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Offshore-Windenergie

Bundesregierung will Windstrom auf See schneller voranbringen

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum beschleunigten Bau von Offshore-Windkraftwerken war am Mittwoch Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss.

Lesezeit: 5 Minuten

Mit einer Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften will die Bundesregierung das Ausbauziel bis 2030 von 15 auf 20 Gigawatt erhöhen. Dazu sollen Prüfvorgänge optimiert sowie Verwaltungsverfahren gestrafft und beschleunigt werden. Außerdem soll das Verfahren, nach dem Bieter den Zuschlag zum Bau von Windkraftanlagen auf See erhalten, geändert werden. Dadurch soll der Wettbewerb sichergestellt und gleichzeitig der Umfang von Subventionen, die sich am Ende im Strompreis niederschlagen, möglichst gering gehalten werden. Weiterer Gegenstand der Anhörung war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur naturverträglichen und kostengünstigen Absicherung des Ausbaus der Offshore-Windenergie.

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Gegen das geänderte Bieterverfahren hat bereits der Bundesrat in seiner Stellungnahme Einspruch erhoben. Es war auch in der Anhörung der bei weitem strittigste Punkt. Bisher hat den Zuschlag bekommen, wer den niedrigsten Zuschuss pro erzeugter Kilowattstunde verlangt. Da inzwischen aber die Effizienz der Windstromerzeugung auf See erheblich gesteigert werden konnte, ist es zuletzt schon zu Null-Cent-Geboten gekommen. Das heißt, Investoren haben angeboten, ein Windkraftwerk auch ohne Förderung zu bauen. Wenn es nun aber in einer Ausschreibung mehrere Null-Cent-Angebote gibt, müsste nach geltender Gesetzeslage das Los entscheiden. Die Novelle der Bundesregierung sieht deshalb für diesen Fall eine zweite Runde vor, in der die Wettbewerber eine Beteiligung an der normalerweise kostenlosen Netzanbindung ihrer Anlage anbieten müssen.

Mehrere Sachverständige erhoben in der Anhörung Einwände gegen diese zweite Komponente und schlugen stattdessen die in mehreren europäischen Ländern in unterschiedlicher Gestaltung gebräuchlichen Differenzverträge vor. Diese sehen vor, dass der Stromerzeuger einen Teil der Gewinne abführen muss, wenn er auf dem Strommarkt gute Preise erzielt, aber im Fall niedriger Marktpreise auch Zuschüsse erhalten kann. Den Zuschlag erhielte dann, wer den günstigsten Diffenzvertrag anbietet.

Gefahr höherer Risikozuschläge

Zu den Verfechtern dieses Modells gehörte in der Anhörung Pierre Bauer von Siemens Gamesa, der Erneuerbare-Energien-Sparte des Konzerns. Die im Gesetzenwurf vorgesehene zweite Gebotskomponente erhöhe die Finanzierungskosten beim Bau neuer Anlagen, da die Banken wegen der unsicheren Entwicklung des Strommarktes erhebliche Risikozuschläge verlangen würden. Damit gefährde der Gesetzentwurf Arbeitsplätze und die Klimaschutzziele. Zudem stelle diese Regelung in Europa einen Sonderweg dar und widerspreche damit dem Ziel der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen in der EU zu harmonisieren.

Ähnlich argumentierte Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbands der Windparkbetreiber Offshore. Die langfristige Strompreisentwicklung hänge erheblich von den politischen Rahmenbedingungen ab und sei daher mit großen Risiken verbunden. Aus diesem Grund erhöhe die zweite Gebotskomponente die Finanzierungsrisiken und damit die Stromgestehungskosten um etwa 30 Prozent, sagte Thimm, und senke die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen, das den Zuschlag erhält, das Projekt am Ende auch realisieren könne. Umgekehrt würden Differenzverträge im Fall einer günstigen Marktentwicklung eine Überförderung verhindern und so zu niedrigen Stromkosten beitragen.

Christoph Maurer, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Consentec, der nach eigenen Angaben das Bundeswirtschaftsministerium bei der Erstellung des Gesetzentwurfs beraten hat, verteidigte dagegen vehement die zweite Komponente. Sie sei ein Schritt zum Ziel, die zunehmend wettbewerbsfähigen erneuerbaren Energien in den Markt zu integrieren. Die von den Gegnern ins Feld geführte Steigerung der Finanzierungskosten bezweifelte er. Mit dem Differenzmodell dagegen würde erneut, wie schon beim Erneuerbare-Energien-Gesetz, ein "Schutzwall" errichtet, der die Bieter vom Markt abschirmt.

Sicherheit für Investoren wichtig

Matthias Zelinger vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) erklärte, sein Verband komme "historisch von der Position, die Marktintegration der erneuerbaren Energien zu fordern". Angesichts des europäischen Umfelds befürworte er nun aber die Differenzverträge. Der Wettkampf um Investoren und Standorte werde härter, und je mehr Risiken es in einer Ausschreibung gebe, umso weniger Teilnehmer würden sich finden. Auch um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, sei deshalb Sicherheit für Investoren wichtig.

Einen Mittelweg schlug Dirk Güsewell vom Stromerzeuger Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) vor. Man könne die im Gesetzentwurf vorgesehene zweite Komponente um eine Risikoteilung ergänzen. Demnach solle sich der Anlagenbetreiber nur an den Netzanschlusskosten beteiligen, wenn ein Gewinn abfällt.

Kritik der Naturschützer

Ein ganz anderes Thema lag Kim Detloff, dem Leiter Meeresschutz beim Naturschutzbund Deutschland (NABU), am Herzen. Wie alle anderen Sachverständigen auch unterstütze er das Ausbauziel vom 20 Gigawatt bis 2030, im Gegensatz zu diesen lehnte er aber den im Gesetzentwurf avisierten weiteren Ausbau auf 40 Gigawatt bis 2040 ab. Es gelte, Klimaschutz und Naturschutz in Einklang zu bringen, betonte Detloff. Darin seien sich auch der Weltklimarat und der Welt-Biodiversitäts-Rat einig. Die Offshore-Windenergie "verändert die gesamten Ökosysteme vor unserer Haustür", warnte Detloff. Das gelte schon beim jetzigen Ausbaustand von 7,5 Gigawatt. Dennoch halte sein Verband einen Ausbau auf 20 Gigawatt "im Rahmen der Naturverträglichkeit" für richtig. Weitere Festlegungen solle man aber nicht schon jetzt treffen. Stattdessen solle man zunächst die Ergebnisse des laufenden Verfahrens der maritimen Raumordnung abwarten. Nord- und Ostsee gehe es ohnehin schon schlecht, betonte Detloff, und einen Ausbau über 20 Gigawatt hinaus solle man daher davon abhängig machen, inwieweit andere Belastungen dieser Meere verringert werden können.

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