und vergärt den Wirtschaftsdünger in der Biogasanlage. Die meiste Biomasse holt Hemker-Thiemann mit eigenen Fahrzeugen selbst ab. Den Mist zerkleinert er per Hammermühle.

  • Der gesamte Gärrest (20000 t pro Jahr) wird nach der Vergärung separiert. Hierfür nutzt der Betrieb ein Modell mit einer Durchsatzleistung von 150 m3 pro Stunde.

  • Die feste Phase (Konzentrat) setzt er zum Teil auf seinen Ackerflächen als Dünger ein, transportiert sie aber auch mit eigenen Lkw an zwei Ackerbaubetriebe in der Köln-Aachener Bucht.

  • Die flüssige Phase (Filtrat) nutzen die Rinderhalter zum Teil auf dem Grünland oder im Ackerbau.

  • Alle Lieferungen zu und von der Biogasanlage werden gewogen. Hemker-Thiemann stellt für jede Lieferung nach Laboranalyse einen Lieferschein aus, sodass er die Nährstoffbilanz der Mist anliefernden und Dünger abnehmenden Betriebe dokumentieren kann.

DAS KONZEPT VOM BETRIEB HEMKER-THIEMANN

Vorteile für die Biogasanlage

Die Vergärung von 30 t Rindermist und 30 m3 Gülle bringt dem Betrieb einen kostengünstigen Inputstoff. Dadurch, dass er frisch angeliefert und sofort vergoren wird, liegt die Gasausbeute bei etwa 50% von der von Silomais. „Als besonders gut hat sich die Faltschieberentmistung bei den Milchviehhaltern gezeigt, diese Gülle bringt fast so viel Gas wie Mist“, hat er festgestellt.

Hemker-Thiemann erhält auch einen Entsorgungserlös für die Abnahme von den abgebenden Betrieben. Je nach Jahreszeit und Transportentfernung sind 12 bis 15 €/m3 Gülle üblich. Auch für den Mist bezahlen die Betriebe. Darüber hinaus schafft die feste Lieferbeziehung zu den Betrieben sowie die Zusammenarbeit mit drei Lohnunternehmen bzw. Nährstoffbörsen viel Akzeptanz unter Berufskollegen. „Eine Zeit lang waren Biogasanlagen ja nicht sehr beliebt, weil sie als Konkurrenz angesehen wurden. Aber jetzt überwiegen wieder die Vorteile“, stellt er fest.

Vorteile für die Rinderhalter

Mit der Abgabe von Gülle und Mist können sie ganzjährig Nährstoffe aus dem Betrieb exportieren. Die Abnahme erfolgt kontinuierlich und löst damit keine besonderen Arbeitsspitzen wie sonst beim Güllefahren aus. Die Entsorgung ist kostengünstiger als über übliche Nährstoffbörsen. Denn Hemker-Thiemann erlässt ihnen rund 2 € je m3 Gülle von den sonst üblichen Kosten, die sie für die Anlieferung bezahlen müssen. „Wir produzieren ja damit auch Gas und erhalten eine Einspeisevergütung. Den Vorteil gebe ich an die Betriebe weiter.“

Die Tierhalter brauchen zudem nicht mehr Lagerraum oder eine Mistplatte, da der Mist gleich auf Kipper geladen wird. Landwirte mit Grünland bekommen zudem mit dem Filtrat einen fließfähigen Flüssigdünger mit viel Ammonium zurück, der besser pflanzenverfügbar ist als Rindergülle, bei der die Fasern in trockenen Jahren auf dem Gras liegen bleiben. Dank der Separation sind auch alle Fremdkörper wie Klauenschuhe herausgefiltert, sodass es keine Verstopfungen oder Ähnliches im Verteiler oder Gestänge des Ausbringfahrzeugs gibt.

Vorteile für Ackerbauern

Die Ackerbaubetriebe bekommen einen Flüssigdünger, den sie mit vorhandener Technik ausbringen können. „Wir liefern diesen je nach Wunsch entweder frei Feldrand oder in ein vorhandenes Lager“, sagt der Landwirt. Die Kosten, die der Ackerbauer zu tragen hat, sind dabei sehr unterschiedlich und hängen stark von Jahreszeit, Transportentfernung und anderen Faktoren ab.

Da Ackerbauern unterschiedliche Anforderungen an die Nährstoffzusammensetzung haben, kann Hemker-Thiemann spezielle Dünger zusammenstellen. So mischt er beispielsweise die Dünnphase nach der Separation und Mastschweinegülle im Güllekeller, um einen Dünger mit viel N und P herzustellen. „Ackerbauern haben durchaus Bedarf an Phosphat“, hat er festgestellt.

Neben Flüssigdünger liefert er auch per Lkw das abseparierte Konzentrat, das er selbst auf eigenen Flächen nicht verwerten kann, zu den Ackerbauern, die es per Miststreuer ausbringen.

Hemker-Thiemanns Fazit nach rund drei Jahren Erfahrung als Nährstoffdrehscheibe: „Wer wie wir mit verschiedenen Betrieben und Lohnunternehmern zu tun hat, weiß, wo es von welchem Stoff zu viel gibt und wo welcher gebraucht wird. Wichtig ist, dass die Menschen miteinander reden, dann kann man gemeinsam immer eine Lösung finden!“

Diese Reportage stammt aus dem top agrar Energiemagazin 7/2019 aus dem umfangreichen Praxisbericht

"Gülle und Gärrest: Rohstoffe statt Abfall"

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