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topplus Zukunft von Biogas

Führungswechsel bei PlanET Biogas: Mit neuen Ideen in die Zukunft

Firmengründer Jörg Meyer zu Strohe vom Biogasunternehmen PlanET erklärt, warum er sich aus der aktiven Geschäftsführung zurückzieht und welche Herausforderungen er für die Biogasbranche sieht.

Lesezeit: 7 Minuten

Die PlanET Biogas Group aus dem westfälischen Gescher bietet seit 1998 u.a. Lösungen für Landwirte an – von der kleinen Biogas-Güllevergärungsanlage über konventionelle Konzepte bis zur großen Biomethananlage. Die Firma sieht sich als Komplettanbieter mit Leistungen von der Planung über den Anlagenbau und den technischen bis zum biologischen Service. Jetzt steht ein Führungswechsel an. Firmengründer Jörg Meyer zu Strohe wechselt von der aktiven Unternehmensleitung in den Bereich Forschung und Entwicklung. Neuer CEO wird der ca. zehn Jahre jüngere Dipl-Kaufm. Roland Becker, bisheriger CFO und Bruder des Firmengründers Hendrik Becker. Er ist bereits seit 1998 im Unternehmen tätig. Meyer zu Strohe erläutert im top agrar-Interview, warum er künftig aus der zweiten Reihe agiert und warum die Konzeptentwicklung immer wichtiger wird.

Nach 27 Jahren an der Unternehmensspitze wechseln Sie jetzt in die zweite Reihe. Warum dieser Schritt?

Meyer zu Strohe: Der Biogasmarkt steht wie die gesamte Energiewirtschaft in Deutschland vor neuen Herausforderungen. Lange Jahre waren bei uns der Bau und die Betreuung von Biogasanlagen im Fokus. Doch immer mehr spielen neue technische Lösungen, die Digitalisierung mit KI-basierten Anwendungen und die Internationalität eine wichtigere Rolle. In den schnelllebigen Märkten sind immer kurzfristiger gute Lösungen nötig. Wir wollen dagegen nicht stehen bleiben und an alten Konzepten festhalten, während uns das Ausland überholt. Als Negativbeispiel gelten hier für uns die Automobilkonzerne. Darum will ich mich künftig mehr als Sparringspartner auf die Entwicklung von neuen Konzepten konzentrieren und dort meine Erfahrung der letzten fast 30 Jahre einbringen. Das operative Geschäft wird dagegen mein langjähriger Kollege Roland Becker übernehmen, der aus dem kaufmännischen Bereich kommt.

Die Biogasbranche verharrt seit gut zehn Jahren auf einem gewissen Plateau, es werden kaum neue Anlagen gebaut, es gibt sogar erste Stilllegungen. Wo sehen Sie noch Potenzial in Deutschland?

Meyer zu Strohe: Genau wie bei der gesamten Biogasbranche liegen auch bei PlanET die Wurzeln in der Landwirtschaft. Der Agrarsektor bleibt für uns wichtig. Hier wollen wir die Anlagenoptimierung weiter voranbringen, um noch mehr Energie aus den Anlagen herauszuholen. Dazu gehören neue Konzepte für flexible Speicherkraftwerke, um Sonne und Wind besser ergänzen und Dunkelflauten überbrücken zu können. Darum investieren wir weiter in die Forschung. Aber wir werden uns weiterentwickeln auch in Richtung Industrie, um hier Lösungen anbieten zu können, z.B. bei der Reststoffverwertung und der Bereitstellung von Strom und Wärme für die Eigenversorgung. Wir haben besonders die lebensmittelverarbeitende Industrie im Blick, die ihren CO₂-Fußabdruck verbessern will. Biogas kann hier im Sinne der Kreislaufwirtschaft eine wunderbare Rolle spielen.

Welche Chancen sehen Sie bei der Wärmeversorgung?

Meyer zu Strohe: Die Wärmeversorgung im Privathausbereich wird künftig eine Rolle spielen. Hier könnte Biomethan Erdgas 1:1 ersetzen, ohne dass der Hausbesitzer seine Gasheizung herausreißen und die ganze Infrastruktur geändert werden müsste. Biogas liefert da eine viel günstigere Lösung als beispielsweise der vieldiskutierte Wasserstoff. Der ausschließliche Umstieg auf Elektrolyse zur Wasserstoffproduktion und auf Wärmepumpen ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Gerade im Winter werden wir die dafür nötigen Strommengen nicht haben. Wir halten es für ökologisch wie ökonomisch sinnvoller, die vorhandene Gasnetzinfrastruktur zu nutzen und sehen daher in der Gasversorgung mit Biomethan eine gute Alternative.

Welche Rolle kann die Künstliche Intelligenz (KI) bei Biogasanlagen spielen?

Meyer zu Strohe: Das ist vor allem die intelligente Anlagensteuerung. Sie könnte künftig verbunden sein mit den Strommärkten und den Wetterdaten. Daraus lässt sich dann ableiten, wann sich eine Stromeinspeisung mit dem BHKW lohnt. Entsprechend würde die Steuerung die tägliche Art und Menge der Substratzufuhr anpassen, um die Gasproduktion rechtzeitig und automatisch hoch oder herunter zu fahren. Dazu muss auch die Biologie im Fermenter anhand von bestimmten Sensorwerten überwacht werden, damit die Anlage nicht bei zu viel Substratzufuhr übersäuert. Auch das kann automatisch und kontinuierlich erfolgen und in die Steuerung einfließen.

Wo sehen Sie noch Hürden für die Biogasbranche?

Meyer zu Strohe: Dazu zählen vor allem die Rahmenbedingungen. Die Bundesregierung könnte jetzt zwar mit dem Biomassepaket einen gewissen Schub zur Flexibilisierung auslösen. Aber immer noch sind Genehmigungsverfahren zu kompliziert und müssen einfacher werden. Dazu kommt, dass Bioenergie in der Kraftwerksstrategie bislang kaum eine Rolle spielt.

Fluch und Segen für die Branche ist das EEG. Es verspricht zwar eine garantierte Einspeisevergütung, greift aber auch erheblich in das Management ein und verhindert viele gute Konzepte, Stichwort Ausschreibung, Maisdeckel oder die Produktionsbeschränkung für Güllekleinanlagen. Ist es denkbar, dass die Anlagen mittelfristig auf die Vergütung verzichten können und damit mehr Freiheit gewinnen?

Meyer zu Strohe: Es wäre natürlich wünschenswert, wenn man von der Förderung wegkommen könnte. Gerade bei hochflexiblen Speicherkraftwerken bietet der Strommarkt inzwischen attraktive Erlöse. Aber die EEG-Förderung sorgt für eine gewisse Sicherheit bei der Finanzierung durch die Banken. Denkbar wären auch feste Zuschüsse, wie sie beim Kapazitätsmarkt angedacht sind. Die würden dann übrigens auch fossile Kraftwerke bekommen, weshalb wir ein wenig aus der Ecke der Dauersubventionierung herauskommen würden, die uns immer vorgeworfen wird. Aber das betrifft immer nur den Strommarkt. Wir brauchen auch im Biomethanmarkt vernünftige Rahmenbedingungen.

Welche wären da denkbar?

Meyer zu Strohe: Wenn der CO₂-Preis und damit die Erdgaspreise weiter steigen, wird der Markt besser werden. Genauso hätte es Auswirkungen, wenn die THG-Quotenpreise im Kraftstoffmarkt wieder steigen. Hierfür ist es nötig, dass die Bundesregierung den Betrugsskandal endlich aufarbeiten würde. Aber für die Übergangszeit wäre z.B. ein Gaseinspeisegesetz hilfreich. Damit haben wir gute Erfahrungen in Frankreich gemacht. Das hat dort einen direkten Investitionsschub ausgelöst.

Die Technologien Biogas, Solar- und Windenergie wachsen heute schon stärker zusammen, auch bei der Produktion von Wärme und Kraftstoff. Welche Konzepte sind da von PlanET zu erwarten?

Meyer zu Strohe: Wir arbeiten an einem intelligenten Energie-Management-System. Die meisten Anlagenbetreiber betreiben ja auch Windkraft- oder Photovoltaikanlagen. Hier spielt die Optimierung des Eigenbedarfs eine wichtige Rolle, damit man automatisch die Energien nutzt, die am günstigsten sind. Neben der Stromversorgung ist es immer wichtiger, wie man die Wärme zur Verfügung stellt, gerade bei den Biomethananlagen. Wir sind auch dabei, an Wärme-Konzepten zu arbeiten. Die Wärmeversorgung ist für die Kommunen wichtig, die derzeit überall an Konzepten für die Kommunale Wärmeplanung arbeiten. Auch hier wollen wir künftig passende Konzepte entwickeln, um ihnen eine gute Energielösung anbieten zu können. Da beziehen wir ebenso Technologien wie Großwärmepumpen mit ein.

Unterm Strich können wir sagen, dass die Biogastechnik vor großen Herausforderungen steht, aber weiterhin für viele Probleme gute Lösungen liefern kann. Wir müssen jetzt bei der neuen Bundesregierung dafür sorgen, dass die Politik die Vorteile wieder stärker honoriert und die Technik in ihren Konzepten einbezieht.

Konzepte für die Zukunft

Der Planer, Anlagenhersteller und Serviceanbieter PlanET Biogas Group mit Hauptsitz in Gescher (Westfalen) hat weltweit 870 Biogasanlagen gebaut. Heute arbeiten mehr als 400 Mitarbeiter in der Unternehmensgruppe, der Umsatz liegt bei ca. 150 Mio. €. „Wir wollen in Deutschland und Europa den Vertrieb, aber auch den Service weiter ausbauen“, sagt der neue CEO Roland Becker. Ein erster Schritt war die Gründung der Tochtergesellschaft „PlanET Biogas Solutions“ für das Servicegeschäft. Weitere Akzente sollen eine neue Vertriebsstruktur sowie neue Servicestützpunkte in Deutschland setzen.  „Wir werden uns im deutschen Markt zukünftig offensiver engagieren“, betont Becker.

 

 

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