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topplus Absicherung von Biogasanlagen

„Das Schlimmste ist ein Schaden an der Biogasanlage, der nicht richtig versichert ist“

Hohe Schadenssummen in der Vergangenheit führen dazu, dass einige Versicherer aus dem Biogasgeschäft aussteigen. Ein Versicherungsexperte erläutert, wie Anlagenbetreiber darauf reagieren sollten.

Lesezeit: 7 Minuten

Diepenbrock Versicherungsmakler aus Lingen (Niedersachsen) ist ein freies Versicherungsbüro, das seit 1968 existiert. Die aktuell 60 Mitarbeiter kümmern sich um drei Themenschwerpunkte: Gewerbe, Industrie und Agrar mit dem Fokus auf Tierhaltung und regenerative Energien. Im Agrarbereich gibt es aktuell rund 1.000 Kunden, darunter auch viele Betriebe mit Biogasanlagen. Wer seine Biogasanlage versichern will, kann bei Diepenbrock eine Wertermittlung durch einen Sachverständigen in Auftrag geben. Nach Prüfung der Anlage und des aktuellen Versicherungsschutzes startet das Unternehmen dann im Auftrag des Kunden eine Ausschreibung. Sollte es später zu einem Maschinenschaden oder ähnlichem kommen, unterstützt das Maklerbüro den Kunden bei der Schadensabwicklung und vertritt die Interessen des Kunden gegenüber dem Versicherer. Wir sprachen mit Thomas Brink, dem verantwortlichen Geschäftsführer für den Agrarsektor, über aktuelle Herausforderungen und Lösungen bei Biogas-Versicherungen.

Was sind aktuelle Probleme bei Biogasanlagen?

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Brink: Elektronische Anlagen und Geräte sind gerade bei Biogasanlagen im 24/7-Betrieb vielen Gefahren ausgesetzt. Das kann zu Beschädigungen oder Totalschäden führen. Davor kann auch Pflege und Wartung allein nicht schützen. Ein aktuelles Problem ist, dass die Kosten rund um Reparatur und Wiederbeschaffung extrem gestiegen sind. Fachfirmen haben die Stundenlöhne teilweise um 30 % und mehr angehoben. Dazu kommt, dass nicht nur der eigentliche Sachschaden ein Problem darstellt, sondern der Unterbrechungsschaden häufig viel höher ausfällt. Aus den Schadenserfahrungen der letzten Jahre kann man sagen, dass Biogasanlagen ein erhebliches Risiko darstellen.

Woran liegt das?

Brink: Nehmen wir beispielsweise einen Motorschaden beim BHKW wie ein gebrochenes Pleul, das das Motorgehäuse durchschlagen hat. Da muss zuerst ein Sachverständiger zu der Anlage rauskommen und eine fachliche Stellungnahme abgeben, ob sich die Reparatur überhaupt noch lohnt. Das dauert einige Tage. Dann wird der Motor ausgebaut und bei einer Fachfirma kontrolliert. Bis ein Austauschmotor installiert ist, können weitere 14 Tage vergehen. Das führt in der Summe dazu, dass der Ausfallschaden viel höher sein kann. Einer Biogasanlage mit 500 kW Leistung entgeht bei jedem Tag Stillstand Einnahmen für Strom und Wärme von rund 2500 €, bei 14 Tagen sind das schnell 35.000 €, während der Motorschaden vielleicht nur 15.000 € beträgt. Genauso ist es, wenn eine Fermenterhaube nach einem Sturm reißt und eine neue bestellt werden muss. Es dauert aufgrund von Lieferproblemen allein bis zu sechs Wochen, bis die Anlage wieder repariert ist. Und dann muss die Biologie wieder neu angefahren werden, sodass es fast zwei Monate lang zu Ertragsausfällen kommt.

Wie reagieren die Versicherungen auf die Lage? Kommt es zu höheren Prämien?

Brink: Wir beobachten schon länger, dass immer mehr Versicherer aus dem Biogasgeschäft aussteigen oder die Prämien massiv erhöhen. Andere nehmen höhere Selbstbehalte und schränken die Deckung ein.

Was bedeutet das konkret?

Brink: Bei der Versicherungsprämie erleben wir eine Verdopplung von etwa 10.000 € bei einer 500 kW-Anlage auf 20.000 € im Jahr. Die gekürzte Deckung lässt sich an einem Beispiel erläutern: Wenn eine Fermenterhaube nach einem Schaden ausgetauscht wird, endet der Versicherungsschutz bei einigen Anbietern neuerdings ab dem Zeitpunkt, bei dem die neue Dachfolie montiert ist. Er deckt dagegen nicht mehr den Ertragsausfall, der aufgrund der gestörten Fermenterbiologie entsteht. Ein nicht unerheblicher Teil des Ausfallrisikos wird somit in das Lager des Biogasanlagenbetreibers gelegt.

Was kann man dagegen tun?

Brink: Wir versuchen zunächst, zwischen Anlagenbetreiber und Versicherung zu vermitteln. Gleichzeitig bemühen wir uns, dass Versicherer wieder Vertrauen in die Biogasbranche bekommen. Dann sind die Risikoträger eher bereit, Zugeständnisse bei der Prämie oder beim Versicherungsschutz möglich zu machen.

Wie gelingt das? Was kommt auf den Betreiber zu?

Brink: Zunächst muss er sich klar machen, dass die Versicherung kein Freifahrtschein mehr ist. Die Versicherer sehen es gern, wenn der Biogasanlagenbetreiber ein Unternehmer ist. Dazu gehört, dass er die Anlage rund die Uhr überwachen kann. Zudem sollte er über fundiertes Fachwissen verfügen und Maßnahmen einleiten, um Schäden möglichst zu verhüten. Kommt es dennoch mal zu einem Ausfall, sollte er ein gutes Netzwerk haben, um schnell Ersatzgeräte oder eine Reparatur ordern zu können. Wer mit Unterstützung seines Versicherungsbüros im Schadensfall richtig reagiert, kann gegebenenfalls ein Worst-Case-Szenario verhindern oder zumindest die Schadenshöhe reduzieren.

Welche Maßnahmen meinen Sie?

Brink: Neben Wartungsverträgen gehören auch regelmäßige Motorölanalysen oder das Hinzuziehen von externen Beratern dazu. Es ist wichtig, dass der Betreiber z.B. bei den Wartungszyklen der Motoren oder der Anzahl von Starts bei einem Flex-BHKW den Herstellerempfehlungen folgt.

Wenn Sie zwischen Betreiber und Versicherer vermitteln: Nach welchen Maßstäben bewerten Sie eine Anlage?

Brink: Wenn sich ein Betreiber neu bei uns meldet, machen wir zunächst eine Anlagenbesichtigung und erstellen eine Fotodokumentation. Außerdem ermitteln wir die Vorschadensituation, fragen nach dem Anlagenbauer (Errichter), dem Servicepartner und der gesamten Situation auf der Anlage. Mithilfe dieser Analyse versuchen wir, einen geeigneten Versicherer zu finden und entsprechende Lösungen auszuhandeln.

Welche sind das zum Beispiel?

Brink: Dazu gehört, den Versicherungsschutz der Realität auf den Anlagen anzupassen. Bei der Betriebsunterbrechung werden am Markt häufig zu kurze Haftungszeiträume hinterlegt. Bei einem Brandschaden dauert es unter Umständen länger als zwölf Monate, bis die Anlage wieder in Betrieb genommen werden kann. Hier können wir bis zu 36 Monate Haftzeit vereinbaren, um beispielsweise Verzögerungen im neuerlichen Genehmigungsprozess abzusichern. Versicherer erstatten bei einem Maschinenschaden den anteiligen Zeitwert. Oder wenn ein Ast auf die Fermenterhaube fällt und diese reißt, schauen die Versicherer auf Produktdatenblätter der Hersteller und damit verbunden auf die Abschreibungstabellen. Darin steht, dass Fermenterhauben zehn Jahre Lebensdauer haben. Wenn die Folie nach 13 Jahren reißt, würde die Versicherung nicht zahlen – auch nicht für den Unterbrechungsschaden. Wir haben dagegen erreicht, dass einige Versicherer eine jährliche Abschreibung von 7 % ansetzen. Damit wäre ein Fermenterdach erst nach ungefähr 14,5 Jahren abgeschrieben. Dann wissen beide Seiten: Wenn die Fermenterhaube nach sieben Jahren reißt, bekommt man noch 50 % vom Zeitwert bezahlt. Das ist eine faire Lösung.

Wo sehen Sie noch Probleme?

Brink: Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist nicht der Schaden an sich, sondern ein Schaden, der nicht richtig versichert ist. Dazu gehört das Risiko der Unterversicherung. Die Prämie für Biogasanlagen wurden in der Vergangenheit pauschal nach elektrischer Leistung berechnet. Doch im Laufe der Jahre haben sich die Anlagen ganz unterschiedlich entwickelt. Heute spielt die genehmigte Leistung keine Rolle mehr in Bezug auf den eigentlichen Anlagenwert. Der eine Anlagenbetreiber hat vielleicht ein Flex-BHKW gekauft, der andere eine aufwendige Trocknung oder ein Wärmeleitungsnetz für den Schweinestall installiert. Die Versicherer wollen wissen, was es kosten würde, die existierende Biogasanlage heute genauso wieder aufzubauen. Diese Summe ist schwer zu ermitteln. Wir arbeiten dazu mit einem Sachverständigenbüro zusammen, das eine Wertermittlung macht. Wenn sich Betrieb bei uns versichert, zahlen wir Kosten für Wertgutachten, um eine Unterversicherung zu vermeiden.

Muss man diese Wertermittlung dann nicht regelmäßig wiederholen, um die korrekte Versicherungssumme angeben zu können?

Brink: Wir machen mit unseren Kunden Jahresgespräche und fragen auch die in dem Jahr getätigten Investitionen ab. Neben der Wertermittlung ist es auch wichtig, den Rohertrag zu aktualisieren, also der Umsatz minus Wareneinsatz. Mit den gestiegenen Erlöse Ende 2022 und 2023 ergibt sich eine andere Versicherungssumme. Wenn diese nicht richtig ermittelt wurde, kann auch das zur Unterversicherung führen.

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