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Biokraftstoffindustrie: DUH-Studie weist schwere Mängel auf

Die Umwelthilfe will auf Basis einer Studie Biokraftstoffe verbannen. Viele Angaben in der Studie seien fachlich falsch, kritisiert der VDB. Auch die UFOP fordert mehr Realitätssinn in der Debatte.

Lesezeit: 6 Minuten

Die kürzlich im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) erstellte Studie „CO₂-Opportunitätskosten von Biokraftstoffen in Deutschland" des ifeu-Instituts weist einer Analyse des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) zufolge gravierende fachliche Mängel auf. Trotzdem fordert die Umweltorganisation auf Grundlage der Studie ein Ende der Förderung von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse. „Die DUH-Argumentation strotzt vor inhaltlichen Fehlern, peinlichen Auslassungen und Realitätsferne. Nicht einmal die Autoren des ifeu-Instituts selbst erstellen aus ihren Überlegungen Handlungsempfehlungen. Das hält aber die DUH nicht davon ab, aus der Studie das Ende für Biokraftstoffe abzuleiten“, sagt Elmar Baumann, Geschäftsführer beim VDB. Dabei mindern Biodiesel, Bioethanol und Biomethan laut VDB als einzige funktionierende Klimaschutzmaßnahme im Straßenverkehr in großen Maßstab Treibhausgasemissionen, allein 2020 in einem Umfang von 13,2 Mio. t CO₂.

VDB: Annahme zu Senken falsch

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Der VDB kritisiert insbesondere die Grundannahme der ifeu-Autoren, dass nach einer Renaturierung oder Aufforstung die betroffene Fläche über 30 Jahre Treibhausgase speichern könne. Dies ist nach Aussagen verschiedener Studien sehr zweifelhaft, weil natürliche Senken wegen möglicher Waldbrände, Hitzeperioden, illegalem Holzeinschlag und anderer Naturkatastrophen die gespeicherten Treibhausgase wieder abgeben könnten. Aus diesem Grund empfiehlt die Nichtregierungsorganisation Deutscher Naturschutzring (DNR), die Klimaleistung von Wäldern und Mooren nicht auf die deutschen und europäischen Klimaziele 2030 anzurechnen. „Die DUH will sich beim Klimaschutz auf unsichere Entwicklungen von 30 Jahren verlassen, statt Biokraftstoffe zu nutzen, die heute und jetzt konkret Treibhausgasemissionen einsparen. Damit würde das Vertrauen in Investitionen in wirksame Klimaschutzmaßnahmen stark beschädigt, die DUH erweist dem Klima mit ihrer Studie und ihren Forderungen also einen Bärendienst“, sagte Baumann.

Solar und Raps nicht vergleichbar

Irreführend sei zudem der Vergleich zwischen Photovoltaik-Flächen für die Stromerzeugung und Flächen zum Rapsanbau für Biodiesel. „Gegen mehr Photovoltaik spricht nichts, aber die ifeu- und DUH-Darstellung vergleicht in diesem Punkt Äpfel mit Birnen. Denn Biokraftstoffe sind Energieträger, während die Photovoltaik der Stromerzeugung dient. Nachts und wochenlang im Winter liefert Solar jedoch kaum Strom, während die in Biokraftstoffen gespeicherte Energie jederzeit abrufbar ist“, sagte Baumann. In der Studie hatten die Autoren ausgeführt, dass durch Photovoltaik auf den gleichen Flächen mehr Energie erzeugt werden könne als durch die Nutzung der darauf angebauten Agrarrohstoffe für die Biokraftstoffproduktion.

Einseitiger Vorzug für E-Mobilität

In der ifeu-Studie für die DUH bezeichnen die Autoren die Treibhausgasemissionen der Elek-tromobilität inklusive der Batterieproduktion als irrelevant und untersuchen ausschließlich die Emissionen von Biokraftstoffen. Dasselbe Institut errechnete dagegen in der Studie „Klimabilanz von E-Fahrzeugen“ für den Think Tank Agora Verkehrswende deutliche Emissionen für Fahrzeuge mit Batteriebetrieb; allein hierdurch halbiert sich der angebliche Klimavorteil der E-Mobilität der DUH-Studie. „Die Zahlen der DUH-Studie sind durch ihre Einseitigkeit geradezu manipulativ und unseriös“, sagte Baumann.

Realitätsferne Ausgleichszahlungen

Auf die finanziellen und praktischen Folgen ihrer Forderungen müssten Umweltorganisationen und die von ihnen beauftragten Institute offenbar nicht achten. Schließlich wären Landwirte zu entschädigen, wenn sie Flächen aufforsten, auf denen sie bisher Rohstoffe für Biokraftstoffe anbauen. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums erzielen Landwirte auf deutschen Äckern durchschnittliche Erlöse von jährlich rund 3.000 €/ha. Würden die Forderungen der DUH umgesetzt, müssten in den kommenden 30 Jahren jährlich rund 840 Mio. € an deutsche Bauern gezahlt werden. Flächen, die nach den Plänen der DUH im Ausland renaturiert werden, müssten zusätzlich über 30 Jahre bewacht werden, damit die Treibhausgase dauerhaft gebunden werden. „Was theoretisch machbar und auf den ersten Blick attraktiv klingt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als teuer und wirkungslos. Statt auf Luftschlösser der DUH zu bauen, sollte die Bundesregierung die Instrumente nutzen, die sich in den letzten Jahren bewährt haben: Nachhaltig produzierte Biokraftstoffe, die im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen tatsächlich und überprüfbar bis zu 93 % weniger Treibhausgase ausstoßen als fossile Kraftstoffe.”

UFOP kritisiert „Tank/Teller-Diskussion“

Das Treibhausgas (THG)-Quotengesetz ist mit den bis 2030 steigenden Verpflichtungsvorgaben zur Treibhausgasminderung der wichtigste Treiber zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Das ambitionierte Ziel eine THG-Quote von 25 % im Jahr 2030 sei angesichts des Krieges in der Ukraine auch ein Treiber, die Energieversorgungssicherheit beschleunigt auf vielfältige heimische bzw. europäische Ressourcen auszurichten, betont die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP) vor dem Hintergrund einer in der Bundesregierung pauschal geführten „Tank oder Teller“-Diskussion.

Kritik an Schulze und Lemke

Die UFOP kritisiert, dass Bundesministerinnen für Entwicklung und für Umwelt, Schulze und Lemke, bei ihrer Forderung nach einem Ausschluss von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse wie Raps nicht darauf hinwiesen, dass der Einsatz dieser Biokraftstoffe in der Menge bereits gesetzlich gedeckelt ist. In der Öffentlichkeit entstehe der Eindruck einer unbegrenzten Nutzung der Ackerfläche für diesen Verwendungszweck. Tatsächlich begrenzt die sogenannte Kappungsgrenze in Höhe von 4,4 % am Endenergieverbrauch das Mengenpotenzial in Deutschland. Damit liegt die nationale Grenze weit unter dem im europäischen Regelwerk möglichen Limit von 7 %, betont die Förderunion.

Weniger fossile Importe

Die aktuell „Tank oder Teller“-Diskussion berücksichtige weder die Vorreiterrolle der Biokraftstoffe in der auch in Drittstaaten umzusetzenden Nachhaltigkeitszertifizierung, noch deren Beitrag zur Versorgungssicherheit: In Deutschland seien im Jahr 2020 insgesamt 4,5 Mio. t Biokraftstoffe anstelle von fossilen Importen eingesetzt worden. Die UFOP unterstützt das Ölembargo gegen Russland, möglicherweise sei aber auch die Landwirtschaft im Herbst von Lieferengpässen bedroht. Wer die Biokraftstoff-Optionen ausschließe, müsse auch einen Vorschlag zur Kompensation vorlegen. Die UFOP kritisiert zudem, dass trotz der knapp versorgten Agrarmärkte an der Extensivierungsstrategie festgehalten werde. Hier werde beim Bedarf zur Nahrungsmittelversorgung offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen, kritisiert die UFOP.

Wichtige Proteinquelle

Der Verband weist darauf hin, dass sich die Rohstoffbasis hierzulande mit dem Wegfall von Palmöl ab 2023 bei flüssigen Kraftstoffen auf Kulturarten ausrichte, die überwiegend als Proteinquelle für die Tierfütterung dienen und zukünftig auch im Bereich Humanernährung eingesetzt werden. Rapsschrot sei nicht nur in der Milchviehfütterung als heimische Proteinquelle mit Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis alternativlos, sondern zukünftig auch eine wichtige Proteinressource für die menschliche Ernährung. Die aktuellen Projektvorhaben seien in diesem Sinne vielversprechend und richtungsweisend. Allerdings sei diese Option auch deshalb interessant, weil durch die Wertschöpfung aus der energetischen Nutzung des Rapsöls der Anbau für die Landwirte wirtschaftlich sei. An diesem Beispiel werde einmal mehr deutlich, dass die Farm-to-Fork-Strategie die Verwendungsvielfalt der Anbaubiomasse berücksichtigen und in diesem Sinne zu Ende gedacht werden müsse, betont die UFOP.

Bestehendes Potenzial ausnutzen

Dies muss mit abgewogen werden, wenn die Politik aktuell über die Zukunft der Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse nachdenkt. Es geht nach Auffassung der UFOP nicht um mehr Biokraftstoffe, sondern darum, das bestehende und begrenzte Potenzial in der Nutzungseffizienz und Wertschöpfung strategisch weiterzuentwickeln. Voreilige Beschlüsse schaden der Landwirtschaft in ihrem Transformationsprozess und dem Klimaschutz im Verkehr, wenn notwendige Technologien bisher noch nicht verfügbar bzw. gemessen an den Investitionskosten erheblich teurer sind, wie die Abbildung grundsätzlich aufzeigt.

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