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topplus Rund 2.500 Stellungnahmen

Höchstspannungsfreileitung im Münsterland: Enormer Widerstand

Die Raumverträglichkeitsprüfung zur neuen geplanten 85 km langen Freileitung durchs Münsterland läuft. Der Widerstand ist riesig.

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Die Diskussion um die neue Freileitung zwischen Westerkappeln im Kreis Steinfurt und Gersteinwerk im Kreis Unna hält die Bezirksregierung Münster auf Trab. Die Raumverträglichkeitsprüfung für den Neubau der 380-Kilovolt-Höchstspannungsfreileitung läuft auf Hochtouren. Rund 2500 Stellungnahmen gingen bei der Behörde ein. „Das sind mehr als üblich in vergleichbaren Verfahren“, berichtet ein Sprecher. Auch der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) und die Bürgerinitiative „Aktionsbündnis 89“ machen ihre Positionen zu dem Vorhaben deutlich (siehe Kästen unten).

Leitung soll 2033 in Betrieb

Das Netzausbauprojekt ist seit dem Jahr 2022 als „Vorhaben 89“ im Bundesbedarfs­plan gelistet. Ziel ist, das Übertragungs­netz für die zukünftig steigenden Strom­flüsse zu verstärken. Dafür soll eine 85 km lange Höchstspannungsfreileitung von Westerkappeln nach Gersteinwerk gebaut werden. Sie soll 2033 in Betrieb. Die Planfeststellung wird Amprion schon nächstes Jahr beantragen. Der Übertragungsnetzbetreiber hat den gesetzlichen Auftrag, diese gigantische Stromleitung zu bauen. „Wir sind uns bewusst, dass das Netzausbauprojekt auf großes Interesse in der Region stößt“, berichtet ein Unternehmenssprecher mit Blick auf gelaufene Infoveranstaltungen in der Region.

Erdkabel und Trassenverlauf

Viele Betroffene in den Kreisen Steinfurt, Warendorf und Coesfeld stört, dass die Leitung oberirdisch verläuft, was der Bundesbedarfsplan so vorsieht. Die Forderung nach einer Verlegung als Erdkabel ist auch in den Stellungnahmen zu finden. Aber daran kann die Bezirksregierung nichts ändern. „Als Verwaltungsbehörde können wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Verfahren nicht anders als in dem gesetzlichen Auftrag gestalten, daher können wir eine Umsetzung als Erdkabel weder prüfen noch entscheiden“, sagt der Sprecher der Behörde.

Eine andere Sache, die sich Flächeneigentümer fragen, ist, wo sich die 1000 m breite Trasse, in der die 50 bis 70 m hohen Masten stehen, schlussendlich befindet. Das wiederum klärt sich bald mit Ablauf der Raumverträglichkeitsprüfung. Den Antrag hierfür reichte Amprion Ende September 2024 bei der Bezirksregierung Münster ein. Ende März werden die Ergebnisse erwartet. Bis dahin müssen die Mitarbeiter die vielen Stellungnahmen auswerten.

Starke Zweifel

„Wird die Leitung tatsächlich bei der geplanten Fertigstellung 2033 überhaupt noch gebraucht?“, fragen sich zahlreiche Mitglieder der landwirtschaftlichen Kreisverbände (KV) Steinfurt und Warendorf, die von der Stromtrasse betroffen sind. Der Austausch, der mit den örtlichen Stromversorgern geführt wurde, lässt Zweifel an der Notwendigkeit des Stromleitungsbaus V 89 aufkommen. Immer mehr Betriebe und Privathaushalte erzeugen selbst Strom für den Eigenbedarf. „Dadurch wird das Stromvolumen, das gehandelt wird, mutmaßlich nicht größer, sondern nimmt perspektivisch eher ab“, geben die Kreisverbandsvorsitzenden Albert Rohlmann (KV Steinfurt) und Andreas Westermann (KV Warendorf) zu bedenken. „Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf den künftig erwarteten weiteren Ausbau der Eigenstromerzeugung muss dringend hinterfragt und geprüft werden, ob die Planung einer 380-KV-Freileitung überhaupt noch erforderlich ist. Dazu erwarten wir von der Bezirksregierung in Münster eine klare Erläuterung“, so Rohlmann und Westermann. Der Vorhabenträger Amprion hat jetzt im Rahmen der Raumverträglichkeitsprüfung einen 1000 m breiten Vorschlagskorridor als Grundlage für eine spätere Trassenführung beschrieben. „Der jetzige Schritt ist entscheidend für alle Betroffenen“, erläutern Rohlmann und Westermann. „Wenn die Pläne zum Bau der Freileitung weiterverfolgt werden, sehen wir unsere Aufgabe als Kreisverbände darin, dass – sollte die Stromtrasse tatsächlich gebaut werden – die Betroffenen angemessen entschädigt werden und die Arbeiten landwirtschaftsverträglich gestaltet werden.“ Dabei geht es um Abstandsregelungen zu landwirtschaftlichen Hof­stellen, insbesondere zu den Wohnhäusern, und um die Frage von Maststandorten sowie um Höhe und Aufbau der Masten. Die Landwirtschaft fordert zudem eine ressourcen- und bodensparende Arbeitsweise sowie Kompensationsmaßnahmen mit möglichst geringem zusätzlichen Flächenverbrauch.

WLV-Kreisverbände Steinfurt und Warendorf

„Kurskorrektur in der Energiewende dringend geboten“

Die Wirtschaft leidet unter hohen Energiekosten, Umweltorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland kritisieren den überdimensionierten Netzausbau, und Wissenschaftler zeigen günstigere Alternativen auf. Die Netzentgelte machen bereits ein Drittel der Stromkosten aus und steigen weiter. Die Energiewende ist zu teuer, zu zentralistisch und verliert an Akzeptanz. Wenige profitieren, die Mehrheit zahlt. Das geplante Leitungsbauvorhaben Westerkappeln–Gersteinwerk steht exemplarisch für diese Fehlplanung. Der von den Netzbetreibern diagnostizierte Engpass im Stromtransportnetz ist durch die Entscheidung, massenhaft Off-Shore-Windstrom bereits in Ibbenbüren aus der Erde zu holen, selbst gemacht. So muss sehr viel Strom, der in der unmittelbaren Region nicht verbraucht werden kann, weitertransportiert werden. Dabei zeigt ein von uns, vom Aktionsbündnis, beauftragtes wissenschaftliches Gutachten, dass eine Einspeisung näher an den Verbrauchszentren im Ruhrgebiet eine 85 km lange Wechselstromtrasse überflüssig machen würde – eine kostengünstigere und naturfreundlichere Lösung. Stattdessen droht eine überdimensionierte Leitung, die Kulturlandschaften zerstört und Wohngebiete be­lastet. Der Widerstand ist enorm: Betroffene Kommunen und Naturschutzverbände lehnen das Vorhaben ab. Diese Fehlentwicklung setzt sich deutschlandweit fort. Der aktuelle Netzausbauplan gefährdet nicht nur die Wirtschaft, sondern auch den Klimaschutz, indem intakte Naturräume zerschnitten und Wälder gerodet werden. Experten fordern eine Neuausrichtung: die höhere Auslastung bestehender Netze, der stärkere Einbezug digitaler Steuerungssysteme und netzdienliche Batteriespeicher könnten Milliarden sparen – ohne die Klimaziele zu gefährden. Wann beweist die Politik den Mut, sich der überdimensionierten Netzplanung entgegenzustellen?

Mirjam Reischert und Thomas Hoffmeister-Höfener, Aktionsbündnis 89

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