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topplus Pferdemist zu Biogas

Fit für den Kraftstoffmarkt mit Gülle und Mist

Zwei Anlagenbetreiber aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wollen Biomethan künftig als Kraftstoff vermarkten. Beide setzen auf unterschiedliche Reststoffe aus der Umgebung.

Lesezeit: 7 Minuten

Der Einstieg in den Biokraftstoffmarkt stellt Anlagenbetreiber vor völlig andere Herausforderungen als die Stromerzeugung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Denn für den Verkauf von Biomethan als Treibstoff gelten andere Regeln wie z.B. die Nachhaltigkeitsverordnung oder der Druck, schon bei der Rohstoffauswahl auf eine möglichst starke Treibhausgasminderung (THG-Minderung) zu achten.

Noch sind viele Regularien wie die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien (RED II) nicht umgesetzt. Trotzdem steht heute schon fest: Energiepflanzen werden in diesem Markt nur eine untergeordnete Rolle spielen, es wird vor allem auf die Vergärung von Gülle und Mist ankommen. Doch wie lässt sich die Anlage auf diese neuen Herausforderungen umstellen? Und in welcher Form lässt sich das Potenzial an Reststoffen vor Ort mobilisieren, um die Anlage ganzjährig damit zu versorgen? Auf diese Fragen haben zwei Anlagenbetreiber Antworten gefunden. Wir stellen ihre Konzepte im Folgenden näher vor:

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  • Sven Plorin von der Gemeinschaftsbiogasanlage Bioenergie Geest aus Apensen (Landkreis Stade, Niedersachsen) setzt auf separierte Rindergülle.
  • Daniel Königs von der Biogasanlage „Königs und Nellen Pflanzenenergie“ aus Neuss (Nordrhein-Westfalen) will Pferdemist vergären.

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R E P O R T A G E 1

Umstieg auf Rindergülle

Mit dem Wechsel von Mais auf Güllefeststoffe will die Bioenergie Geest aus Apensen (Niedersachsen) ein universell einsetzbares Gas erzeugen.

Die Biogasanlage „Bioenergie Geest“ gehört 29 Gesellschaftern (davon 28 Landwirten), die seit 2012 Biomethan erzeugen und ins Gasnetz einspeisen. Die Anlage produziert mithilfe der Aminwäsche bis zu 350 m3 Biomethan pro Stunde. „Bislang haben wir fast ausschließlich Mais und etwas Grünroggen vergoren, den wir auf den Flächen unserer Gesellschafter angebaut haben“, erklärt Sven Plorin, einer der drei Geschäftsführer.

Doch in zwei Jahren laufen die Verträge mit einem Contractor aus, der bislang das Biomethan gekauft hat. „Wir wollen künftig Biomethan erzeugen, das sich universell einsetzen lässt, also auch im Biokraftstoffmarkt“, erklärt er. Darum gehören nachwachsende Rohstoffe für ihn zum Auslaufmodell. „Mais ist unumstritten das beste und wirtschaftlichste Substrat. Aber der politische Gegenwind und Auflagen wie die der RED II sprechen dagegen“, begründet er das. Darum soll künftig Gülle das bevorzugte Substrat sein. Der Anteil soll 80% ausmachen, nur noch 20% soll Mais sein.

Die Anlage benötigt 76.000 t Gülle, Mist und Energiepflanzen im Jahr. Im Landkreis Stade und dem benachbarten Landkreis Rotenburg (Wümme) gibt es viele Tierhalter. Plorin setzt dabei ausschließlich auf Rindergülle: Ihr Gasertrag ist höher als bei der stark wasserhaltigen Schweinegülle. Zudem befürchtet er einen zu hohen Anstieg von Phosphat im Gärrest, der sich dann nur noch schwer auf den hiesigen Flächen ausbringen lässt.

Feststoffe im Visier

Die Gülle soll nur zum Teil unverarbeitet vergoren werden. „Vor allem wollen wir abseparierten Feststoff nutzen“, erklärt er. Dessen Gasertrag pro Tonne liegt etwa bei einem Drittel von dem der Maissilage Denn das soll die Transportwürdigkeit erhöhen. Von 200.000 t Gülle sollen 35.000 t Feststoff abgetrennt werden. Hierfür ist die Anschaffung von mobilen Separatoren geplant, mit denen von der Bioenergie Geest beauftrage Lohnunternehmer auf den Milchviehbetrieben Gülle bearbeiten sollen.

Das Separat soll möglichst mit LNG- oder CNG-betriebenen Fahrzeugen just in time zur Anlage gefahren werden, um Energieverluste zu vermeiden. „Gleichzeitig wollen wir die gesamte Dokumentation bezüglich Gülleabgabe für die Tierhalter erledigen und auch die Rückführung des Gärrestes auf die Flächen der Abgabebetriebe organisieren“, erklärt er. Das entlastet die Tierhalter und löst auch bei dem einen oder anderen das Problem von fehlendem Lagerraum. Zudem lässt sich die abseparierte Flüssigphase, die auf den Betrieben verbleibt, besser auf dem Grünland ausbringen als zähflüssige Gülle.

Hohe Umbaukosten

Der Bau zusätzlicher Lagerbehälter für Gülle und Gärrest, neue Pump- und Rührtechnik, die Investition in die mobilen Separatoren und Weiteres wird 4,5 bis 5 Mio. € kosten. „Wir hoffen, dass wir die Gülle weiterhin kostenlos bekommen und wollen als Gegenleistung die Gärreste bei den Betrieben auch ohne Zuzahlung ausbringen“, stellt Plorin in Aussicht.

Selbst, wenn die Gülle umsonst ist, bleiben der Anlage Kosten von 10 bis 15 €/t für den An- und Abtransport der Gülle und Feststoffe und die Ausbringung der Gärreste. Dazu kommt die Separation der Gärreste, die schätzungsweise 15 €/t Feststoff kostet.

Für Mais dagegen zahlen die Betreiber im Schnitt 30 €/t Frischmasse ab Feld. Dazu kommen 10 €/t für Ernte und Logistik. Insgesamt ist Mais damit etwa doppelt so teuer wie Gülle, liefert aber pro Tonne die zehnfache Gasmenge.

Plorin denkt aber noch einen Schritt weiter: „Unsere Anlage liegt mitten in einem Windpark. Sollte hier irgendwann einmal eine Elektrolyse zur Wasserstoffproduktion entstehen, wären wir ein idealer Partner.“

Denn bei der Biogasaufbereitung entsteht hochreines CO2, das bislang nicht genutzt wird. Zusammen mit Wasserstoff könnte man mit dem CO2 Methan erzeugen und damit die Methanausbeute aus der Biogasanlage fast verdoppeln. Gleichzeitig entsteht lokal erzeugter Kraftstoff.

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R E P O R T A G E 2

Pferdemist treibt Autos an

Die Königs und Nellen Pflanzenenergie will Biomethan an einer eigenen Tankstelle verkaufen.

Auch die Betreiber der Biogasanlage „Königs und Nellen Pflanzenenergie GmbH & Co. KG“ aus Neuss am Niederrhein suchen Alternativen für den teuren Mais. Die Anlage der beiden Landwirte Herbert Königs und Christian Nellen ist im Jahr 2007 mit 500 kW elektrisch ans Netz gegangen. Im Jahr 2012 haben sich die Landwirte entschieden, einen Teil des Gases zu Biomethan aufzubereiten und einzuspeisen. Der entsprechende Einspeisevertrag läuft aber demnächst aus. „Seit dem Jahr 2018 beschäftigen wir uns daher mit der Weiterentwicklung der Anlage in Richtung Biokraftstoffproduktion“, berichtet Junior Daniel Königs, der seine Abschlussarbeit beim Bachelorstudium zur Integration einer CNG-Tankstelle in die Biogasanlage geschrieben hat.

Viele Pferde im Umkreis

Bei der Suche nach einem alternativen Rohstoff kamen die Landwirte schnell auf Pferdemist: Neuss ist einer der pferdestärksten Landkreise in Deutschland. Allein im Umkreis von 2 km stehen geschätzt rund 400 Pferde, im Umkreis von 5 km – dem Radius, in dem sie auch Mais beziehen – sind es rund 1.000 Tiere.

Pro Pferd fallen je nach Einstreu täglich zwischen 30 und 50 kg Mist an. Daraus lassen sich rund 23 kWh (Heizwert) Biomethan erzeugen. „Damit kann ein modernes Auto rund 40 km weit fahren“, rechnet der Landwirt vor. Für das Substrat spricht nicht nur die Menge, sondern auch der Druck der Reitbetriebe, den Mist loszuwerden.

Eine Herausforderung dagegen ist die Logistik. „Wir haben uns für die Sammlung via Container entschieden, die wir auf die Betriebe stellen und mit eigenen Lkw wieder abholen“, erklärt Königs.

Da das Material einen hohen Strohanteil hat, soll es an der Biogasanlage vor dem Einfüllen mit einem Vertikalschredder zerkleinert und dann per Flüssigfütterung in den Fermenter dosiert werden.

Das Gas wollen die Landwirte selbst vermarkten. Dazu haben sie eine Umfrage unter Gewerbebetrieben in der Umgebung gemacht. „Interessant sind regional aktive Firmen wie Pflege- und Lieferdienste, Entsorgungsunternehmen oder Speditionen“, erklärt er. Die Biogasanlage liegt an einer Hauptverbindungsstraße in einer Region, in der es keine Gastankstelle gibt.

Mittlerweile sind die Landwirte aus der Planungsphase heraus. „Im Moment bauen wir die Anlage um und wollen dann Container und Hakenlift anschaffen“, stellt der junge Landwirt in Aussicht. Parallel dazu läuft die Genehmigung für die Biogastankstelle.

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