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Carboferro für Biogasanlagen: Pflanzenkohle und Eisen als Innovation

Die Firma Lucrat will mit dem Deutschen Biomasseforschungszentrum in einem Projekt Pflanzenkohle und Eisen zur Biogasproduktion kombinieren. Ziel ist ein multifunktionales Prozesshilfsmittel.

Lesezeit: 4 Minuten

Spurenelemente und Eisenschlamm sind wichtige Prozesshilfsmittel in Biogasanlagen. Doch beide haben gewisse Nachteile. Die Firma Lucrat aus Hollich (Landkreis Steinfurt, Nordrhein-Westfalen) arbeitet jetzt an einer effizienteren Methode, die nicht nur europäische Rohstoffe nutzt, sondern einen geringeren CO2-Fußabdruck hat und weitere Vorteile bieten soll. Wir sprachen mit Geschäftsführer Gerrit Peters über den aktuellen Stand.

Sie wollen mit Carboferro ein neues Produkt für Biogasanlagen anbieten. Was ist das genau?

Peters: Noch ist das Produkt ein Forschungsprojekt am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ), das noch bis Ende des Jahres läuft. Es geht darum, eine Kombination von Pflanzenkohle und einem Eisenpräparat zu entwickeln. Aktuell sind beides zwei verschiedene Produkte: Pflanzenkohle aus pyrolysiertem Holz als Prozesshilfsstoff sowie Eisen zur Schwefelbindung und damit zur Reduktion des Schwefelwasserstoffanteils im Biogas.

Das Thema Prozesshilfsstoff löst ja immer wieder Diskussionen um eine Zulässigkeit nach dem EEG aus. Wie gehen Sie damit um?

Peters: In unserem Fall hatten wir damit kein Problem. Die Zugabemenge liegt bei 0,1%, also 1 kg Pflanzenkohle auf 1000 kg Fermenterinhalt. Es handelt sich ja auch um einen nachwachsenden Rohstoff, nämlich Holz. Wir konnten in verschiedenen Untersuchungen auch mithilfe des DBFZ nachweisen, dass die schwammartige Struktur der Pflanzenkohle mit ihrer großen inneren Oberfläche und den vielen Kapillaren prozessstabilisierende Wirkung hat: Sie nimmt einerseits unerwünschte Nährstoffe wie Ammoniumstickstoff auf, was gerade beim verstärkten Einsatz von Geflügelmist hilft. Sie dient andererseits aber auch als Besiedlungsfläche für Bakterien, was für mehr Umsatz im Prozess und unter Umständen sogar einem höheren Methanertrag führt.

Mit dem Einsatz von Pflanzenkohle können wir auch auf die Zugabe von Spurenelementen in vielen Fällen verzichten, weil in dem Holz und damit auch in der Kohle bestimmte Salze enthalten sind. Wo wir erhebliche Diskussionen mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen als zuständige Behörde hatten, war die Anerkennung des Gärprodukts als Düngemittel. Denn die Pflanzenkohle bleibt ja während des Fermentationsprozesses nahezu stabil und gelangt mit dem Gärrest aufs Feld.

Was war Gegenstand der Diskussion?

Peters: Es ging um verschiedene Aspekte, aber vereinfacht dargestellt um die Frage, ob die Pflanzenkohle als Bodenhilfsstoff im Sinne der Düngemittelverordnung anerkannt ist. Nach vier Jahren Rechtsstreit zwischen einem Anlagenbetreiber aus Niedersachsen und der Kammer konnten alle Bedenken ausgeräumt werden, die Kammer hat das Ausbringverbot zurückgenommen. Wie das in anderen Bundesländern aussieht, kann man zwar noch nicht sagen, aber wir gehen davon aus, dass die Wirkung der Kohle auf den Boden auch an anderer Stelle positiv gesehen wird. Schließlich gibt es mittlerweile viele Untersuchungen zur pflanzenbaulichen Wirkung.

Was muss der Anlagenbetreiber beachten, um hier rechtlich auf der sicheren Seite zu sein?

Peters: Wichtig ist, dass das Produkt sauber zertifiziert ist. Der Anlagenbetreiber muss nachweisen können, woher die Kohle stammt und aus welchem Material sie hergestellt ist. Wichtig ist, dass das Holz bei hohen Temperaturen pyrolysiert wird. Ansonsten ist die Oberfläche nicht so groß und die Wirkung im Fermenter marginal.

Auf dem Markt gibt es auch Pflanzenkohle aus anderer, nichtholzartiger Biomasse. Aufnahmen mit dem Elektronenmikroskop zeigen, dass die Struktur dieser Kohle ganz anders ist als bei Holz als Rohstoff. Was wir positiv sehen: Die EU-Gremien sehen Pflanzenkohle sehr positiv. Wenn die Regelungen in deutsches Recht umgesetzt werden müssen, könnte das dem Thema mehr Rückenwind geben.

Ihr zweites Thema ist die Entschwefelung mit Eisen. Was genau setzen Sie da ein?

Peters: Sehr häufig verwenden Biogasanlagenbetreiber heute eisenhaltige Schlämme aus der Trinkwasseraufbereitung zur Entschwefelung, weil das Material sehr günstig ist. Aber ihre Wirkung ist sehr begrenzt, das Material ist sehr heterogen und die Schlämme sorgen im Fermenter für Sinkschichten, die auf Dauer das Behältervolumen reduzieren. Wir haben als Alternative ein im europäischen Tagebau gewonnenes aktives Eisenoxid gefunden. Es beinhaltet einen sehr hohen Gehalt von aktivem Wirkstoff.

Der Vorteil: Es wirkt basisch auf den Prozess und enthält keine Salze. Die Wirkung von dem fein vermahlenem Produkt ist sehr hoch. Wie bei hochwertiger Pflanzenkohle auf Holzbasis ist der Preis auf den ersten Blick höher als bei Produkten wie Eisenschlamm. Aber wenn man damit Folgekosten z.B. für das regelmäßige Ausbaggern des Fermenters spart, relativieren sich die Kosten.

Wie sind Ihre weiteren Aussichten?

Peters: Sollte das Forschungsprojekt „Carboferro“ positiv ausgehen, hätten wir ein kompaktes, mehrfach wirkendes Prozesshilfsmittel, mit dem wir auch gesundheitliche Risiken vermeiden können, die z.B. beim Umgang mit den schwermetallhaltigen Spurenelementen entstehen könnten. Gleichzeitig wollen wir damit Aktivkohle in der Entschwefelung ersetzen, die heute zum großen Teil aus chinesischer Steinkohle hergestellt wird und einen enormen CO2-Fußabdruck hat. Weil wir in der Pflanzenkohle Holz einsetzen und damit CO2 festlegen, könnte es sogar möglich werden, dass man über CO2-Zertifikate zusätzlich Geld verdient. Das ist aber noch Zukunftsmusik.

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