topplus Perspektiven für Agri-PV

Eigenverbrauchsoptimierung: Agri-PV trägt zur Stromkostenreduktion bei

Agri-PV-Anlagen könnten Landwirten neue Einkommensquellen und Vorteile wie Trockenheitsresistenz bieten. Sonntag Energy zeigt Chancen auf, eine Anlage auch ohne EEG wirtschaftlich zu betreiben.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Unternehmen Sonntag Energy aus dem bayerischen Lindau wurde erst 2024 gegründet. Geschäftsführer ist der Solar-Sachverständige Josef Haverkampf. Die Firma fokussiert sich auf Agri-PV-Anlagen auf privilegierten Flächen für Landwirte zum Eigenbesitz.

Sie haben sich auf die Agri-PV spezialisiert. Wie sieht Ihr Konzept aus?

Haverkampf: Wir stellen den Landwirt und seinen Betrieb in den Mittelpunkt und ermöglichen ihm, die Anlagen selbst zu besitzen, statt nur Verpächter zu sein. Die Agri-PV wird damit der entscheidende Baustein zur Elektrifizierung der Landwirtschaft. Mit elektrisch angetriebenen Hofmaschinen, Drohnen und vielen weiteren Techniken auf Strombasis wird Landwirtschaft effizienter, wirtschaftlich resilienter und nachhaltiger.

Bei welchem Anlagentyp sehen Sie da die meisten Perspektiven?

Haverkampf: Die großen Chancen sehe ich bei den hochaufgeständerten Anlagen über Sonderkulturen. Hier gibt es viel Synergien für die Landwirtschaft: Trockenheitsresistenz, Wassereinsparung um 50 %, weniger Fungizideinsatz, Ersatz von Hagelschutznetzen sowie Schutz gegen Starkregen und Frost wären hier als Vorteile zu nennen. Ein anderes, sehr interessantes Modell sind die beweglichen Module in Trackeranlagen. Sie bieten aufgrund der Nachführung am Sonnenstand auch die Möglichkeit eines interessanten Einkommens über den Solarertrag bzw. eines möglichst hohen Eigenverbrauchsanteils. Denn mit der Ausrichtung am Sonnenstand können die Anlagen über den Tag mehr Strom liefern als eine starr nach Süden ausgerichtete Anlage. Wir gehen von 25 % mehr Strom pro kWp installierter Leistung aus als bei starren Anlagen, selbst wenn diese nach Ost-West ausgerichtet sind.

Die Speicherkosten sinken ja immer weiter. Werden Batterien zum Standard für Eigenverbrauchslösungen?

Haverkampf: Wegen der hohen Leistung der Agri-PV-Anlage schafft man es meist auch ohne Speicher, den Strombedarf des Betriebes an Sonnentagen komplett zu decken. Aber wenn ein Betrieb einen höheren Stromverbrauch hat oder auch nachts Strom benötigt, lohnt es sich immer, parallel zur Photovoltaikanlage auch einen Eigenverbrauchsspeicher mit einzuplanen. Wenn der Speicher zusätzlich am Energiehandel teilnimmt und mit einem Energiemanagement die Verbraucher am Hof intelligent steuert, steigt die Wirtschaftlichkeit nochmal deutlich.

Wenn Sie auf Eigenversorgung setzen: Brauchen wir dann das EEG überhaupt noch?

Haverkampf: Das stimmt, wir dürfen nicht einfach nur auf das EEG und den versprochenen Höchstwert von 9,5 ct/kWh bauen, der im Rahmen des Solarpaket 1 noch beihilferechtlich genehmigt werden muss. Gleichzeitig läuft auch die beihilferechtliche Genehmigung der gleitenden Marktprämie im EEG aus. Dadurch wird sich ab Anfang 2027 ohnehin einiges verändern. Ich erwarte erste Änderungen noch in diesem Jahr, weil mittlerweile bekannt wurde, dass die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung des Solarpaket 1 an die Einführung eines Abschöpfungsmechanismus knüpft. Die klassische Volleinspeiseanlage wird es zukünftig ohnehin nicht mehr geben. Daher müssen wir dahinkommen, dass sich Agri-PV auch ohne EEG rechnet.

Viele warten ja noch auf die beihilferechtliche Genehmigung der EU zum Solarpaket I. Wie gehen Ihre Kunden damit um, dass die 9,5 ct/kWh noch nicht sicher sind?

Haverkampf: Ja, in der Tat planen viele ein Projekt bis zur Baureife, warten mit dem Bau aber erstmal ab. Das ist leider immer so bei angekündigten Förderprogrammen und setzt die Investitionsbereitschaft stark herab. Dabei wären viele Projekte auch heute schon ohne die erhöhte Einspeisevergütung von 9,5 ct/kWh wirtschaftlich. Besonders interessant sind Höfe mit einem hohen Strombedarf (z.B. Kühllager, Biogasanlage) oder einem großen Direktverbraucher (z.B. Industriebetrieb) in direkter Nähe.

Welche Entwicklung erwarten Sie noch mit Blick auf 2027?

Haverkampf: Wir beobachten heute schon, dass die Agri-PV auf Flächen möglich ist, die für klassische große Freiflächenanlagen nicht infrage kommen. Damit verteilt sich die Technik stärker und macht lokale Versorgungskonzepte wie z.B. Energy Sharing möglich. Die Versorgung von großen Verbrauchern in der Nähe per Direktleitung wurde sogar in den aktuellen Koalitionsvertrag aufgenommen.  

Welche Neuerungen werden wir bei der Technik erleben?

Haverkampf: Eine weitere Entwicklung wird die voranschreitende Standardisierung sein, mit der wir Kosten senken können. Auch werden wir im Bereich Unterkonstruktion zukünftig neue Materialien sehen, die langlebig wie Stahl, aber nachhaltiger sind. Bei der Modultechnik könnte ich mir leichtere, biegsamere Modelle vorstellen. Auch wird es Anlagentypen geben, die sich noch besser an die landwirtschaftlichen Kulturen anpassen. Ein weiterer Trend wird das Wassermanagement in sehr trockenen Regionen sein. Hier wird man kostengünstige Möglichkeiten finden müssen, um Regenwasser aufzufangen, zu speichern und gezielt an die Pflanzen abgeben zu können.

Die Agri-PV eröffnet Landwirten nicht nur neue Einkommensmöglichkeiten, sondern weckt auch die Hoffnung auf eine nachhaltigere und resilientere Landwirtschaft.

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