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Experten sehen großes Potenzial für die Agrophotovoltaik

Bei einer Anhörung im baden-württembergischen Landtag mahnten vier Experten Bund und Länder, bessere Rahmenbedingungen für die Agrophotovoltaik zu schaffen.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in einer per Livestream übertragenen öffentlichen Anhörung das Potenzial der sogenannten Agrophotovoltaik (APV) in Baden-Württemberg ausgelotet. Bei dieser Technologie werden Solarzellen auf einer Trägerkonstruktion über landwirtschaftlichen Nutzflächen installiert. Experten erklärten vor dem Ausschuss, wie auf geeigneten Flächen gleichzeitig Nahrungsmittel und umweltfreundlicher Strom erzeugt werden können. Der Ausschussvorsitzende Martin Hahn zeigte sich davon überzeugt: „Wir brauchen dringend solche Hybridformen der Landnutzung für die Energiewende.“

Die vier zur Anhörung geladenen APV-Experten kritisierten, dass die Politik im Bund wie auch in den Ländern die APV sträflich vernachlässigt habe. Baugenehmigungen für derartige Anlagen seien so gut wie unmöglich, Agrarsubventionen für landwirtschaftliche Nutzflächen mit APV verboten, und auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lasse auf landwirtschaftlichen Nutzflächen erzeugten Strom außen vor. Das müsse sich schnell ändern, forderten die Experten.

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Südwesten gut geeignet für Agrophotovoltaik

Max Trommsdorff vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in München bezeichnete die APV vor dem Ausschuss als „große Chance für die Energiewende“. Strom aus solchen Anlagen sei schon heute nahezu wettbewerbsfähig. Die Anlagen könnten zukünftig wesentlich dazu beitragen, den Ausstoß von Treibhausgasen durch Verzicht insbesondere auf fossile Energieträger zu reduzieren. Um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, müsse Deutschland im Vergleich zu heute acht- bis zehnmal mehr Strom durch Photovoltaik erzeugen, sagte Trommsdorff. Baden-Württemberg ist nach seiner Auffassung sehr gut für die Agrophotovoltaik geeignet. Das Land habe die höchsten Bodenpreise, wodurch sich eine Doppelnutzung von Flächen geradezu aufdränge. Zudem sei die Sonneneinstrahlung sehr hoch. Zugleich gebe es einen hohen Gartenbau-Anteil in der Landwirtschaft. Kulturen etwa mit Beeren und Kernobst seien besonders gut für APV-Anlagen geeignet.

Erste Anlage in Baden-Württemberg

Auch Florian Reyer von der Hofgemeinschaft Heggelbach am Bodensee betonte in der Anhörung das Potenzial der Agrophotovoltaik. Die Hofgemeinschaft betreibt seit 2016 in einem Pilotprojekt die erste APV-Anlage in Baden-Württemberg. Unter den auf einer Trägerkonstruktion ruhenden Solarzellen auf seinem Hof wachsen Kartoffeln, Sellerie und Weizen. Reyer berichtete von leichten Mindererträgen bei den Feldfrüchten, mit denen er aber dank der Erzeugung umweltfreundlichen Stroms „gut leben“ könne. Die Anlage der Hofgemeinschaft erzeugt auf 2500 Quadratmetern genug Strom, um bis zu 62 Haushalte zu versorgen. Bisher nutzt die Hofgemeinschaft allerdings 60 Prozent der gewonnenen Energie selbst. Ungeachtet seiner grundsätzlich positiven Einstellung gegenüber der APV mahnte der Landwirt vor dem Ausschuss, angesichts des Potenzials der Technologie mit Blick auf die Energiewende die Belange der bäuerlichen Erzeuger nicht zu vergessen. Es dürfe nicht sein, dass am Ende vor allem Verpächter von landwirtschaftlichen Flächen zum Zuge kommen, praktizierende Landwirte dagegen kaum.

Hohe Hürden für die Technik

Stephan Schindele von der BayWa Solar Projects in München kritisierte mit deutlichen Worten die hohen Hürden, denen sich die Agrophotovoltaik in Deutschland gegenübersehe. Japan, Frankreich und die Niederlande dagegen hätten deren Potenzial längst erkannt und unterstützten die Technologie in jeder Hinsicht. Besonders unverständlich sei, dass das EEG eine Förderung bisher nicht vorsehe. Das müsse die Politik rasch abstellen. Schindele, dessen Unternehmen komplette APV-Anlagen liefert, berichtete von hohen Synergieeffekten für Landwirte, deren Kulturen vor Regen, Hagel und Sonneneinstrahlung geschützt werden müssen. Überall dort, wo Folien oder Netze angebracht würden, könnten auch Solarzellen installiert werden, um die Früchte zu schonen. Er berichtete von einer Himbeer-Plantage in den Niederlanden, die den Ertrag durch die Anbringung einer APV-Anlage um zehn Prozent gesteigert habe. Auch durch die staatliche Förderung des auf der Anlage erzeugten Stroms erwirtschafte das Unternehmen ein Plus von 20.000 Euro pro Hektar.

Lösung mit senkrecht stehenden Modulen

Solarmodule in der APV können nicht nur horizontal, sondern auch vertikal aufgebaut werden. Darauf hat sich das Unternehmen Next2Sun in Merzig spezialisiert, für das Heiko Hildebrandt vor dem Ausschuss sprach. Seine Module arbeiten bifacial, können das Sonnenlicht also beidseitig verwerten. Würden die Module konsequent nach Ost-West errichtet, seien Lastspitzen in den Morgen- und Abendstunden zu erreichen, antizyklisch zu den vorherrschenden Südanlagen. Das könne zur Netzstabilität beitragen. Zudem erlaubten variable Zwischenräume von mindestens acht Metern zahlreiche landwirtschaftliche Nutzungskonzepte, so Hildebrandt.

Parlament will APV unterstützen

Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, dämpfte vor dem Ausschuss die Hoffnung auf schnelle Verbesserungen für die Agrophotovoltaik. Eine entsprechende Änderung der Ökokonto-Verordnung des Landes, um die Genehmigung solcher Anlagen zu erleichtern, werde es in der laufenden Wahlperiode nicht mehr geben. Auch eine rasche Änderung des EEG sehe er nicht, so Hauk. Der Minister sagte aber zu, die Erprobung der Technologie mit einer Durchführungsstudie nach Kräften zu unterstützen. Derzeit suche man Standorte für weitere Pilotprojekte. Er sehe große Potenziale im Sinne der Energiewende. Bei allen Überlegungen müssten aber die Belange der Landwirte stets an erster Stelle stehen.

Der Ausschussvorsitzende Martin Hahn sagte den APV-Experten die Unterstützung des Parlaments zu. „Wir setzen uns dafür ein, dass das Land Baden-Württemberg bei der Agrophotovoltaik ganz vorne mitspielt“, sagte Hahn. Hybride Formen für die Energiewende würden dringend benötigt, um für mehr Akzeptanz im Ausbau der erneuerbaren Energien zu sorgen.

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