Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Maisaussaat Stilllegung 2024

topplus Pläne für mehr Unabhängigkeit

Flüssig- und Biogas statt russischem Erdgas

Mit zwei LNG-Terminals will sich die Bundesregierung unabhängiger von russischen Energieimporten machen. Wie die Pläne zu bewerten sind, diskutierten kürzlich Experten aus Wirtschaft und Politik.

Lesezeit: 5 Minuten

Mit der Eskalation der Ukraine-Krise ist das Thema Versorgungssicherheit in den Mittelpunkt gerückt. Europa und Deutschland wollen sich bei den Erdgas-Lieferquellen unabhängiger von einzelnen Exportländern machen. Nicht ohne Grund: Deutschland gehört mit knapp 56 Mrd. Kubikmeter zu den größten Importeuren von russischem Erdgas innerhalb der EU. Rund die Hälfte des hiesigen Gasverbrauchs deckt Russland. „Wir werden wir rückgekoppelt mit der EU zusätzliches Erdgas auf den Weltmärkten erwerben. Schließlich haben wir die Entscheidung getroffen, zwei Flüssiggasterminals, LNG-Terminals, in Brunsbüttel und Wilhelmshaven schnell zu bauen“, teilte Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag (27. Februar) mit.

Nicht nur in der Bundesregierung, sondern auch in der Wirtschaft geht die Sorge um, dass Russland von sich aus den Hahn schließen könnte oder die EU beschließt, kein Gas mehr aus Russland beziehen zu wollen.

Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

LNG soll höheren Gasbedarf decken

Terminals zum Import von LNG gelten schon länger als Option für Deutschland. „Wir fordern das Thema seit Jahren, weil wir – unabhängig von dem Ukrainekrieg jetzt – einen großen Importbedarf für Gas sehen“, erklärte Dr. Timm Kehler, Vorstand der Gaswirtschaftsinitiative „Zukunft Gas“, auf einer Diskussionsrunde der Initiative am Dienstag (1. März).

Als Grund führt Kehler den geplanten Kohleausstieg an: „Wir brauchen daher mehr Gaskraftwerke und damit auch mehr Gas, um die fluktuierenden erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie in Zeiten von Dunkelflauten auszugleichen.“

Zusätzlichen Bedarf sieht die Branche in der Tatsache, dass Ölheizungen nach und nach vom Markt verschwinden sollen. Gleichzeitig geht die Erdgasproduktion in Europa zurück, vor allem in den Niederlanden.

Flüssiges Erdgas (Liquified Natural Gas, LNG) wird in verschiedenen Ländern der Welt erzeugt wie z.B. Katar als größter Exporteur, aber auch die USA oder verschiedene afrikanische Länder. „Es gibt keine Dominanz eines Herstellers“, sagt Kehler.

Schiff statt Pipeline

Ein weiteres Plus aus Sicht der Branche: Das auf – 162 °C abgekühlte und damit verflüssigte Gas wird auf Tankschiffen weltweit transportiert. Damit sind Importländer flexibler als beim Gastransport über Pipelines. „Die weltweite Nachfrage nach LNG steigt, es gibt auch immer mehr Verflüssigungsterminals. Darum würden wir mit deutschen Anlagen auch den Zugang zum Weltmarkt behalten“, macht Kehler deutlich.

Bislang gibt es in Europa etwa 26 LNG-Terminals, die meisten auf der iberischen Halbinsel. Gas aus Spanien oder Portugal kommt allerdings nicht über die Pyrenäen, weil entsprechende Pipelines fehlen. Bislang bezog Deutschland das Flüssigerdgas über Terminals im belgischen Zeebrügge, aus dem französischen Dünkirchen und dem niederländischen Gate.

Diskussionen um Fracking

Aber das Gas ist nicht unumstritten. Denn zumindest aus den USA kommt LNG, das teilweise über das „Fracking“ gewonnen wird. „Die Zustimmung zu LNG-Terminals ist für uns im Moment nicht leicht, aber notwendig, um uns unabhängiger von russischem Gas zu machen“, sagt Dieter Janecek, Wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Für ihn ist aber klar: LNG-Importe können nicht allein das gesamte russische Erdgas ersetzen.

Standorte in Stade, Wilhelmshaven, Brunsbüttel

Für Dr. Johann Killinger, Geschäftsführender Gesellschafter des Hanseatic Energy Hubs, kommt es jetzt auf jedes Projekt an, das zeitnah realisiert werden kann. „Wir haben in Stade einen idealen Standort in einem Industriepark etwa 30 km vor Hamburg. Wir arbeiten seit vier Jahren an dem Thema und werden vor Ostern die Genehmigungsunterlagen einreichen“, sagt Killinger. Die Projekte in Wilhelmshaven und Brunsbüttel sollen nun ebenfalls zeitnah weiterentwickelt werden.

„Wir brauchen aber wahrscheinlich ohnehin mindestens drei, wenn nicht sogar sechs Terminals in Deutschland“, ergänzt Kehler. Ein Terminal kann etwa 10 bis 12 % der deutschen Gasversorgung decken.

Und LNG ist auch keine kurzfristige Lösung. Bis die Terminals die Genehmigungsverfahren durchlaufen und gebaut sind, dauert es mindestens 3,5 bis 4 Jahre. Killinger rechnet mit einer Inbetriebnahme frühestens 2026. „Die Investoren brauchen zudem verlässliche Randbedingungen, damit sie die Terminals auch wirtschaftlich betreiben können“, mahnt Kehler. Denn pro Anlage fallen rund 1 Mrd. € an. Zudem sollen die Anlagen so ausgelegt werden, dass damit künftig auch Wasserstoff importiert werden kann. „Denn LNG soll nur solange eine Brücker darstellen, bis wir erneuerbare Gase in ausreichender Menge importieren können“, sagt Janecek.

Bio-LNG als Alternative

Dazu gehört für Killinger auch Bio-LNG auf Basis von Biogas oder synthetisches LNG. Beides könnte Deutschland zwar auch selbst herstellen, aber nicht in ausreichender Menge. Daher sei ein Import auf jeden Fall notwendig und schon jetzt möglich – genauso, wie später bei grünem Wasserstoff, der wahrscheinlich in Form von Ammoniak oder Methanol transportiert wird. „Die Nachfrage nach Biogas ist aufgrund der Preissteigerung beim Erdgas extrem gestiegen. Wir könnten in Deutschland durchaus 150 bis 200 TWh Biogas oder synthetisches Gas in den Markt bringen“, rechnet Kehler vor – ein Viertel bis ein Drittel der Gasmenge, die derzeit aus Russland kommt. Zusätzlich rechnet er damit, dass sich über Effizienzsteigerungen Gas einsparen und damit der Gasverbrauch senken lässt.

Um der Kritik der Umwelt- und Klimaschädlichkeit zu begegnen, habe die EU eine Messung der Emissionen angeregt, die bei der Erzeugung der Gase und dem Transport entstehen. Da Europa der wichtigste Abnehmer für Erdgas und LNG ist, habe das bereits Auswirkung auf die Herkunftsländer, sagt Kehler. „Je nach den Vorkettenemissionen werden Herkunftsländer künftig ausgewählt, womit das Thema auch Auswirkungen auf den Markt hat“, ergänzt Killinger.

Zudem wünscht er sich bessere Rahmenbedingungen wie z.B. Herkunftsnachweise für importiertes Bio-LNG. Bislang fehlen diese, sodass das Gas beim Import seine grüne Eigenschaft verliert.

Mehr zu dem Thema

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.