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EEG 2012: „Es gibt keine Alternative zum Nawaro-Bonus“

Die Klimaschutzziele der Bundesregierung für das Jahr 2020 sind ohne Energiepflanzen nicht zu erreichen. Vor diesem Hintergrund muss der Bonus für nachwachsende Rohstoffe im Erneuerbare-Energien-Gesetz erhalten bleiben. Allerdings sollte die komplizierte Biogasvergütung deutlich vereinfacht und einige Boni überarbeitet werden.

Lesezeit: 9 Minuten

Die Klimaschutzziele der Bundesregierung für das Jahr 2020 sind ohne Energiepflanzen nicht zu erreichen. Vor diesem Hintergrund muss der Bonus für nachwachsende Rohstoffe im Erneuerbare-Energien-Gesetz erhalten bleiben. Allerdings sollte die komplizierte Biogasvergütung deutlich vereinfacht und einige Boni überarbeitet werden. Das ist das Fazit der Tagung "Anspruch der Bioenergie an die EEG-Novellierung", bei der gestern in Berlin 250 Fachleute über die Zukunft der Bioenergie diskutierten.


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Fehlentwicklungen korrigieren


"Wir müssen das Ausbautempo der Bioenergie erhöhen, um unser Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2020 einen Anteil erneuerbarer Energien von 18 % zu erreichen", machte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner deutlich. Das EEG sei ein vorbildliches Gesetz, müsse aber überarbeitet werden.


Das sieht Dr. Yelto Zimmer vom Von-Thünen-Institut (vTI) nicht so. Schon länger ist er als scharfer Kritiker der Bioenergieförderung bekannt. In Berlin rechnete er dieses Mal vor, das Milcherzeuger bei einem Milchpreis unter 32 Cent je Liter oder Rindermäster bei einem Fleischpreis unter 3,20 Euro je kg schlechter abschneiden würden als Biogasanlagen. "Die Ausbauziele der Bioenergie sind weder realistisch noch umwelt- und klimapolitisch sinnvoll. Die ganze Förder-Strategie bei der Bioenergie muss auf den Prüfstand", fordert er. Laut Zimmer arbeitet das Institut an einem Konzept für die künftige Bioenergieförderung, bei der Energiepflanzen einen Anteil von 5 % am Substratinput nicht überschreiten sollen. Stattdessen sollte stärker auf Güllevergärung gesetzt werden.


Dem pflichtet auch die Ernährungsindustrie bei: "Wir fordern, den Nawaro-Bonus abzuschaffen. Die Verbrennung von Lebensmitteln verschlingt eine Riesenmenge an Fläche. Die Verbrennung ist hochsubventioniert, die Grundnahrungsmittel sind so teuer wie nie zuvor", macht Bernard Suding von der Wernsing Feinkost GmbH aus Addrup-Essen seinem Ärger Luft. Strom aus der Verbrennung von Lebensmitteln habe im Gegensatz zu Wind- oder Solarenergie nichts mit erneuerbaren Energien zu tun. Der durch erneuerbare Energien angehobene Strompreis werde dazu führen, dass die Industrie Arbeitsplätze vor allem an die Niederländer verlöre, die günstiger produzieren könnten.


Schlechte Agrarpreise treiben Bioenergie voran


"Der Zubau der Biogasanlagen ist nicht nur vom EEG getrieben, sondern auch von schlechten Agrarpreisen. Das zeigt die Vergangenheit deutlich", entgegnet dem Dr. Claudius da Costa Gomez, Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas.


Der Nawaro-Bonus sei kostendeckend. Damit seien keine überhöhten Pachtpreise zu zahlen und keine großen Gewinne zu erzielen. Fachverbandspräsident Josef Pellmeyer, selbst Landwirt und Biogaserzeuger, geht noch einen Schritt weiter: "Zahlen Sie uns bessere Preise für Lebensmittel, dann haben sie keine Probleme mit dem Rohstoff!"


Auch Ministerin Aigner erteilte den vereinzelten Rufen nach Abschaffung des Nawaro-Bonus eine Absage. Mais werde auch in Zukunft die attraktivste Pflanze für die Biogasproduktion bleiben. Sie stellte in Frage, ob eine Abschaffung des Nawaro-Bonus daran etwas ändern würde.


Ihr gehe es daher bei der EEG-Novellierung nicht um eine Änderung der Grundstruktur, sondern nur um die Korrektur von Fehlentwicklungen, die aufgrund von zu schnellem Wachstum entstanden seien. Zu den Fehlentwicklungen zählt Aigner die Veränderung des Landschaftsbildes durch zunehmenden Maisanbau sowie höhere Pachtpreise, die allerdings nicht allein dem EEG angelastet werden könnten. Die Änderungen sollten mit Augenmaß und Sachverstand vorgenommen werden. Daher wollte das BMELV dem federführenden Bundesumweltministerium zur Seite stehen.


Die Zunahme der Energiemaisfläche belegte Aigner mit aktuellen Zahlen aus dem EEG-Monitoringbericht des Deutschen Biomasse-Forschungszentrums (DBFZ). Auch wenn 70 % der Anlagen heute aufgrund des Güllebonus Wirtschaftsdünger einsetzten, sei der Maisanbau vor allem in viehstarken Regionen angestiegen. Zwar sei die gesamte Maisfläche in Deutschland mit 2,3 Mio. ha in den letzten Jahren gleich geblieben. Aigner: "Allerdings hat der Anteil Energiemais an der Gesamtfläche von 2008 bis 2009 um 21 % und im vergangenen Jahr sogar um 40 % zugenommen."


Zu den wichtigsten Änderungen aus Sicht des BMELV gehören:


- Den Anlagenbegriff so definieren, dass ein Anlagensplitting, also eine Aufteilung in kleinere Einheiten zur Optimierung der Vergütung, nicht mehr möglich ist.


- Die Boni anpassen, vor allem den Nawaro- und Güllebonus entkoppeln.


- Die Vergütung so gestalten, dass die Sorgen der Nicht-Biogaserzeuger berücksichtigt werden.


Anforderung an Biomasse-Strom steigen


"Die Schwachstellen des EEG sind die vielen Boni, die den Anlagenbetreiber dazu anregen, die Biogasanlage zur Optimierung der Vergütung auszulegen", meint Dr. Daniela Thrän vom DBFZ. Die Höhe der Vergütung müsse sich stärker an den Kosten der Energieerzeugung orientieren, sonst käme es zu Verzerrungen. Anders als bei Wind oder Solar sei bei der Biogaserzeugung aber keine Kostensenkung zu erwarten, da die Bioenergie von Rohstoffen abhängig ist. "Da damit die Förderung der Bioenergie teurer wird, steigen auch die qualitativen Anforderungen an den Biomasse-Strom. Das bedeutet: Wegen ihrer Speicherfähigkeit müsse Bioenergie bedarfsgerecht Strom erzeugen. Auch Thrän lehnt es ab, den Anbau von Mais über das EEG zu regulieren. "Mais ist ein generelles Problem der Landwirtschaft. Wenn, dann muss das Landwirtschaftsrecht geändert werden." Dem stimmt Bernd Geisen, Geschäftsführer des Bundesverbandes Bioenergie (BBE), zu: "Es gibt genügend Vorschriften wie Cross Compliance, das Düngerecht oder das Emissionsrecht, die besser geeignet sind als das EEG."


Auch Florian Schöne vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) lehnt eine Radikallösung ab: "Wir können nicht 2004 den Nawaro- Bonus einführen, ihn 2009 erhöhen und dann 2012 plötzlich abschaffen!" Mais sei aus Naturschutzsicht nicht schlechter als Raps oder Winterweizen. Allerdings kritisiert er den stark zunehmenden Grünlandumbruch, der das gute Image von Bioenergie kaputt mache. Feuchte, tiefgründige, anmoorige Standorte würden für den Energiemaisanbau umgebrochen. Als Ausgleich dafür würden minderwertige Böden in Grünland umgewandelt werden. "Aber man muss lange Biogas erzeugen auf diesen kohlenstoffreichen Anmoorstandorten, um die entstandenen Klimagasemissionen wieder einzusparen", gibt er zu Bedenken. Auch seien Zuckerhirse und Sudangras keine Alternative zum Mais, da Mais zu ähnlich sehen würden und von der Bevölkerung nicht unterschieden werden könnten.


Schönes Kollegin Martin Fleckenstein vom WWF Deutschland fordert, dass für feste Biomasse die gleichen Nachhaltigkeitskriterien wie für Biokraftstoffe gelten sollen. Es müssten aber glaubwürdige Zertifikate sein und nicht., wie beim Palmöl derzeit zu beobachten, Billigzertifikate von windigen Anbietern.


BBE-Geschäftsführer Geisen geht noch weiter: "Wir brauchen dann aber auch Nachhaltigkeitskriterien für konventionelle Energie. Wenn nur die Bioenergie das erfüllen muss, wäre das eine Wettbewerbsverzerrung."


Auch Prof. Norbert Lütke Entrup von der Fachhochschule Soest und Vertreter des Deutschen Maiskomitees ist für Nachhaltigkeitskriterien: "Wir wollen aber keine politisch motivierte Kriterien, sondern Kriterien zu ökologischen, ökonomischen und sozialen Standards, die wissenschaftlich abgesichert sind. Dann sind wir in der Lage, die Feindbilder gegenüber Mais abzubauen und die Diskussion zu versachlichen."


"Nicht noch eine Auflage für die Bauern!"


Rainer Tietböhl, Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, dagegen lehnt zusätzliche Auflagen ab. " Wir brauchen keine Nachhaltigkeitskriterien für Biogas, wir haben Cross Compliance. Da wir jeden Tag 100 ha Ackerfläche an Industrie oder Straßenbau verlieren, müssen wir eher dafür sorgen, dass die Erträge pro ha steigen."


"Wir müssen die Diskussion um Nachhaltigkeitskriterien ernsthaft führen", entgegnet Reinhard Schultz, Geschäftsführer des Biogasrates. Schon heute gäbe es Diskussionen mit der Wasserwirtschaft. Der Biogasrat plädiere daher für den Anbau von Mischkulturen, bei der Mais eine von vielen Pflanzen ist. "Wir brauchen aber Nachhaltigkeitskriterien auch bei den Lebensmitteln. Cross Compliance reicht dafür nicht aus, darunter kann sich mehr als ein schwarzes Schaf verstecken", kritisiert Schultz. Allerdings schränkt er ein: "Die reine Betonung von nachwachsenden Rohstoffen bei der Biogasproduktion ist falsch. Die Bedeutung der Reststoffe ist größer, als die Befürworter der Nawaros immer behaupten."


Dem stimmt Dr. Michael Kern vom Witzenhauseninstitut zu: "Bioabfälle haben eine große Bedeutung. Deutschlandweit gibt es noch ein Potenzial von 1 bis 2 Mio. t, das derzeit noch ungenutzt ist." Jedoch könne die Abfallwirtschaft die Energieprobleme nur zum kleinen Teil lösen. Ohne nachwachsende Rohstoffe ginge es nicht.


Auch Aloys Oechtering vom Entsorgungsunternehmen Remondis bremst die Euphorie bezüglich Reststoffvergärung: "Speiseabfälle gehen heute schon fast komplett in Biogasanlagen. Es gibt bereits heute mehr Gärkapazitäten als Speiseresteabfälle." Dazu käme: Die Energie aus Abfall sei deutlich geringer als bei Energiepflanzen.


Josef Pellmeyer (Fachverband Biogas), der selbst eine Kofermentationsanlage betreibt, führt noch ein anderes Argument an: "Auf keinen Fall sollte die Vergütung für die Vergärung von Abfällen erhöht werden. Gibt es mehr Geld für Abfälle, greifen die Abfallentsorger diese ab sorgen dafür, dass die Bevölkerung für die Müllbeseitigung mehr Geld bezahlen muss. Der Anlagenbetreiber hat nichts davon!"


Mehr Marktnähe für Biomasse-Strom


Der starke Ausbau der erneuerbaren Energien führt nach Ansicht der Experten aber auch im Stromnetz zu Problemen. So berichtet FvB-Präsident Pellmeyer: "Schon werden in mehreren Bundesländern Biogasanlagen wegen Netzüberlastung abgeschaltet, die ihr Biogas abfackeln müssen. Wir brauchen daher dringend die bedarfsgerechte Einspeisung." Dem stimmt Anja Bischof vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zu: "Die Chancen von Biogas ist der Ausgleich der fluktuierenden Energien wie Solar- oder Windenergie. Wenn wir bis 2050 80 % erneuerbare Energien im Netz haben wollen, müssen wir schnell handeln, da wir jetzt schon bei 17 % EE im Netz Probleme haben."


Auch Reinhard Schultz (Biogasrat) wünscht sich mehr Marktnähe für Biogas: "Denkbar wäre die Einführung einer Marktprämie, die die Differenzkosten zu den konventionellen Energien deckt. Das führt dazu, dass Biogas über Jahre immer näher an den Markt herangeführt und Subventionen nicht eingefroren werden." Die Marktprämie solle rohstoffunabhängig sein.


Der Fachverband Biogas hat andere Pläne: "Wir fordern zum dritten Mal bei einer Novelle die Einführung eines Hoch-/Niedertarifes, den man schon früher hätte einrichten sollen. Mit dem Gasnetz hat Biogas einen riesigen Speicher und kann dann Probleme der anderen erneuerbaren Energien lösen, die schwankend sind." Im Moment bestehe das Problem, einen Mechanismus zu finden, um den Markt für Regelenergie und das EEG zu kombinieren. (neu)

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