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Ein Zaun, der Strom produziert

Der Mutterkuhhalter und Schweißspezialist Bernd Achgelis aus Niedersachsen hat eine Agri-Photovoltaikanlage als Solarzaun entwickelt. Er soll Tierhaltung und Stromproduktion kombinieren.

Lesezeit: 5 Minuten

Als „Agri-Photovoltaik-Weide-Anlage“ bezeichnet Bernd Achgelis aus Hafendorfersand (Landkreis Wesermarsch, Niedersachsen) das von ihm entwickelte System, mit dem er jetzt in den Vertrieb geht. Diese besondere Form der Solarstromproduktion erfüllt seiner Meinung nach drei Ziele: Sie hilft der Landwirtschaft, schont die Natur und trägt zur Energiegewinnung bei. 

Schweißer und Landwirt

Bernd Achgelis ist als Lehrschweißer aus dem Turbinenbau nicht nur mit dem Metallbau vertraut. Er hat auch eine Ausbildung als Landwirt absolviert und hält heute rund 35 Mutterkühe. „Wir haben 2009 aufgrund des fallenden Milchpreises mit der Milchviehhaltung aufgehört und die Holsteinerkühe von einem Limousine-Bullen belegen lassen“, blickt er zurück.

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Auf diese Weise hat er nach und nach seine Mutterkuhherde auf Basis von Angus und Limousine aufgebaut, die zwischenzeitlich bis zu 100 Tiere umfasste. Dann kam 2019 der nächste Einbruch: Viele Mäster, die seine Absetzer abgenommen haben, gaben auf. „Ich habe dann darüber nachgedacht, welchen Stellenwert die Landwirtschaft künftig haben wird und wie ich das Grünland sinnvoll nutzen kann.“ Die Lösung: eine schonende Form der Solarstromnutzung in Kombination mit der Tierhaltung.

Wichtig war ihm dafür, den Boden möglichst schonend zu behandeln. „Ich bin kein Freund davon, dass Solaranlagen auf vielen Hektar Fläche stehen, die der Landwirtschaft verloren gehen. Oder dass beim Bau von Solar- oder Windparks riesige Mengen Beton im Boden versenkt werden, die wahrscheinlich nie mehr entfernt werden können“, merkt er kritisch an.

4 bis 8 Module pro Pfahl

Das von ihm entwickelte und inzwischen gebrauchsmustergeschützte bzw. patentierte System sieht dagegen so aus:

  • 6 m lange Metallpfähle werden bis zu 3 m tief in der Erde versenkt. Dazu bohrt ein Erdbohrer zunächst Löcher, in die die Pfähle mithilfe eines Baggers gedrückt werden. Das funktioniert so: etwa in der Mitte des Pfahls befindet sich ein Loch, durch das eine Stange gesteckt wird. Eine Krallenvorrichtung am Bagger packt die Stange und drückt den Pfahl in das Loch. Dann wird die Stange herausgezogen und beim nächsten Pfahl genauso wieder verfahren.

  • Auf den Pfählen ist ein Alugestell mit ca. 42 Grad Neigung installiert. Bei diesem Anstellwinkel seien Windlast und Hagelschaden kein Problem, sagt er. Auf dem Alugestell lassen sich standardmäßig vier Solarmodule anbringen. „Wir können auf Wunsch auch größere Gestelle für sechs bis acht Module fertigen“, sagt Achgelis.

  • Die Kabel werden von den Modulen durch den innen hohlen Pfahl nach unten und in ein horizontal verlegtes Rohr geführt. Auf diese Weise sind die Kabel aller Module sowie das Kabel zum Stromnetz witterungsunabhängig und vor den Tieren geschützt installiert.

  • An etwa jedem 20. Pfahl ist oben unter den Modulen ein Wechselrichter installiert.

  • Die Pfähle stehen 4 bis 10 m auseinander. An den Stahlträgern sind Klemmen angebracht, um Weidezaunisolatoren auf beiden Seiten anbringen zu können. Auf diese Weise fungieren die Träger gleichzeitig als Zaunpfahl. „Wir können beliebig viele Isolatoren anbringen“, sagt Achgelis.

Als Agri-PV genehmigt

„Die Pfähle können wir aus Stahl, aus Alu oder aus Kunststoff (Polyethylen, PE) herstellen“, sagt Achgelis. Um die Stromproduktion abschätzen zu können, hier ein Rechenbeispiel: Bei einem Hektar Fläche mit 100 x 100 m würde ein Zaun um die Fläche 400 m Länge haben. Werden die Pfähle in 6 m Entfernung gesetzt, lassen sich etwa 68 Pfähle unterbringen. Bei 4 Modulen pro Pfahl mit je 650 Watt lassen sich mit dem Zaunsystem also etwa 177 kW installieren, bei acht Modulen wären es 354 kW.

„Wir haben zwar längere Zeit mit den Genehmigungsbehörden und dem Netzbetreiber verhandelt, aber jetzt ist klar: Unsere Anlage fällt als Agri-PV-Anlage unter die neue Förderung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz“, sagt der Mutterkuhhalter. Außerdem konnte er erreichen, dass die Anlage privilegiert genehmigt wird.

Auch als Wolfszaun

Die Anlage ist seiner Meinung nach nicht nur eine Lösung für Weidetierhalter für Rinder, Pferde, Schafe, Schweine oder Geflügel auf Grünland, sondern auch für Weiden auf wiedervernässten Mooren oder in Naturschutzgebieten. „Auch in Wolfsregionen können wir damit eine Lösung bieten“, ist er überzeugt. Das ist auch bei ihm der Fall: Schon dreimal ist ein Wolf über den Hof gelaufen. An den 3 m hohen Pfählen lassen sich beliebig viele Litzen spannen. „Über eine Batterie lässt sich der Zaun auch nachts mit Strom versorgen“, erklärt er.

Achgelis will jetzt für seinen Betrieb im Herbst 300 Pfähle errichten. Mit den drauf installierten Modulen kommt auf etwa 780 kW Leistung. Er hat bereits Anfragen von Weidetierhaltern aus der Wesermarsch oder einem Pferdehalter aus Köln. Die Anlagen werden auf dem Hof mit seiner Firma "Achgelis Schweißtechnik“ gefertigt.

Zu den Kosten der Anlage kann er aktuell noch nichts sagen. „Wir müssen erst einmal vom Prototyp zur Serienproduktion kommen. Außerdem hängt das auch immer von dem Stahl- und Aluminiumpreis ab“, sagt er. Nach ersten Schätzungen weiß er aber, dass die Einspeisevergütung von 9,98 ct/kWh einen wirtschaftlichen Betrieb möglich machen könnte.

Diese Zaunanlage ist laut Achgelis mit allen erneuerbaren Energien kombinierbar und jeden kleinen landwirtschaftlichen Betrieb erschwinglich.

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