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Fünf Antworten auf Energiewende-Kritik

Der ehemalige Chef des Münchner ifo-Instituts Hans-Werner Sinn hat im Bayerischen Rundfunk das Klimapaket kritisiert. Dazu gibt es eine Gegenäußerung von Raimund Kamm, LEE Bayern.

Lesezeit: 4 Minuten

Der Ökonom und frühere Chef des Münchner ifo-Instituts Hans-Werner Sinn ist als Kritiker des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und der Energiepolitik der Bundesregierung bekannt. Er vertrat diese Tage an der LMU München wie auch im Bayerischen Rundfunk erneut Ansichten zur Energiepolitik. „Diese entsprechen in mehreren Punkten nicht den Tatsachen und sind gefährlich, weil sie eine Lösung des Atommüllproblems vorgaukeln und die Potenziale des Emissionshandels wie auch der Energiewende kleinreden“, kritisiert Raimund Kamm, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) in Bayern.

Replik des LEE Bayern

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Er hält fünf Aussagen von Sinn in dem Radiobeitrag vom 18.12. für falsch und begründet das so:

  1. Falschaussage: „Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) hat keine Wirkung entfalten können, da wir ja den europäischen Emissionshandel mit Deckelung („caps“) der Zertifikate haben.“ Sinns These: Wenn Deutschland CO₂ beispielsweise durch Photovoltaik und Windkraft spart, würden die entsprechenden CO₂-Zertifikate ins europäische Ausland gehen und dort zu CO₂-Emissionen führen. „Dies hat Herr Sinn bereits häufig gesagt und es wurde von Energiewissenschaftlern widerlegt. Denn der Zertifikatehandel hat in der Vergangenheit nicht funktioniert und somit nicht das Klima geschützt“, sagt Kamm. Der Geburtsfehler bei Einführung des Emissionshandels im Jahr 2005 sei gewesen, dass viel zu viele CO₂-Zertifikate ausgegeben wurden. So hat das Emission Trade System (ETS) nicht zu den gewünschten Knappheitspreisen geführt und praktisch nicht zum Klimaschutz beigetragen. Im Jahr 2ß18 hat die EU eine Marktstabilitätsreserve eingeführt, nach der infolge anderer Klimaschutzmassnahmen Zertifikate stillgelegt wurden. Zu den Maßnahmen gehören Kohleausstieg, Ausbau von EE-Anlagen. „Die Klimaschutzwirkung zusätzlicher Erneuerbare-Energie-Anlagen verpufft also nicht innerhalb des EU-Emissionshandels“, fasst Kamm zusammen.
  2. Falschaussage. „Nur Deutschland steigt durch den übereilten Ausstiegsbeschluss nach Fukushima bei der Kernkraft aus und weltweit werden wieder viele neue AKW gebaut.“ Wie Kamm deutlich macht, sei habe die Bundesregierung nicht erst im Jahr 2011 den Atomausstieg beschlossen, sondern bereits am 14.6.2000. Auf Drängen der AKW-Lobby sei im Herbst 2010 dieser Ausstieg rückgängig gemacht worden, jedoch wenige Monate später nach der Fukushima-Katastrophe überwiegend wieder in Kraft gesetzt. „Viele andere Staaten handeln ähnlich: Belgien, Dänemark, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz, Spanien, Südkorea oder Taiwan“, zählt Kamm auf. Und auch in den Atomländern Frankreich und USA schrumpfe die Atomstromproduktion. Sogar im von Sinn angeführten Schweden sei seit 2001 die Atomstromproduktion gesunken.
  3. Falschaussage. „Das Endlagerproblem bei der Atomkraft kann durch Lagerung des Atommülls an den AKW-Standorten mit der Option ‚Schnelle Brüter‘ bei steigenden Uranpreisen gelöst werden“. Laut Kamm würde das aber den Bau mehrerer Plutoniumfabriken – in Deutschland irreführend „Wiederaufbereitungsanlage“, genannt – erfordern und würde dennoch ein Endlager für viele Spaltprodukte nicht ersetzen.
  4. Falschaussage. „Wegen der Energiewende hat Deutschland weltweit die höchsten Strompreise.“ Kamm erwidert, dass Deutschlands Privathaushalte und nicht-privilegierten Betriebe zwar im internationalen Vergleich hohe Strompreise hätten – ähnlich hoch wie in Japan. „Doch vielverbrauchende privilegierte Betriebe, die kaum Ökosteuer, kaum EEG-Umlage, wenig Netzentgelt bezahlen, zahlen im internationalen Vergleich nicht viel. Deutschland hatte auch schon in den 1980er und 1990er Jahren – also vor der eigentlichen Energiewende - relativ hohe Strompreise.“ Wegen der vielen Investitionen in die Kraftwerke und die Netze hätte Deutschland seit Jahrzehnten eine wesentlich bessere Stromversorgung mit weltweit mit den niedrigsten Stromausfällen. Die Strompreise seien einerseits zu niedrig, weil externe Kosten wie Atomrisiken oder Folgekosten wie die Atommüllbeseitigung und die Klimaschäden auf unsere Nachkommen verlagert werden. Anderseits seien die Strompreise zu hoch, denn wir würden unseren Strom verglichen mit anderen Energien mit zu vielen staatlichen Abgaben belasten.
  5. Falschaussage: „Selbst, wenn keiner den Strom braucht, dürfen die Windkraftbetreiber einspeisen.“ Laut Kamm ist das physikalisch falsch. Es könne nur Strom eingespeist werden, der zeitgleich auch verbraucht wird. „Unser Problem in Deutschland ist, dass der Strom vielfach nicht zu den Verbrauchern transportiert werden kann, weil Übertragungsleitungen und eine räumliche Ausbausteuerung fehlen. Räumlich flexible Strompreise mit beispielsweise zwei oder mehr Strompreiszonen würden dem abhelfen.“ Es sei ein Ärgernis, dass in Norddeutschland entschädigungspflichtig Windräder abgeregelt werden und in Süddeutschland gleichzeitig noch viele Atom- und Kohlekraftwerke laufen. Allerdings habe in Deutschland die Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie noch nie erheblich über dem Stromverbrauch gelegen. „In der Zukunft werden bei Erzeugungsüberschuss vermehrt Speicher und steuerbare Lasten arbeiten. Es ist übrigens auch falsch, dass wir Strom billig ins Ausland verkaufen. Insgesamt sind unsere Preise für den exportierten Strom sogar etwas höher als die für den importierten Strom.“
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