Die ohnehin dynamische Entwicklung der Energiepreise im Zusammenhang mit der Corona-Krise hat sich infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine verstärkt. Die aktuellen Preissteigerungen für Energieprodukte sind teilweise vergleichbar mit den Preisentwicklungen während früherer Krisen. Eine Analyse des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zeigt jedoch auch Unterschiede. Dabei wurde die Entwicklung der Preise für Erdöl und Mineralölprodukte sowie Erdgas in den vergangenen 50 Jahren und auf verschiedenen Wirtschaftsstufen untersucht. Es zeigt sich: Der Anstieg der Kraftstoffpreise im Vorjahresvergleich war in den vergangenen Jahrzehnten nie so stark wie im aktuellen Berichtsmonat März 2022.
Heizöl fast 150 % teurer als 2021
Im März 2022 zahlten private Verbraucher an den deutschen Tankstellen durchschnittlich 41,9 % mehr für Superbenzin und 62,6 % für Diesel als ein Jahr zuvor. Kraftstoffe insgesamt waren 47,4 % teurer. Für leichtes Heizöl mussten private Verbraucher sogar fast zweieinhalb Mal so viel (+144,0 %) bezahlen wie im März 2021. So hohe Preisanstiege für Heizöl und Kraftstoffe gab es in Deutschland selten zuvor. Ähnliche Entwicklungen waren bislang lediglich im Zusammenhang mit den beiden Ölkrisen 1974 und 1980 sowie der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zu beobachten. Allerdings war der Anstieg der Verbraucherpreise für Kraftstoffe im Vorjahresvergleich in keiner dieser Krisen höher als im März 2022.
Finanzmarktkrise 2008
Die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise war durch deutliche Schwankungen der Energiepreise geprägt. Im Juli 2008 erreichten die Preise für importiertes Erdöl ihren bis dahin höchsten Stand: Importiertes Erdöl kostete 56,8 % mehr als ein Jahr zuvor. Ebenfalls im Sommer 2008 verzeichneten die Verbraucherpreise für Kraftstoffe und Heizöl Höchststände. Leichtes Heizöl war im Juni 2008 61,8 % teurer als im Vorjahresmonat, im Juli 2008 kosteten Kraftstoffe 15,2 % mehr als ein Jahr zuvor.
Danach brachen die Rohölpreise ein. Innerhalb eines halben Jahres (von Juli 2008 bis Januar 2009) sanken die Preise für importiertes Erdöl um 60,3 %. Private Konsumentinnen und Konsumenten zahlten im Januar 2009 für Kraftstoffe fast 25 % weniger als im Juli 2008, für leichtes Heizöl gut 40 %weniger.
Mit der wirtschaftlichen Erholung stiegen die Importpreise für Erdöl in der Folge dann wieder stark an, bis sie im März 2012 einen neuen Höchststand erreichten. Die Folgezeit war geprägt von volatilen Ölimportpreisen.
Corona-Krise: Einbruch der Importpreise für Öl und Gas
In der Corona-Krise verlief die Entwicklung der Energiepreise entgegengesetzt zur Entwicklung in der Finanzmarktkrise: Auf einen starken Rückgang der Energiepreise zu Beginn der Corona-Pandemie folgte ein deutlicher Anstieg. Nachdem die Importpreise für Erdöl im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie bis April 2020 nachfragebedingt auf ihren tiefsten Stand seit August 1999 gefallen waren, stiegen sie – auch infolge der raschen wirtschaftlichen Erholung – ab Juni 2020 wieder an. Im Februar 2022 lagen sie schließlich 70,3 % über dem Vorjahresmonat. Mit den aktuellen Preissteigerungen erreichten die Importpreise für Erdöl fast den historischen Höchststand des Jahres 2012. Die Preise für importiertes Erdgas stiegen im Februar 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 256,5 % auf einen bisher nie erreichten Stand.