Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages hat in seiner letzten Sitzung dieses Jahres am vergangenen Dienstag die Bedeutung von Wasserstoff für die Energiewende betont, mehrere Oppositionsanträge zu dem Thema jedoch abgelehnt. So fand ein AfD-Antrag, der auf eine Verbindung von Wasserstoff und Kernkraft abzielt, keine Mehrheit. Auch bei Anträgen der FDP-Fraktion, die auf eine breitere Klassifizierung von Wasserstoff in der gleichnamigen nationalen Strategie sowie eine europäische Wasserstoffunion abheben, stimmte der Ausschuss mit Nein. Das gleiche galt für einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Forderung einer grünen Wasserstoffstrategie.
Regierung lobt Tempo der Markteinführung
Vertreter der Regierungsfraktionen würdigten das Tempo, in dem das Thema in den vergangenen Monaten an Dynamik gewonnen habe. Ein Abgeordneter der CDU/CSU-Fraktion verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung integrierter Projekte, die im Zuge der nationalen Wasserstoffstrategie auf den Weg gebracht werden sollten. Dies sei wichtig, damit nicht ein Teil hochgefahren und weitere später nachgezogen werden müssten. Die SPD erklärte, die Strategie sei zugleich nur ein Teil mehrerer Maßnahmen - wichtig sei beispielsweise auch das Absenken der EEG-Umlage mit dem Ziel Null.
Die Opposition teilte weder Eigenlob noch Euphorie. Von der AfD hieß es, man sehe Potenzial in Wasserstoff, aber die Produktion sei bisher unwirtschaftlich. Daher sei es wichtig, in die Forschung von Verbindungen von Kernenergie und Wasserstoff zu investieren. Die FDP-Fraktion legte das Augenmerk auf die Versorgungssicherheit. Um diese zu gewährleisten, müsse der Mengenhochlauf organisiert werden. Außerdem sei es entscheidend, eine europäische Perspektive zu entwickeln. Die Linksfraktion möchte mehr grünen Wasserstoff entwickelt sehen, sieht dessen Akzeptanz wegen der hohen Kosten allerdings gefährdet. Insofern sei es wichtig, effizient zu handeln und den Wasserstoff dort zu einzusetzen, wo er am dringendsten gebraucht werde - etwa in der Industrie. Die Grünen erklärten, es sei nichts auf dem Weg, weil die erneuerbaren Energien fehlten. Außerdem verlangte eine Abgeordnete nach einer konkreten Definition der verschiedenen Wasserstoffarten und -herkünfte.
Neue Entwicklungen bei Wasserstoffmotoren
Unterdessen berichtet das Unternehmen Keyou von einer stark steigenden Nachfrage nach Wasserstoffverbrennungsmotoren. Das Münchner Unternehmen entwickelt für Motor- und Fahrzeughersteller innovative Wasserstofftechnologien, spezifische H2-Komponenten und Brennverfahren. Keyou baut jetzt im Rahmen einer strategischen Partnerschaft mit KST Motorenversuch GmbH & Co. KG ein H2-Entwicklungs- und Prüfcenter in Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) auf. Für Keyou gilt Rheinland-Pfalz als eines der Vorzeigebundesländer in puncto Wasserstoff. Erst kürzlich teilte der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Dr. Volker Wissing auf einer Pressekonferenz mit, dass vor allem die Entwicklung von Wasserstoffmotoren für den im Land starken Nutzfahrzeugsektor vorangetrieben werden soll.
Neue Strategie in Baden-Württemberg
Aber auch andere Bundesländer beanspruchen den Titel „führendes Wasserstoffland“ für sich. Nach Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Sachsen jetzt auch Baden-Württemberg. Die Landesregierung in Stuttgart hat in dieser Woche einen Fahrplan beschlossen, anhand dessen Baden-Württemberg zu einem führenden Standort für Wasserstofftechnologien werden soll.
In Baden-Württemberg steht auch die größte Power-to-Gas-Anlage in Süddeutschland. Sie erzeugt in Grenzach-Wyhlen seit rund einem Jahr erfolgreich grünen Wasserstoff aus Wasserkraftstrom. Nun wird die Elektrolyseanlage im zu einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten „Reallabor der Energiewende“ ausgebaut. Damit verbunden ist eine Erweiterung der elektrischen Leistung von einem auf sechs Megawatt. Partner des Projekts mit dem Namen „H2-Wyhlen“ sind die Energiedienst AG gemeinsam mit der EnBW, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), das Industriegase-Unternehmen Messer Group sowie die gemeinnützige Gesellschaft für Kommunikations- und Kooperationsforschung DIALOGIK.
Wasserstoff auch für Busse und Schwerlastverkehr
Das zukunftsweisende Vorhaben soll den erzeugten Wasserstoff sektorübergreifend in die Energieinfrastruktur vor Ort integrieren. Für das ZSW steht auf der technischen Ebene die Entwicklung serientauglicher, in große Leistungsklassen skalierbarer Elektrolyse-Technologien im Fokus. Daneben werden Geschäftsmodelle für grünen Wasserstoff analysiert. Als zusätzliche Anwendungsfelder für grünen Wasserstoff bieten sich im unmittelbaren Umfeld dafür folgende Optionen an: Unternehmen im nahe gelegenen Industrieareal, die Wasserstoff als Rohstoff nutzen; außerdem Mobilitätsanwendungen, die bei der Umstellung auf Brennstoffzellenantriebe den Wasserstoff unmittelbar vor Ort tanken und nutzen können, etwa Busse und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs sowie der Schwerlastverkehr.
Die Forschungsförderung beträgt insgesamt rund 13,5 Millionen €. Das Reallabor startet am 1. Januar 2021, die Projektlaufzeit beträgt fünf Jahre. Danach soll sich der Anlagenbetrieb wirtschaftlich selbst tragen.