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topplus Überangebot an Solar- und Windstrom

Next Kraftwerke: „Negative Strompreise sind völlig normal“

Die besondere Netzsituation im April ist kein Grund zur Sorge, sondern Ausdruck einer funktionierenden Marktwirtschaft im Stromsektor, sagt Johannes Päffgen von Next Kraftwerke.

Lesezeit: 4 Minuten

Seit Beginn der Coronakrise sind negative Strompreise für Stromhändler fast alltäglich geworden. „Das hängt mit Angebot und Nachfrage zusammen und ist nicht unbedingt negativ für das Energiesystem“, sagt Johannes Päffgen. Der Leiter des Energiehandels bei Next Kraftwerke erklärt das mit den besonderen Eigenschaften von Strom: „Anders als lagerfähige Ware muss Strom in dem Moment, wo er erzeugt wird, bereits verbraucht werden. Abgesehen von einigen, im Vergleich zu Stromerzeugung und Verbrauch sehr geringen Speicherkapazitäten, ist Strom im Stromnetz nicht lagerfähig.“ Erzeugung und Verbrauch müssen daher möglichst genau prognostiziert, Abweichungen von diesen Prognosen müssen dann mit Regelenergie ausgeglichen werden. Bei einer kurzfristigen, unerwarteten Überversorgung mit Strom rufen die Übertragungsnetzbetreiber daher negative Regelenergie ab: Stromerzeuger schalten ab, große Verbraucher fahren hoch, hierfür werden sie auf dem Regelenergiemarkt entschädigt.

Überangebot lässt Preis sinken

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Diese und andere Faktoren führen dazu, dass der Strompreis sich bei Überangeboten sehr schnell abwärts bewegt, sowohl in der Auktion am Day-Ahead-Markt als auch in der Intraday-Auktion und im kontinuierlichen Intradaymarkt. Eine Überproduktion von Strom kann also in kürzester Zeit zu negativen Strompreisen führen. Ein Überangebot an Strom entsteht immer dann, wenn mehr Strom erzeugt wird, als verbraucht werden kann. Logisch wäre es also, sofort die Erzeugung zu drosseln, in extremen Fällen ganz zu stoppen oder große Stromverbraucher zu aktivieren. "Leider können die Übertragungsnetzbetreiber in dem komplexen Stromsystem Stromerzeuger nicht einfach drosseln oder abstellen. Vielmehr müssen viele Abschalt- oder Drosselungsbefehle wohlkoordiniert an kleine und große Erzeugungsanlagen gesendet werden", erklärt der Strommarktexperte.

Diese werden zwar in Sekundenschnelle übertragen – aber die Erzeugungsanlage muss auch Zeit zum Reagieren haben. Im Falle eines Großkraftwerks in Volllast kann dieser Bremsweg einige Viertelstunden lang sein, Windkraftwerke müssen ihre Flügel in Segelstellung bringen und aufhören zu rotieren, Schwungmassen in BHKW und Turbinen auslaufen. Hinzu kommen noch Anforderungen aus den Eigenarten der Netze: Unter- und Überversorgungen treten nie gleichmäßig im ganzen Stromnetz auf, radikale Abschaltungen regionaler Netzteile verbieten sich aufgrund der Versorgungssicherheit. "Negative Strompreise sind also kein Ausdruck von Marktversagen, sondern im Gegenteil Ausdruck eines funktionierenden Stromsystems: Sie sind zwar für die Anlagenbetreiber ärgerlich – für das System als Ganzes jedoch normal", sagt Päffgen.

Denn der Preis sei, nüchtern betrachtet, lediglich das Signal für das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und müsse keine hektischen Aktionen nach sich ziehen: In einem funktionierenden Markt entscheidet sich der Stromerzeuger bewusst, ob er für einen negativen Preis X produzieren möchte oder eben nicht. „Bemerkenswert sind negative Strompreise jedoch, wenn sie zu ungewöhnlichen Zeiten und in ungewöhnlichen Situationen auftreten – womit wir im Jahr 2020 mit einem hohen Angebot und niedriger Nachfrage durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind“, sagt er.

Besondere Situation im Frühjahr 2020

Im Frühjahr 2020 haben Deutschland und fast die gesamte Welt eine historisch nie dagewesene, wirtschaftliche und gesellschaftliche Vollbremsung hingelegt. Die Stromerzeugungsanlagen hingegen, zumindest im Bereich der erneuerbaren Energien seit Jahrzehnten weitgehend automatisiert oder sogar autonom agierend, produzierten weiter Strom und reagierten auf diesen historisch nie dagewesenen Verbrauchsrückgang. Um die Versorgungssicherheit zu erhalten, wurde kontrolliert heruntergefahren und maßvoll abgeschaltet. Doch auch diese systembedingten Verzögerungen erklären noch nicht vollumfänglich die negativen Strompreise im April 2020.

Denn speziell für die erneuerbaren Energien war die Zeit um die Ostertage außerordentlich ertragreich: Sehr sonnig, sehr windig. Absolut ungewöhnlich viel Strom aus Wind und Sonne drückten also im ansonsten sprichwörtlichen meteorologisch unberechenbaren April viele zusätzliche Megawatt an Strom in den nachfrageschwachen Markt. „Bis auf negative Strompreise hat die Coronakrise aber keine wirklich negativen Auswirkungen auf den Strommarkt oder das Stromsystem als Ganzes gezeigt – es hat sich, zumindest gegen die Folgen einer globalen Pandemie, bisher als widerstandsfähig erwiesen. Dies liegt nicht zuletzt an den außergewöhnlichen Anstrengungen der Übertragungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit“, resümiert Päffgen.

Die genaue Analyse mit Grafiken, die die Entwicklung verdeutlichen, finden Sie hier.

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