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Ethanol aus Stroh: Fragliche Wirtschaftlichkeit

Biokraftstoffexperte Dieter Bockey von der UFOP sieht die Pläne von Clariant zum Bau einer Bioethanolanlage in Rumänien kritisch.

Lesezeit: 4 Minuten

Biokraftstoffexperte Dieter Bockey von der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) sieht die Pläne zum Bau einer Bioethanolanlage in Rumänien kritisch, wie sein Kommentar zu unserer Meldung: Großanlage in Rumänien für Ethanol aus Stroh zeigt:


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Es ist ein mutiger Schritt angesichts der Diskussion zur Neufassung der RED (Erneuerbare-Energien-Richtlinie, Anm. der Redaktion). Allerdings setzt die EU-Kommission besonders hohe Erwartungen in die Produktion sogenannter “Advanced Fuels”. Gemeint sind Biokraftstoffe aus Biomasserohstoffe, die nicht mit dem “iLUC-Problem” behaftet sind.


Flächenbedarf von 50.000 ha



Aber die Nachhaltigkeit einer Biomassenutzung wie Stroh muss sich auch an ihrer Effizienz messen lassen. Dem Bericht zufolge werden 5 t Stroh für 1 t Bioethanol benötigt. Bei einer Gesamtkapazität von 250.000 t Biomasseverarbeitung entspricht dies etwa einem Flächenbedarf von 50.000 ha, wenn konservativ ein Getreideertrag von 5 t im Durchschnitt und ein Korn-Strohverhältnis von 1:1 unterstellt wird. Der Flächenbedarf erhöht sich proportional, wenn aus Gründen der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit nur alle drei Jahre von derselben Fläche die Biomasse entnommen werden darf, denn eine “Rückführung” von Reststoffen auf dieselben Ackerflächen findet nicht statt. Das Gleiche gilt, wenn “nur” Weizenstroh als Rohstoff in Frage kommt.


Praktiker wissen, dass bei witterungsbedingten schlechten Erntebedingungen bei der Getreideernte das “Korn” im Vordergrund steht und naturgemäß weniger die Strohernte, es sei denn, die Landwirte sind vertraglich verpflichtet zu liefern und müssen mit einer Pönale rechnen, wenn die Kontraktmengen nicht erfüllt werden. Zudem müssen 250.000 t Stroh gelagert werden, denn die Anlage selbst wird diese Strohmenge nicht komplett aufnehmen können. Die logistischen Herausforderungen sind enorm.


Die dargestellten Arbeitsplätze mögen das widerspiegeln, verteuern aber entsprechend die Produktion wie auch der Strohpreis selbst, der regional wegen der Lieferabhängigkeit ein „Spitzenniveau“ erreichen dürfte. Der Anlagenbetreiber muss infolge der REDII als zusätzliche Nachhaltigkeitsanforderung  für diese Standorte ein Kohlenstoff-/Humusmanagement nachweisen. Dies erfordert ein Fruchtfolgemanagement für den Humusausgleich. 



Strohpreis dürfte steigen



Dass die Landwirtschaft aber nichts verschenkt, schon gar nicht gutes Stroh, ist an den aktuellen Preisen hierzulande ablesbar: 80 bis 100 EUR/t (Rundballen). Der Rohstoffkostenanteil am Endprodukt Bioethanol liegt überschlägig bei etwa 0,5 EUR je kg (bei geringerem Brennwert im Vergleich zu Benzin). Es stellt sich die Frage nach den ökonomischen Randbedingungen, um Bioethanol aus Stroh eine sachgerechte Perspektive mit Blick auf die nachzuweisende und zertifizierte Klimabilanz zu geben.  Eine THG-Quote, wie in Deutschland wäre dann auch in Rumänien sinnvoll oder hat der Anlagenbetreiber ohnehin bereits Deutschland im Blick?


Aber die REDII setzt auch nationale verbindliche Quotenvorgaben für diese Biokraftstoffe. Der “Referenzpreis” für die THG-Minderung ist die Pönale in Höhe von 460 EUR/t CO₂, im Falle der Untererfüllung der THG-Quote. Dieser zieht damit auch für das in Rumänien produzierte Bioethanol und verdrängt Bioethanol aus Anbaubiomasse, weil dieser Quotenanteil auch hierzulande erfüllt werden muss und dies möglicherweise bei einer besseren THG-Bilanz, die ein Stück weit die Mehrkosten kompensiert. Im Biodieselmarkt ist dieser Effekt sehr gut ablesbar, denn im Quotenjahr 2016 hat Biodiesel aus Abfallöl erstmals Biodiesel aus Raps als “Marktführer” verdrängt.


Auch Stroh wird zum Wertstoff


Zu guter Letzt stellt sich die Frage nach der energetischen Nutzung von Stroh in einer hocheffizienten BHKW-Anlage. Warum ist die THG-Bilanz von Bioethanol aus Stroh besser? Stroh wird dann zu einem Wertstoff und müsste in der Ökobilanzierung nicht als Reststoff mit dem THG-Wert 0 g CO₂, sondern mit dem Aufwandsanteil (Düngung etc.) für die Kulturpflanze berechnet werden – zu diesem Ergebnis kommt eine Expertise des DBFZ. Die EU-Politik verdrängt hier die Ökobilanzlogik wegen einer wenig sachgerechten Tank-verus-Teller- und iLUC-Diskussion.


Hinweis der Redaktion: Gastkommentare geben nicht in allen Bereichen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie dann, wenn wir sie für einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft halten.

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