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Stroh, Gras und Mist für die Biogasanlage: Neue Verfahren

Auf der 7. Bayerischen Biogasfachtagung „Stroh, Gras, Biogas“ stellten die Referenten neue Lösungen für die Biogasproduktion aus Reststoffen vor.

Lesezeit: 5 Minuten

Biogas gilt als wesentlicher Baustein der Gasstrategie in der EU. „Die Biogas- und Biomethanproduktion soll in Europa gemäß dem Plan REPowerEU verdoppelt werden. Dazu sollen die Mitgliedsstaaten Biomethanaktionspläne erstellen“, erklärte Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer beim Fachverband Biogas, bei der Tagung „Stroh, Gras, Biogas“ Ende März in Straubing. Einzige Einschränkung: Die Ausweitung der Produktion soll nicht mit Nahrungs- oder Futterpflanzen, sondern mit „nachhaltigen Substraten“ erfolgen. Hierzu zählt die EU-Kommission beispielsweise Reststoffe wie Maisstroh, Zwischenfrüchte wie Grünroggen oder Zweitkulturen, die keinen Flächenbedarf auslösen.

Ebenso positiv gesehen werden grasartige Energiepflanzen wie Klee- und Weidelgras, Rutenhirse oder Miscanthus. „Diese Stoffeinteilung ist in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) verankert, die gerade überarbeitet wird.“, sagt Rauh. Welche Bedeutung diese Einteilung bekommen kann, zeigen Entwürfe der europäischen Energiesteuerrichtlinie (ETD). Danach soll es vier verschiedene Steuersätze für Biogas bzw. Biomethan geben. Nicht nachhaltig zertifiziertes Biogas aus Nahrungsmittelpflanzen wird dabei mit den höchsten Steuersätzen belegt, Biogas aus Reststoffen dagegen mit den niedrigsten. Was seiner Meinung nach in der Diskussion zu kurz kommt: Es gibt Synergieeffekte bei der Anbaubiomasse zur Biodiversität und Artenschutz – z.B. beim Anbau von Blühpflanzen. „Verschiedene Regelungen von der EU oder der Bundesregierung wie die Vorschläge zur Nationalen Biomassestrategie machen aber deutlich: Biogasanlagenbetreiber müssen sich perspektivisch auf einen neuen Substratmix einstellen“, fasst er zusammen.

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Biomasse aus dem Moor

Ein Reststoff, der künftig verstärkt anfallen könnte, ist Biomasse, die auf wiedervernässten Moorböden anfällt. Die auch als Paludikultur bezeichnete Biomasse (von lateinisch: Palus, deutsch: Sumpf, Morast) fällt z.B. auf Dauergrünland an – der mit Abstand größten Kulturart bei Hoch- und Niedermoorböden. „Dazu zählen Rohrglanzgras und Seggen von Nasswiesen“, erklärt Colja Beyer von der Kompetenzstelle Paludikultur im 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie aus Werlte. Wie aktuelle Projektergebnisse zeigen, lassen sich auf Nasswiesen 10 bis 20 Rundballen mit je 300 kg Gewicht ernten. Am Beispiel des Naturschutzgebiets „Westliche Dümmeniederung“ zeigte Beyer, dass das Gras nach der Brut- und Setzzeit Ende Juli sowie im Herbst gemäht wurde. „Bislang wurde es mangels Nachfrage zum Selbstkostenpreis abgegeben, aber es gibt ein steigendes Interesse durch Biogasanlagenbetreiber“, berichtet er. Das Problem: Da bei der Wiedervernässung ein Wasserstand bis zu 20 cm unter Flur angestrebt wird, sind Spezialfahrzeuge für die Ernte nötig. Außerdem liegt der Biomasseertrag je Hektar und Jahr nur bei 20 % eines Hektars Mais.

Gute Aufbereitung nötig

Reststoffe sind sehr energiereich. „Eine Tonne Stroh kann 2,5 t Mais ersetzen“, weiß Biogasanlagenbetreiber Thomas Balling, der an mehreren Biogasanlagen in Bayern und Thüringen beteiligt ist. Aber die Energie ist schwer zu mobilisieren. „Wir haben zahlreiche Vorbehandlungssysteme ausprobiert wie Querstromzerspaner. Hammermühle, Schredder, Natronlauge, Pelletierung oder Enzyme“, berichtet er. Je intensiver die Vorbehandlung ist, desto größer ist der Energieoutput. Gleichzeitig sinkt die Wirtschaftlichkeit. So kostet die Pelletierung 100 bis 120 €/t. „Selbst bei einem Maispreis von 40 €/t ist Mais trotz der geringeren Gasausbeute trotzdem wirtschaftlicher“, rechnet er vor.

Abhilfe soll das Verfahren „Turbomaische“ bringen. Dabei handelt es sich um eine Vorfermentation, bei der ein enzymatischer Aufschluss, eine alkoholische Gärung und die Essigsäuregärung nacheinander ablaufen. Bei dem Durchflussverfahren bleibt das zu behandelnde Material 1 bis 2 Tage in dem Hochbehälter der Turbomaische.

„Wir konnten in einer Biogasanlage zwei Fermenter parallel beschicken, den einen davon mit Material, das in der Turbomaische vorbehandelt wurde“, erklärt Balling.

Drei Monate lang produzierte der Fermenter mit dem behandelten Substrat 40 bis 60 % mehr Biogas. „Die Zahlen sind exorbitant, beziehen sich aber nur auf die 20 % des gefütterten Materials, das tatsächlich mit der Maische behandelt wurde. Trotzdem sind wir überzeugt, dass die Maische bei der Vergärung von cellulosehaltigem Material eine erhebliche Weiterentwicklung ist“, sagt Balling. „Das Verfahren lässt sich in unterschiedlich geartete Biogasanlagen auch nachträglich integrieren“, ergänzt Dr. Angelika Konold-Schürlein von der Phytobiotics Futterzusatzstoffe GmbH, die an dem Forschungsprojekt beteiligt war.

Kombination Energie und Faserproduktion

Reststoffe wie Getreide-, Mais- oder Hanfstroh, Dauerkulturen wie Miscanthus oder Paludikulturen wie Schilf oder Rohrglanzgras sind ideale Rohstoffe für die Faserproduktion. Aufschließen lässt sich das Material via Dampf-Druck-Behandlung mit Schock-Entspannung. Dazu bietet das Unternehmen Fibers365 den „Economizer“ an. „Die Reststoffe aus der Faserproduktion lassen sich wunderbar in einer Biogasanlage verarbeiten, die Wärme und Strom für die Faserproduktion liefert“, erläutert Hermann Dauser von Fibers365 den Bioraffinerieansatz. Rund 55 % des eingesetzten Strohs lassen sich als Fasern vermarkten, 4 % ist Lignin und 41 % Dünnschlamm für die Biogasproduktion. Damit fungiert die Faserproduktion als Vorbehandlungsschritt für die Biogasanlage. „Gleichzeitig steigt die Wertschöpfung. Denn der Handelspreis für die Fasern beträgt aktuell 1000 €/t“, sagt Dauser. Aus den Fasern lässt sich u.a. in Kombination mit Holzellstoff Weizenstrohpapier (80 g/m2) oder Bäckertütenpapier (40 g/m2) herstellen.

Mythen und Wirklichkeit

Die nötige Menge an Reststoffen, um eine Tonne Mais zu ersetzen, ist sehr unterschiedlich, wie Jasmin Kaun und ihre Kollegen vom Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk (C.A.R.M.E.N. e.V.) sowie die Projektpartner vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) und der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) im Projekt „Landwirtschaftliche Rest- und Abfallstoffverwertung“ (LaRA) herausgefunden haben:

  • Rindermist: 2,74 t,
  • Pferdemist: 1,86 t,
  • Hähnchenmist: 1,17 t,
  • Landschaftspflegematerial: 1,55 t,
  • Maisstroh: 1,34 t,
  • Getreidestroh: 0,61 t.

Beim Einsatz von Koppelprodukten bzw. Reststoffen gibt es zahlreiche Mythen:

  • Die Strohabfuhr verschlechtert die Humusbilanz,
  • die Strohabfuhr verringert die Bodenpopulation,
  • Mist verliert durch Vergärung seine Düngewirkung,
  • die Vergärung erhöht die Erregerpopulation.

„Das hört man in der Praxis immer wieder, aber das stimmt alles nicht, im Gegenteil: Die Vergärung verbessert die Situation sogar“ klärt Kaun auf.

Diese und weitere Informationen sind im neuen Leitfaden zum LaRA-Projekt aufgeführt, der sich kostenlos unter www.carmen-ev.de herunterladen lässt.

Die Tagung „Stroh, Gras, Biogas“ wurde von ProFair Consult und Project in Kooperation mit dem Fachverband Biogas und dem C.A.R.M.E.N. e.V. durchgeführt. Weitere Infos: www-messen-profair.de

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