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Biogaserzeuger halten nichts von Strompreisbremse

Viele Biogaserzeuger äußern sich kritisch zu den Plänen für die Strompreisbremse. Der Fachverband Biogas drängt Landwirte, jetzt mit ihren Abgeordneten zu sprechen. Die Lage spitzt sich zu.

Lesezeit: 9 Minuten

Nach einer Umfrage des Landesbauernverbandes Brandenburg bewerten viele Biogasanlagenbetreiber die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums für eine Abschöpfung der Strommarkterlöse von Biogas- und Solaranlagenbetreibern als Vertrauensbruch. Derzeit werden im Land Brandenburg mehr als 400 Biogasanlagen betrieben, die mit nachwachsenden Rohstoffen dauerhaft und bedarfsgerecht Strom, Gas und Wärme erzeugen. Die technische Infrastruktur der Biogasanlagen befindet sich direkt auf oder in der Nähe des Betriebsgeländes und beansprucht im Vergleich zu flächenintensiven Solaranlagen wenig Fläche bei einem hohen Mehrwert. Bioenergie ersetzt fossile Energieträger und nutzt sie für betriebseigene Produktionsprozesse wie die Trocknung des Getreides oder die Herstellung von Düngepellets. Der zurückbleibende Gärrest dient zudem als hochwertiger, nicht mehr emittierender Dünger. „Eine rückwirkende Einforderung von Erlösen aus dem Stromverkauf rüttelt an den betriebswirtschaftlichen Grundfesten der landwirtschaftlichen Unternehmen und unterwandert das Ziel der unabhängigen Energieversorgung aus heimischen, nachwachsenden Rohstoffen“, erklärt der Landesbauernverband. Hier die Stimmen der Betreiber:

Heiko Terno, Geschäftsführer des AWO Reha-Gut Kemlitz

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„Biogasanlagen sind eine große Chance! Sie sind als einzige Technologie grundlastfähig, das heißt, sie können 24 Stunden am Tag verlässlich Strom und Wärme liefern. Das können weder Windkraft noch Photovoltaik. Die schon bestehende Deckelung der Vergütung ab einer Leistung über 75 KW führt zudem dazu, dass ich im Sommer aufgrund intensiverer Gärprozesse Gas abfackeln muss. Ein absoluter Irrsinn.“

Helge Klamke, Geschäftsführer Agrar Planetal Golzow GmbH

„Wir sehen das sehr kritisch, denn die Inputkosten sind auch drastisch gestiegen. Unsere Anlage ist 20 Jahre alt. Wir haben sie in einer Zeit gebaut, in der wir darauf vertrauen konnten, dass man fair miteinander umgeht. Jetzt, wo wir die Chance haben, etwas zu verdienen, will uns der Staat das wieder wegnehmen. Verträge gelten also nichts mehr. Ich habe hier jedes Vertrauen verloren. Nicht zu sprechen von den gigantischen Umsätzen, die die wieder in Betrieb genommenen Kohlekraftwerke erwirtschaften werden.“

Benjamin Meise, Geschäftsführer Fürstenwalder Agrarprodukte GmbH Buchholz

„Die geplante Abschöpfung von Übergewinnen im Energiesektor ist ein richtiger Schritt, geht aber im Biogasanlagenbereich eindeutig zu weit. Die veranschlagte Preisgrenze reichte schon in ‚Friedenszeiten‘ nur zu einer knappen Kostendeckung. Zwischendurch haben sich aber auch die Betriebskosten für die Biogasanlagen erhöht (Gärsubstrat, Zukaufenergie, Personalkosten). Außerdem wurde Geld auch für neue Investitionen bereits ausgegeben. Für uns wäre die Verabschiedung dieses Vorschlages ein Genickbruch. Ich weiß, dass es vielen anderen Biogasanlagenbetreibern genauso ginge. Wie passt das mit dem richtigen Ziel der Bundesregierung zusammen, die Biogasbranche weiter zu entwickeln? Aus meiner Sicht kann die Abschöpfung aller Stromlieferanten nur über eine erhöhte Gewinnsteuer gerecht erfolgen, da nur so betriebliche und technologische Unterschiede für alle fair berücksichtigt bleiben.“

Kevin Löblich, Geschäftsführer Lenzener Wische Rinderzucht GmbH

„Wenn eine Politik rückwirkend in eine Marktwirtschaft eingreift, ist das aus meiner Sicht nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich hoch verwerflich.“

Kommentar des Kreisbauernverbandes Oder-Spree

„Es darf nicht zu einer rückwirkenden Abschöpfung von Erlösen ab März 2022 kommen. Sehr viele Betreiber von Biogasanlagen und Holzheizkraftwerken haben die bereits vorhandenen oder absehbaren Erlöse in Anlagentechnik (z. B. Speichertechnik und Motorenleistung für die Flexibilisierung) investiert bzw. zur Kompensation der ebenfalls stark gestiegenen Betriebs- und Brennstoffkosten verwenden müssen. Eine rückwirkende Abschöpfung würde das Vertrauen von Firmen und Betreibern in die Zuverlässigkeit der Politik nachhaltig zerstören und zur Reduktion der Energieerzeugung sowie zu Anlageninsolvenzen führen.“

Kritik: Abschöpfung dient zur Finanzierung von Kohlekraftwerken

„Die Betreiber von Windenergie- und Solaranlagen und anderer Anlagen zur regenerativen Energie-Erzeugung arbeiten aktiv an der Umsetzung der Energiewende und haben dazu in der Vergangenheit teilweise massive Investitionen getätigt. Seit den jüngsten geopolitischen Verwerfungen und Sanktionen profitieren sie nun im Nebeneffekt von den hohen Strompreisen – und sollen Gewinne abgeben, um damit fossile Ressourcen wie beispielsweise Gas zu subventionieren. Das passt nicht zu den Energiewende-Zielen“, kritisiert Projektleiter der Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH), Peter Grosse.

Dr. Matthias Hüppauff, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordfriesland und EE.SH-Projektträger, ergänzt: „In regulierten Märkten über die Abschöpfung von Gewinnen nachzudenken und die Verbraucher zu entlasten ist grundsätzlich sinnvoll. Zwei Aspekte sollten aber bedacht werden. Erstens: Rückwirkende Steuern führen stets zu starken Verunsicherungen und können Entwicklungen stark beeinträchtigen – siehe Beispiel Spanien. Dort wurden 2008 viele Solarparks rückwirkend besteuert und die Investitionen in erneuerbare Energien kamen zum Erliegen.“ Zweitens sollte eine Übergewinnsteuer nicht dazu führen, dass erneuerbare Energien besteuert werden, um den Preis für fossile Energien zu subventionieren, sagt er. Vielmehr sollte der Staat dafür sorgen, dass Gewinne in mehr Investitionen zur Beschleunigung der Energiewende umgewandelt werden. Dies hätte den großen Vorteil, dass die Abhängigkeit vom Erdgas schneller reduziert wird und weitere Preissubventionen in den Folgejahren überflüssig werden. „Der Effekt könnte natürlich auch in gleicher Weise für Übergewinne aus Atomstrom gelten“, schlägt er vor.

Fachverband mobilisiert Branche

"Eine Umsetzung der Vorschlags der Bundesregierung wäre katastrophal für die Branche und ein schlimmes Signal für jeden, der in Biogas als Zukunftstechnologie investiert hat“, erklärt der Fachverband Biogas. Er rät dazu, dass alle Anlagenbetreiber jetzt ihre Landtags- und Bundestagsabgeordneten ansprechen sollten, um auf die fatale Situation hinzuweisen. Für die Ansprache der Politiker hat der Fachverband Materialen auf seiner Homepage eingestellt: https://www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf/id/DE-Fakten-Material-Erloesabschoepfung?open&ccm=000

Online-Petition gestartet

Das Biogasunternehmen Corntec aus Niedersachsen weist auf eine Online-Petition hin, mit der eine faire Abschöpfung der Strommarkterlöse ermöglicht werden soll. Denn neben der allgemeinen, inflationsgetriebenen Verteuerung technischer Komponenten, die regelmäßig erneuert werden müssen (z.B. Pumpen, Folien, BHKW), sowie bei Wartung & Reparaturen würden auch stets neue regulatorische Auflagen (z.B. die Nachrüstung von Katalysatoren oder die Umwallung des Anlagengeländes) Neuinvestitionen erfordern. Seit Beginn des Ukrainekriegs hätten sich zudem die Preise für Betriebsmittel wie Kraftstoffe und die eingesetzten Rohstoffe z.T. mehr als verdoppelt. Die Online-Petition finden Sie hier: https://www.openpetition.de/petition/online/keine-abschoepfung-von-biogasanlagen/unterschreiben/adresse

Antwort der Bundesregierung

Aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine sei auf dem Rohstoffmarkt generell ein Preisanstieg zu beobachten, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Dr. Oliver Vogt (CDU) zur Erlösabschöpfung im Bioenergiebereich. Vogt wollte wissen, welche Erkenntnisse der Bundesregierung zu den aktuellen Preisentwicklungen im Bereich Biomasse und den entsprechenden Auswirkungen auf die Energiegestehungskosten in den Bereichen Holz , Biogas und Biomethan vorliegen. „Aktuelle spezifische Erhebungen zur Entwicklung der Rohstoffkosten für Bioenergieanlagen liegen der Bundesregierung nicht vor. Die zuletzt im Rahmen wissenschaftlicher Studien zum Erfahrungsbericht gemäß § 97 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhobenen Daten zur Wirtschaftlichkeit von Bioenergiedaten erfolgten im Jahre 2019.“ Die inzwischen beschlossene EU-Verordnung zu Notfallmaßnahmen im Strombereich sehe vor, dass eine Erlösobergrenze festzulegen ist und dabei auch nach Technologien unterschieden werden könne. Sollte keine weitere Regelung erfolgen, gelte eine Erlösobergrenze von mindestens 180 Euro je Megawattstunde. Die EU-Verordnung sehe zudem vor, dass Biomethan nicht abgeschöpft werden müsse.

Die Bundesregierung prüft gegenwärtig, welche Erlösobergrenzen für welche Technologien festgelegt werden. Dabei käme es darauf an, einen angemessenen Erlös zu gewähren, der die Wirtschaftlichkeit der Anlagen sicherstellt, aber gleichzeitige auch übermäßige Zufallsgewinne so abzuschöpfen, dass die Entlastung für die Verbraucher signifikant und effektiv ist.

„Die Bundesregierung ist zu zögerlich bei der Ausgestaltung der Abschöpfung von Strommarkterlösen. Anstatt bereits im Sommer zu beginnen entsprechende Pläne für den Winter zu entwickeln, wird nun alles mit der heißen Nadel gestrickt. Dass in der Biogasbranche dabei Existenzängste geweckt werden, ist Minister Habeck völlig egal“, kritisiert Vogt. Für die Unionsparteien sei klar: Die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlagen müsse in jedem Fall gewährleistet sein. Vogt: „3 Cent decken die gestiegenen Kosten für Biomasse nicht ab, eine rückwirkende Abschöpfung zerstört Vertrauen und bringt die Anlagenbetreiber in wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zur Insolvenz. Das darf es nicht geben, die Bundesregierung muss hier dringend nachbessern um die Bioenergie als einzig flexibel zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energieträger in dieser Krise zu stärken anstatt sie abzuschaffen."

Antwort der Bundesregierung

Aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine sei auf dem Rohstoffmarkt generell ein Preisanstieg zu beobachten, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Dr. Oliver Vogt (CDU) zur Erlösabschöpfung im Bioenergiebereich. Vogt wollte wissen, welche Erkenntnisse der Bundesregierung zu den aktuellen Preisentwicklungen im Bereich Biomasse und den entsprechenden Auswirkungen auf die Energiegestehungskosten in den Bereichen Holz , Biogas und Biomethan vorliegen. „Aktuelle spezifische Erhebungen zur Entwicklung der Rohstoffkosten für Bioenergieanlagen liegen der Bundesregierung nicht vor. Die zuletzt im Rahmen wissenschaftlicher Studien zum Erfahrungsbericht gemäß § 97 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhobenen Daten zur Wirtschaftlichkeit von Bioenergiedaten erfolgten im Jahre 2019.“ Die inzwischen beschlossene EU-Verordnung zu Notfallmaßnahmen im Strombereich sehe vor, dass eine Erlösobergrenze festzulegen ist und dabei auch nach Technologien unterschieden werden könne. Sollte keine weitere Regelung erfolgen, gelte eine Erlösobergrenze von mindestens 180 Euro je Megawattstunde. Die EU-Verordnung sehe zudem vor, dass Biomethan nicht abgeschöpft werden müsse.

Die Bundesregierung prüft gegenwärtig, welche Erlösobergrenzen für welche Technologien festgelegt werden. Dabei käme es darauf an, einen angemessenen Erlös zu gewähren, der die Wirtschaftlichkeit der Anlagen sicherstellt, aber gleichzeitige auch übermäßige Zufallsgewinne so abzuschöpfen, dass die Entlastung für die Verbraucher signifikant und effektiv ist.

„Die Bundesregierung ist zu zögerlich bei der Ausgestaltung der Abschöpfung von Strommarkterlösen. Anstatt bereits im Sommer zu beginnen entsprechende Pläne für den Winter zu entwickeln, wird nun alles mit der heißen Nadel gestrickt. Dass in der Biogasbranche dabei Existenzängste geweckt werden, ist Minister Habeck völlig egal“, kritisiert Vogt. Für die Unionsparteien sei klar: Die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlagen müsse in jedem Fall gewährleistet sein. Vogt: „3 Cent decken die gestiegenen Kosten für Biomasse nicht ab, eine rückwirkende Abschöpfung zerstört Vertrauen und bringt die Anlagenbetreiber in wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zur Insolvenz. Das darf es nicht geben, die Bundesregierung muss hier dringend nachbessern um die Bioenergie als einzig flexibel zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energieträger in dieser Krise zu stärken anstatt sie abzuschaffen."

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