Blackout in Spanien und Portugal: Fieberhafte Suche nach der Ursache
Ein massiver Stromausfall legte am Montag das öffentliche Leben in Spanien, Portugal und Teilen Frankreichs lahm. Ursache bislang unklar. Europa ist auf den Verlust von 3 GW ausgelegt, nicht 15 GW.
Am Montag hat es in Spanien, Portugal und Teilen von Frankreich einen massiven Blackout gegeben, der zu einem großflächigen Stromausfall geführt und das öffentliche Leben in Spanien und Portugal lahm gelegt hatte. Noch ist unklar, was den großen Stromausfall verursacht hat.
Fest steht, dass innerhalb kurzer Zeit plötzlich 15 GW Leistung ausgefallen sind. „In Spanien sind den Berichten zufolge rund 60 % der Leistung in nur fünf Sekunden weggebrochen. Das Stromnetz in Europa ist nicht dafür ausgelegt, dass so viel Erzeugungsleistung ausfällt. Es ist ausgelegt für einen Verlust von 3 Gigawatt, viel weniger“, sagt Prof. Dr. Veit Hagenmeyer, Leiter des Instituts für Automation und angewandte Informatik (IAI), Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Eggenstein-Leopoldshafen und Sprecher für das nationale Energiesystemdesign-Programm der Helmholtz-Gemeinschaft.
Was das Netz stabilisiert
Es gibt laut Hagenmeyer mehrere Stabilitätsfaktoren im Netz, eine ist die Frequenzstabilität. Das heißt, wenn Last und Erzeugung genau im Gleichgewicht sind, wird überall in Europa eine Frequenz von 50 Herz gehalten. Wenn weniger Strom verbraucht wird als erzeugt, dann steigt die Frequenz, wenn mehr Strom verbraucht wird, sinkt sie. „Das sind in der Regel aber nur kleine Schwankungen, sie werden im Millisekunden-Takt ausgeglichen“, erklärt der Wissenschaftler.
Das heißt, den Ausfall eines großen Kraftwerks oder mehrerer kleinerer kann das Netz vertragen, aber nicht diese Menge. Dann greifen automatische Abschaltvorrichtungen, die Kraftwerke, Wind- oder PV-Anlagen, Verbraucher, aber auch Stromleitungen oder Umspannanlagen abschalten – um diese vor Schäden zu schützen. „Daraus entsteht eine regelrechte Kaskade von Abschaltungen, die sich durch das Netz ausbreitet und zu einem großflächigen Stromausfall führt. Tritt ein Fehler auf, der zu so einer Kaskade führen kann, ist nach spätestens einer halben Minute dann auch klar, ob ein Stromausfall noch abgefangen werden kann oder nicht“, sagt er.
Mögliche Gründe für den Leistungsabfall
„Diese Kaskade von Abschaltungen ist auch der Grund, warum wir noch nicht sagen können, warum das passiert ist und was der Auslöser war. Wir wissen nur, dass nach wenigen Sekunden ein sehr hoher Anteil der Leistung weggebrochen war“, so Hagenmeyer.
Aber schon am Anfang dieser wenigen Sekunden kann eine einzelne Abschaltung gestanden haben, die diese Kaskade ausgelöst hat, oder der Vorfall kann auf einmal ausgelöst worden sein. Zu diesem Zeitpunkt sei daher noch nicht klar, wodurch der Stromausfall angefangen hat. „Damit können wir aber auch noch nicht sagen, wie er sich vermeiden ließe oder ob er in Deutschland auch auftreten kann. Dafür müssen wir auf die Analyse der Übertragungsnetzbetreiber in Spanien und Portugal warten. Diese haben eben bekannt geben, dass es sicherlich kein Cyberangriff war“, macht er deutlich.
Keine Gefahr für Deutschland
Der massive Stromausfall in Spanien und Portugal hat die Stabilität des deutschen Netzes nicht gefährdet. Der deutsche Netzbetreiber Amprion erklärte auf Nachfrage von MDR Aktuell, wegen des großen Ausmaßes des Blackouts hätten sich die Netze getrennt. Deshalb sei der Rest von Europa stabil geblieben. Generell sorge das europäische Verbundnetz aber für mehr Stabilität.
Knapp an einer Katastrophe vorbei
Der Stromausfall hatte dazu geführt, dass in allen sieben spanischen Kernkraftwerken auf der iberischen Halbinsel Notstromaggregate für eine Kühlung der Brennelemente sorgen mussten. „Spanien und Europa sind gestern nur dank funktionierender Dieselgeneratoren einer mehrfachen Atomkatastrophe entgangen: Notstrom-Dieselaggregate mussten bis zu 15 Stunden lang die Kühlung der Brennelemente sicherstellen“, sagt Armin Simon von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt. Ohne Kühlung steht ein Kernkraftwerk kurz vor einer Kernschmelze. Notstromdiesel in AKW fallen laut ausgestrahlt immer wieder schon bei Prüfungen aus. Nicht startende Notstromaggregate brachten im Juli 2006 das schwedische AKW Forsmark an den Rand eines Super-GAUs. Alle vier spanischen Reaktoren, die zum Zeitpunkt des Stromausfalls liefen (Ascó 1 und 2, Almaraz 2, Vandellòs), mussten aufgrund der Störung im Stromnetz eine Reaktorschnellabschaltung durchführen. Zur Wiederherstellung der Stromversorgung können die AKW auch aus technischen Gründen keinen Beitrag leisten.
Solarstrom erhöht Gefahr nicht
Nach Einschätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) ist das Risiko, dass es infolge von zu viel Solarstrom zu einer Überlastung der Stromnetze, einer temporären Überforderung beim Bilanz-Ausgleich oder gar einem Blackout kommen kann, sehr gering. Diese Einschätzung wird auch von der Wissenschaft geteilt. Immer wieder warnen Kritiker in Medien vor einer Überlastung des Stromnetzes an Feiertagen im Frühling und Sommer, wenn ein hohes Solarstromangebot auf eine niedrige Stromnachfrage treffen kann.
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Am Montag hat es in Spanien, Portugal und Teilen von Frankreich einen massiven Blackout gegeben, der zu einem großflächigen Stromausfall geführt und das öffentliche Leben in Spanien und Portugal lahm gelegt hatte. Noch ist unklar, was den großen Stromausfall verursacht hat.
Fest steht, dass innerhalb kurzer Zeit plötzlich 15 GW Leistung ausgefallen sind. „In Spanien sind den Berichten zufolge rund 60 % der Leistung in nur fünf Sekunden weggebrochen. Das Stromnetz in Europa ist nicht dafür ausgelegt, dass so viel Erzeugungsleistung ausfällt. Es ist ausgelegt für einen Verlust von 3 Gigawatt, viel weniger“, sagt Prof. Dr. Veit Hagenmeyer, Leiter des Instituts für Automation und angewandte Informatik (IAI), Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Eggenstein-Leopoldshafen und Sprecher für das nationale Energiesystemdesign-Programm der Helmholtz-Gemeinschaft.
Was das Netz stabilisiert
Es gibt laut Hagenmeyer mehrere Stabilitätsfaktoren im Netz, eine ist die Frequenzstabilität. Das heißt, wenn Last und Erzeugung genau im Gleichgewicht sind, wird überall in Europa eine Frequenz von 50 Herz gehalten. Wenn weniger Strom verbraucht wird als erzeugt, dann steigt die Frequenz, wenn mehr Strom verbraucht wird, sinkt sie. „Das sind in der Regel aber nur kleine Schwankungen, sie werden im Millisekunden-Takt ausgeglichen“, erklärt der Wissenschaftler.
Das heißt, den Ausfall eines großen Kraftwerks oder mehrerer kleinerer kann das Netz vertragen, aber nicht diese Menge. Dann greifen automatische Abschaltvorrichtungen, die Kraftwerke, Wind- oder PV-Anlagen, Verbraucher, aber auch Stromleitungen oder Umspannanlagen abschalten – um diese vor Schäden zu schützen. „Daraus entsteht eine regelrechte Kaskade von Abschaltungen, die sich durch das Netz ausbreitet und zu einem großflächigen Stromausfall führt. Tritt ein Fehler auf, der zu so einer Kaskade führen kann, ist nach spätestens einer halben Minute dann auch klar, ob ein Stromausfall noch abgefangen werden kann oder nicht“, sagt er.
Mögliche Gründe für den Leistungsabfall
„Diese Kaskade von Abschaltungen ist auch der Grund, warum wir noch nicht sagen können, warum das passiert ist und was der Auslöser war. Wir wissen nur, dass nach wenigen Sekunden ein sehr hoher Anteil der Leistung weggebrochen war“, so Hagenmeyer.
Aber schon am Anfang dieser wenigen Sekunden kann eine einzelne Abschaltung gestanden haben, die diese Kaskade ausgelöst hat, oder der Vorfall kann auf einmal ausgelöst worden sein. Zu diesem Zeitpunkt sei daher noch nicht klar, wodurch der Stromausfall angefangen hat. „Damit können wir aber auch noch nicht sagen, wie er sich vermeiden ließe oder ob er in Deutschland auch auftreten kann. Dafür müssen wir auf die Analyse der Übertragungsnetzbetreiber in Spanien und Portugal warten. Diese haben eben bekannt geben, dass es sicherlich kein Cyberangriff war“, macht er deutlich.
Keine Gefahr für Deutschland
Der massive Stromausfall in Spanien und Portugal hat die Stabilität des deutschen Netzes nicht gefährdet. Der deutsche Netzbetreiber Amprion erklärte auf Nachfrage von MDR Aktuell, wegen des großen Ausmaßes des Blackouts hätten sich die Netze getrennt. Deshalb sei der Rest von Europa stabil geblieben. Generell sorge das europäische Verbundnetz aber für mehr Stabilität.
Knapp an einer Katastrophe vorbei
Der Stromausfall hatte dazu geführt, dass in allen sieben spanischen Kernkraftwerken auf der iberischen Halbinsel Notstromaggregate für eine Kühlung der Brennelemente sorgen mussten. „Spanien und Europa sind gestern nur dank funktionierender Dieselgeneratoren einer mehrfachen Atomkatastrophe entgangen: Notstrom-Dieselaggregate mussten bis zu 15 Stunden lang die Kühlung der Brennelemente sicherstellen“, sagt Armin Simon von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt. Ohne Kühlung steht ein Kernkraftwerk kurz vor einer Kernschmelze. Notstromdiesel in AKW fallen laut ausgestrahlt immer wieder schon bei Prüfungen aus. Nicht startende Notstromaggregate brachten im Juli 2006 das schwedische AKW Forsmark an den Rand eines Super-GAUs. Alle vier spanischen Reaktoren, die zum Zeitpunkt des Stromausfalls liefen (Ascó 1 und 2, Almaraz 2, Vandellòs), mussten aufgrund der Störung im Stromnetz eine Reaktorschnellabschaltung durchführen. Zur Wiederherstellung der Stromversorgung können die AKW auch aus technischen Gründen keinen Beitrag leisten.
Solarstrom erhöht Gefahr nicht
Nach Einschätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) ist das Risiko, dass es infolge von zu viel Solarstrom zu einer Überlastung der Stromnetze, einer temporären Überforderung beim Bilanz-Ausgleich oder gar einem Blackout kommen kann, sehr gering. Diese Einschätzung wird auch von der Wissenschaft geteilt. Immer wieder warnen Kritiker in Medien vor einer Überlastung des Stromnetzes an Feiertagen im Frühling und Sommer, wenn ein hohes Solarstromangebot auf eine niedrige Stromnachfrage treffen kann.