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topplus Erneuerbare Wärme

Mit netzgestützter Erdwärme mehrere Gebäude versorgen

Die Firma Doppelacker hat ein System entwickelt, um in 2 m Tiefe mit netzgestützter Erdwärme mehrere Gebäude zu versorgen. Geschäftsführer Jens Kluge erläutert das Konzept. 1 ha beheizt 25 Häuser

Lesezeit: 4 Minuten

Die Firma Doppelacker aus Petershagen (Brandenburg) ist auf dezentrale Heizlösungen spezialisiert. Sie hat ein Konzept für eine Nahwärmeversorgung von Häusern mithilfe der Erdwärme entwickelt. Dabei sammeln die Kollektoren auf landwirtschaftlichen Flächen Wärme in 2 m Tiefe ein. Im top agrar-Interview erläutert Geschäftsführer Jens Kluge, wie sich damit ein Acker doppelt nutzen lässt und welche Technik dazu zum Einsatz kommt.

Was bezeichnen Sie als Agrothermie und was war das Ziel der Entwicklung?

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Kluge: Unser Unternehmen kommt aus der Heizungsbranche. Uns ist aus fachlicher Sicht klar, dass Wärmepumpen besonders effizient sind, wenn sie Erdwärme anstelle der Außenluft als Quellmedium nutzen. Aber nicht überall lassen sich Erdwärmekollektoren verlegen oder tiefe Löcher für die Sonden bohren. Darum haben wir uns gefragt, warum jedes Wohnhaus einen eigenen Erdwärmekollektor installieren muss oder ob es nicht eine gemeinschaftliche Lösung gibt. Bei dieser verlegen wir auf landwirtschaftlich genutzten Flächen oder anderen Freiflächen die Erdkollektorrohre. Daraus ist die Bezeichnung „Agrothermie“ entstanden.

Gibt es Referenzanlagen und wie sind Ihre Erfahrungen?

Kluge: Ja, eine erste Anlage haben wir 2012 in Wüstenrot (Baden-Württemberg) angelegt. Dort wurde ein Neubaugebiet mit 18 Häusern ohne Gasanschluss erschlossen. Die Erfahrungen sind positiv. Die Wärmeversorgung verläuft problemlos, mit Jahresarbeitszahlen > 4. Ähnlich gute Erfahrungen gibt es seit 2015 in Neumarkt/Oberpfalz mit einem Kollektor unter dem Sportplatz des Willibald- Gluck- Gymnasiums.

Wie werden die Kollektoren in 2 m Tiefe verlegt?

Kluge: In Wüstenrot haben wir anfangs eine Maschine zum Verlegen von Kabeln verwendet, die technisch nicht auf die Flächenverlegung ausgelegt war. Darum haben wir in Zusammenarbeit mit der Professur Agrarsystemtechnik an der Technischen Universität Dresden im Projekt „KollWeb 4.0“ eine neue Verlegetechnik entwickelt. Die Rohre werden dabei von der Rolle in 2 m unter Flur eingepflügt. Die Maschine ist noch im Status industrieller Forschung, aber mittlerweile für Pilotanwendungen praxisreif.

Um was für Rohre handelt sich dabei?

Kluge: Die Technik stammt aus dem Trinkwasserbereich. Die Kunststoffrohre (HDPE) haben einen Außendurchmesser von 5 cm. Die Wandstärke beträgt 0,5 cm, ist also relativ dick. Damit sind sie widerstandsfähiger z.B. beim Verlegen oder gegen Wurzeln.

Wie kommt die Wärme jetzt in die Häuser?

Kluge: In den Rohren zirkuliert ein Gemisch aus 75 % Wasser und 25 % Glykol als Frostschutzmittel. Diese Sole nimmt in der Erde die Umgebungstemperatur auf, die im Winter deutlich höher als die Außentemperatur, im Sommer deutlich niedriger ist. Die in ca. 1 m Abstand verlegten Rohre sind auf den beiden Stirnseiten mit Sammlerrohren verbunden und bilden den Erdwärmekollektor. Über das Kaltwärmenetz werden die Arbeitsmaschinen in den Gebäuden versorgt. Jedes Haus besitzt eine eigene Wärmepumpe, die aus der Erdwärme mithilfe von Strom Wärme für die Heizung und die Warmwasserbereitung produziert.

Wie viele Häuser können Sie mit einem Kollektorfeld von ca. 1 ha versorgen?

Kluge: Man kann davon ausgehen, dass ein Neubau die doppelte Wohnfläche als Kollektorfläche benötigt. Wenn Sie ein Haus mit 200 m2 Wohnfläche haben, wären als 400 m2 Kollektorfläche nötig. Mit einem Hektar können Sie also 25 Häuser dieser Größenordnung versorgen. Für unsanierten Altbau ist Erdwärmenutzung eher ungeeignet. Derzeit zielt das Konzept vorrangig auf die Versorgung von Neubauten. Denn alte Öl-, Gas- oder Kohleheizungen arbeiten mit 90 °C Vorlauftemperatur, unser System hat 40 °C.

Welche weiteren Wärmeabnehmer gibt es?

Kluge: Das können Industrie oder Gewerbebetriebe sein. Wir planen aktuell eine Versorgungslösung für Gewächshäuser, bei der 17 ha Kollektorfläche nötig sind. Erdgekoppelte Prozesswärme/-kälte ist branchenübergreifend nutzbar, aber nicht in jedem Fall geeignet. Die Systemtemperaturkurve des Erdkörpers im Jahresgang erlaubt den Betrieb von Wärmepumpen wie Kältemaschinen gleichermaßen.

Welche Entschädigungen erhalten die Flächenbesitzer?

Kluge: Wir haben dafür noch kein ausgereiftes Modell, weil wir erst ganz am Anfang stehen. Aber denkbar wäre eine Entschädigung für entgangenen Ertrag im Verlegungsjahr. Eine Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Produktion ist aus Sicht der Referenzanlagen nicht zu erwarten. Belastbare Befunde sind erst aus Technologiefolgenuntersuchungen zu gewinnen.

Besteht nicht die Gefahr, dass der Boden langsam abkühlt, wenn Sie die Wärme abführen? Das Phänomen beobachtet man ja bei Erdwärmesonden.

Kluge: Die Auslegung und der Betrieb der Flächenkollektoren schließen die natürliche wie technische Regeneration ein. Die Sonneneinstrahlung oder eindringendes Regenwasser sorgen stetig für neuen Wärmeeintrag.

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